Gemeinderat schränkt Laubbläser Gebrauch massiv ein

Gestern schob der Gemeinderat Laubbläsern einen Riegel vor, gab beim Brunaupark klein bei und machte der FDP einen Strich durch die Rechnung.

Laubbläser
Wurde im Parlament emotional besprochen: Der Laubbläser. (Bild: Unsplash)

Der Ton im Ratssaal hat manchmal etwas Oberlehrerhaftes.

Beispielsweise, als der Parlaments-Präsident Guy Krayenbühl (GLP) gestern die Anwesenden darüber informierte, dass die Sitzung am 12. März früher enden wird (an diesem Tag findet nämlich eine Kommissionsreise statt, für die die Mitglieder offenbar bereits ihre Billette gebucht haben. Aber item).

Diese Anpassung sei aber «wirklich im Sinne einer Ausnahme», betonte Krayenbühl. Die Anwesenden «seien daran erinnert, dass die kommunizierten Sitzungszeiten gelten» und man eigentlich nicht mehr gewillt sei, von diesen abzuweichen.

Eben diese Tonlage kann aber auch angriffig bis gehässig werden. Dazu kam es gestern bei einem vermeintlich banalen Thema.

FDP darf nicht im alten Rathaus feiern

Die FDP hatte vorgeschlagen, die konstituierende Sitzung, bei der Christian Huser (FDP) als neuer Ratspräsident gewählt wird, statt im provisorischen Rathaus Hard, im Rathaus am Limmatquai abzuhalten.

«Manche benehmen sich so, als würde der Staat weiterhin den Liberalen gehören.»

David Garcia Nuñez (AL)

Die AL war damit aber nicht einverstanden. Die FDP sehne sich offensichtlich nach Räumlichkeiten, in denen sie «während Jahrhunderten ungestört ihre Macht über Zürich ausüben konnte», sagte David Garcia Nuñez (AL) und präsentierte einen Ablehnungsantrag.

Der temporäre Umzug würde hohe Kosten und viel Aufwand verursachen. Das Angebot der FDP, die Veranstaltung selbst zu bezahlen, sei ein von Privaten finanzierter Staatsakt und damit ein «gefährlicher Präzedenzfall für die Demokratie», sagte Garcia Nuñez. «Manche benehmen sich so, als würde der Staat weiterhin den Liberalen gehören.»

«Was für ein bünzliger Antrag und was für ein bünzliges Votum.»

Michael Schmid, FDP

Postwendend folgte die Antwort von der Gegenseite. «Was für ein bünzliger Antrag und was für ein bünzliges Votum», sagte Michael Schmid (FDP). Die Geschäftsleitung habe absolut in ihrer Kompetenz gehandelt, als sie die betreffende Sitzung an die Limmat verlege, sagte Schmid. «Und wenn wir sagen, dass wir die Kosten übernehmen, dann passt das euch auch nicht.»

«Das ist ein staatspolitischer Akt, den kauft man nicht!»

Marcel Tobler, SP

Es folgte ein Ausruf der SP. Marcel Tobler sagte: «Das ist ein staatspolitischer Akt, den kauft man nicht!». Die SVP sprang ihrerseits für ihre Sitznachbar:innen in die Bresche und Bernhard im Oberdorf beanstandete – wenn auch selbst in genervtem Ton – «die Polemik von Links».

«Wir reden seit 20 Minuten über uns selbst.»

Christian Traber, Mitte

Irgendwann dann, endlich! sprach Christan Traber (Mitte) als Stimme der Besonnenheit: «Wir reden seit 20 Minuten über uns selbst.» Traber folgte nicht der Argumentation der AL, unterstützte aber den Ablehnungsantrag. Er wolle verhindern, dass am neuen Ort plötzlich ein technisches Malheur passiere. Darum solle man doch im Rathaus Hard bleiben, wo man wisse, wie es läuft, damit auch die Feier rechtzeitig beginnen könne.

Nach der halbstündigen Diskussion blieb für die Beobachter:innen unklar, ob inhaltliche Argumente oder eher der Stimmzwang die einzelnen Ratsmitglieder überzeugte. Mit 62 Ja- zu 56 Nein-Stimmen gewann dann auf jeden Fall der Beschlussantrag der AL mit Stimmen von Mitte/EVP bis zur SP, und Christian Huser wird nun im Rathaus Hard vereidigt.

Laubbläser scheitern an linksgrüner Mehrheit

These: Je alltäglicher ein Gegenstand, desto grösser die Emotionen, die er in politischen Debatten hervorrufen kann. Beispiel: Parkplatz, Entsorgungscoupons, Mauern und Laubbläser.

