Traditionsbäckerei Oski Kuhn steht wegen Baustelle kurz vor dem Aus

Ein Abschnitt der Badenerstrasse ist seit Anfang Mai wegen Sanierungsarbeiten an den Tramgleisen gesperrt. Die O. Kuhn Bäckerei steht darum kurz vor dem Aus, da die Laufkundschaft ausfällt. Bäcker Fatmir Guci raubt die prekäre Lage seiner Bäckerei den Schlaf.

Fatmir Guci hat die Bäckerei 2009 von Oskar Kuhn übernommen. (Quelle: Anna Pfister)

Fatmir Guci steht mit gerunzelter Stirn in der Eingangstür seiner Bäckerei und beobachtet den Bagger, der gerade einen Haufen Kies in ein Loch schüttet. Der 58-Jährige führt seit 2009 die älteste Bäckerei im Kreis 4. Wegen Bauarbeiten, die ihm die Laufkundschaft wegnimmt, droht ihr nun das Aus. Der Bäcker empfängt seine Kundschaft freundlich, doch seine bedrückte Stimmung ist deutlich spürbar.

Der Umbau an der Badenerstrasse und dass kein Tram mehr an der Zypressenstrasse hält, besorgt ihn stark. Die Laufkundschaft fehle, da kaum noch jemand die Badenerstrasse passiere. Die ansonsten gut befahrene Strasse ist auch an diesen Nachmittag im Juli menschenleer. Bagger bewegen sich direkt vor der Eingangstüre der Bäckerei, die Bauarbeiten sind in vollem Gange.

Sinkender Umsatz und offene Rechnungen

«Seit Anfang Mai ist unser Umsatz um 50 Prozent gesunken», sagt Guci. Dies beschäftige ihn Tag und Nacht. Die Bäckerei hat laut eigenen Angaben, zahlreiche offene Rechnungen und bereits Mitarbeitende entlassen müssen. Sich selbst konnte Guci seit Mai keinen Lohn mehr auszahlen. Die Zukunft seiner Bäckerei sehe alles andere als rosig aus. Der Umbau der Strasse geht noch bis 2025. «Wenn sich die Situation nicht ändert, werden wir die Bäckerei in den kommenden Monaten schliessen müssen», sagt Guci.

Doch die Erneuerung an der Badenerstrasse sind nötig, wie es im Projektbeschrieb der Stadt Zürich heisst. Die Tramgleise sowie die Kanalisations- und Werkleitungen seien alt und sanierungsbedürftig. Zusätzlich wird die Tramhaltestelle Zypressenstrasse hindernisfrei ausgebaut. Der Asphalt der Badenerstrasse zwischen dem Albisriederplatz und der Sihlfeldstrasse wird neu mit lärmarmen Belag ersetzt. Für die Sicherheit der Velofahrer:innen gibt es Velostreifen und es werden 19 neue Bäume gepflanzt.

Die Bauarbeiten an der Badenerstrasse gehen von Anfang Mai 2024 bis Juli 2025. (Quelle: Anna Pfister)

Letzte Hoffnung für die Oski Bäckerei

Die Baustelle an der Badenerstrasse wird bis Juli 2025 dauern. Guci bezweifelt, dass er die Bäckerei unter diesen Umständen bis zum nächsten Jahr über Wasser halten kann. Da sich die Situation der Badenerstrasse nicht so schnell ändern wird, hat der Bäcker eine Idee. Er plant, die Bäckerei auf Ende August in ein kleines Café umzugestalten. Dadurch hofft er auf mehr Kundschaft und so wieder mehr Umsatz, was ihn vor dem Bankrott bewahren würde. «Das ist meine letzte Idee und letzte Hoffnung für die Oski Bäckerei», sagt Guci.

Denn das Quartier dürfe die Bäckerei als Traditionsgeschäft nicht verlieren: Oskar Kuhn, ehemaliger Besitzer der Bäckerei, hat Guci die Bäckerei im Juni 2009 übergeben. Kuhns Vater hatte die Bäckerei 1934 gegründet und aufgebaut. Die O. Kuhn Bäckerei ist somit die älteste Bäckerei im Kreis 4.

Fatmir Guci beginnt oft um halb zwei Uhr morgens mit dem Backen, das frühe Aufstehen mache ihm nichts. (Quelle: Anna Pfister)

Gemeinsam mit seiner Frau Violeta bereitet Fatmir Guci Brote und Süssgebäcke in der eigenen Backstube vor. Sie verwenden keine künstlichen Inhaltsstoffe und verkaufen die Backwaren für angemessene Preise. «Bei uns bekommt man Sauerteigbrote für 4.40 Franken, das ist in Zürich eine Seltenheit», sagt Guci. 

Artmenis Guci, Sohn des Bäckers, kommt im Verlauf des Gesprächs dazu. Ihn beschäftigt die Situation ebenfalls und er unterstützte das Familiengeschäft, wo er nur kann. Auch begrüsst er die Idee seines Vaters, das Geschäft um ein Café zu erweitern. 

Wird es die älteste Bäckerei im Kreis 4 bald nicht mehr geben, oder wird das neue Café Ende August ihre Situation verbessern? Guci setzt darauf und hält an seinem letzten Plan, die O. Kuhn Bäckerei damit zu retten, fest.

Artmenis Guci unterstützt seinen Vater so gut er nur kann. (Quelle: Anna Pfister)
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