«Kein Autoverbot» – neue Initiative fordert Verkehrswende
Die am Mittwoch lancierte Verkehrswende-Initiative will das Stadtgebiet möglichst autofrei gestalten. Hinter der Initiative steht ein Komitee aus Lokalpolitiker:innen, Gewerbevertreter:innen, Velo- und Klima-Aktivist:innen und Kulturschaffenden.
Schon am 1. Mai soll es losgehen mit der Stimmensammlung für die Verkehrswende-Initiative. Diese setzt sich zum Ziel, Lebensqualität und Sicherheit in der Stadt zu erhöhen und den städtischen Verkehr zu entwirren. «Bei der Initiative handelt es sich um eine allgemeine Anregung. Die Stadt Zürich soll das Ziel, möglichst grossflächig autofrei zu werden, verankern und aktiv verfolgen», erklärt Sonja Roth, Velo-Aktivistin und Mitglied des Initiativkomitees.
Von den Forderungen des Komitees ausgeschlossen bleibt der «nicht vermeidbare Verkehr». So sollen das Gewerbe, der ÖV, die Blaulichtorganisationen, Nachtarbeiter:innen und Menschen mit Mobilitätseinschränkung weiterhin auf Motorfahrzeuge setzen können.
«Es geht nicht um ein Autoverbot»
Nach dem letztjährigen Nein an der Urne zum nationalen Autobahnausbau und dem Ja zur Stadtklima-Initiative sei es das Ziel des Komitees, «einen Schritt weiterzugehen, die Verkehrswende anzustossen und anzufangen, Mobilität in der Stadt anders zu denken.» Dabei betont Roth, dass die Initiative nicht von einer Partei, sondern von einem «bunt zusammengewürfelten Verkehrskomitee» ins Leben gerufen wurde.
So sind neben politischen Vertreter:innen aus dem links-grünen Lager auch Vertreter:innen des Gewerbes und Velo-Aktivist:innen dabei, ebenso wie der Verkehrswissenschaftler Thomas Hug und stadtbekannte Gesichter wie Rapperin Big Zis und Polit-Influencer Flavien Gousset. «Wir alle haben die Vision einer lebenswerten und sicheren Stadt ohne viel Lärm, in der Menschen langfristig gesund leben können», fasst Roth zusammen.
Ziel des Komitees sei es gewesen, umsetzbare Forderungen zu stellen und einen grossen Teil der Stadtbevölkerung anzusprechen: «Die Stadt soll den Auftrag bekommen, zu prüfen, wo es überhaupt möglich ist, autofreie Zonen einzurichten. Dabei geht es nicht um ein Autoverbot, sondern um die Frage, wo es die Autos gar nicht zwingend braucht.»
Insbesondere Plätze und Quartierstrassen, in denen es täglich zu Ausweichverkehr kommt, liessen sich viel besser nutzen. «Auch kleine Geschäfte und die Gastronomie profitieren, wenn Orte geschaffen werden, an denen der Lärm abnimmt und es Platz für Fussgänger:innen und zum Verweilen gibt», argumentiert Roth.
Gewerbevertreter:innen stützen die Initiative
Einer der Gewerbevertreter:innen im Komitee ist Roland Rüegsegger vom Getränkelieferanten Intercomestibles. Für ihn ist klar: «Es braucht Reduktion und Entflechtung.» Der grosse Mix an Verkehrsteilnehmenden auf engem Raum berge ein hohes Gefahrenpotential für ihr Gewerbe und mache den Job für ihre Fahrer:innen schwer. Deshalb sei es massgeblich, unnötigen Verkehr zu reduzieren – «und das ist aus unserer Sicht vor allem der motorisierte Individualverkehr».
Zugleich betont Rüegsegger, auch das Gewerbe müsse seinen Teil beitragen und die eigene Mobilität überdenken. Bei Intercomestibles sei man dabei, vermehrt Elektroautos einzusetzen, auch der Einsatz von Lasten-Velos würde diskutiert. Politisch gehe es bei der Initiative darum, Druck zu machen und zu sagen: «Wir wollen eine lebenswerte Stadt, in der die Versorgung gewährleistet ist.» Daher versteht Rüegsegger den Vorstoss als «Lebensqualitätsinitiative».
Am 28. April um 17 Uhr wird die Initiative am – autofreien – Röntgenplatz offiziell lanciert. Das Komitee wird die Initiative vorstellen und Anliegen aus der Bevölkerung und dem Gewerbe aufnehmen. Ausserdem werden verschiedene Redner:innen auftreten. Am 1. Mai beginnt die Unterschriftensammlung. «Wir sind zuversichtlich, dass wir die Unterschriften schnell zusammen haben, da wir die Bedürfnisse eines grossen Teils der Bevölkerung abdecken», so Roth.
Noch im Jahr 2020 war die von der Juso lancierte Initiative «Züri autofrei» am Bundesgericht gescheitert. Dieses hatte die Initiative aufgrund formeller Fragen für ungültig erklärt.
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Bachelorstudium in Germanistik und Philosophie an der Universität Zürich, Master in Kulturanalyse und Deutscher Literatur. Während des Masters Einstieg als Redaktionsmitglied in der Zürcher Studierendenzeitung mit Schwerpunkt auf kulturellen und kulturkritischen Themen. Nebenbei literaturkritische Schreiberfahrungen beim Schweizer Buchjahr. Nach dem Master Redaktor am Newsdesk von 20Minuten. Nach zweijährigem Ausflug nun als Redaktor zurück bei Tsüri.ch