Letzterer geriet am Mittwochabend ins Zentrum alter politischen Grabenkämpfe – und verlor gegen die Mehrheit aus SP, Grüne und AL. So wurde gestern beschlossen, dass in der Stadt Zürich Laubbläser nur noch von Oktober bis Dezember eingesetzt werden dürfen und nur noch, wenn es sich um elektronische Geräte handelt.

Die vorberatende Kommission verschärfte damit die Vorlage des Stadtrats, der die benzin-betriebene Variante weiterhin geduldet hätte.

Michael Schmid (AL) erklärte, der übermässige Gebrauch von Laubbläsern sei mitverantwortlich für das Schwinden der Artenvielfalt. Indem «Bakterien, Feinstaub, Viren, Wurmeier aufgewirbelt und verteilt werden», werde der Lebensraum von kleinen Bodenlebewesen zerstört. Für Severin Meier (SP) dient ein Verbot der Laubbläser dazu, die Bevölkerung vor unnötigem Lärm zu schützen.

«Wollen sie elektrische Heckenscheren verbieten? Oder Staubsauger, weil die auch Lebewesen einsaugen?»

Martina Zürcher, FDP

Für Martina Zürcher (FDP) war diese Diskussion ein «Paradebeispiel für die links-grüne Verbotskultur». Die Gemeinderätin sagte, sie sei in den vergangenen Tagen in der Stadt von Gärtner:innen angesprochen worden, die zwar links-grün wählen und sich aber über das geplante Verbot ärgern würden. Für diverse Berufsgruppen würde ein Verbot von Laubbläsern deutlich mehr Arbeitsstunden bedeuten. Sie frage sich, was Rot-Grün als nächstes vorhabe: «Wollen sie elektrische Heckenscheren verbieten? Oder Staubsauger, weil die auch Lebewesen einsaugen?»

Sandra Gallizzi (EVP) wies noch vergeblich darauf hin, dass sich Bäume nicht an ein von der Politik vorgegebenes Zeitfenster halten, wann sie ihre Blätter abwerfen. Die Vorlage mit dem Änderungsantrag erreichte das absolute Mehr mit 61 Stimmen. Und wer jetzt in Erinnerungen schwelgen möchte, findet hier ein Video eines Laubbläsers.

Weitere Themen der Woche:

  • Brunaupark. Credit Suisse 1, Gemeinderat 0: Der Gemeinderat hat einstimmig beschlossen, auf eine Beschwerde beim Bundesgericht zum «Brunaupark/Uetlihof» zu verzichten. Das Parlament hatte für das Gebiet eine Gestaltungsplanpflicht festgesetzt, wogegen die Eigentümerin des Brunauparks, die Credit Suisse Pensionskasse, rekurrierte. Nach zwei Urteilen der Vorinstanzen habe eine Beschwerde kaum Chancen auf Erfolg, sagte die Geschäftsleitung des Gemeinderats nun.
  • Ahoi neuer Enge Hafen: Ebenfalls einstimmig sprach das Parlament gestern einen einmaligen Beitrag von 12,2 Millionen Franken für die Neugestaltung der Hafenpromenade Enge. Stadträtin Simone Brander (Grüne) sagte: «Der Hafen Enge soll ein Parkplatz für Boote sein, aber nicht mehr für Autos.» Ende 2025 soll die Ausschreibung für die Umgestaltung folgen. Mit dem fertigen Hafen rechnet die Stadt im Frühling 2029.
  • Stadt tauscht Strassen mit Genossenschaft: Parzellentausch, ein langweiliger Name für einen witzigen Vorgang. Die Stadt wird dank der Mehrheit der Ratsstimmen nun zwei Strassen mit der Familienheim-Genossenschaft Zürich (FGZ) tauschen. Die FGZ plant am Friesenberg eine Überbauung und tauscht nun mit der Stadt zwei Strassen, um das Areal bestmöglich zu nutzen. Die Stadt verzichtet auf zusätzliche Einnahmen.
  • SVP scheitert mit Vorstössen zur Kriminalität: Alle drei Vorstösse der SVP im Sicherheitsdepartement (SID), zweimal zur Jugendkriminalität und einmal eine Interpellation zu Gewaltdelikten im Zusammenhang mit Nationalitäten, wurden abgelehnt.
2023-05-02 Nina Graf Portrait-13

Nina musste als Kind mit ihrer Familie zu oft umziehen und wahrscheinlich ist das der Grund, warum sie sich dem Lokaljournalismus verschrieben hat. Sie schrieb als freie Journalistin für die Zürichsee Zeitung, Bajour und jetzt für Tsüri.ch. Nina studierte Geschichte, Literatur- und Medienwissenschaft an den Universitäten in Fribourg und Basel und verbrachte kurze Zeit in der Medienforschung, wo sie unter anderem auch wieder Lokaljournalismus untersuchte. Seit 2021 ist Nina Mitglied der Geschäftsleitung bei We.Publish.

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