Zwischenbilanz «Züri Can»

Cannabis-Studie in Zürich will künftig Frauen stärker einbeziehen

Zwei Jahre legales Gras – und Zürich zieht eine positive Bilanz: sicherer Konsum, weniger Schwarzmarkt, aber noch zu wenige Frauen. Das Pilotprojekt «Züri Can» soll nun bis 2028 verlängert und gezielt weiblicher werden.

Trimmen von Cannabisblüten
Die Studienteilnehmenden schätzten Qualität und Auswahl der Produkte sowie die Beratung, sagte Projektleiterin Barbara Burri. Vereinzelt sorgten jedoch Lieferengpässe nach schwachen Ernten für Herausforderungen. (Bild: Nathanael / SwissExtract AG)

«Cannabis ist ungesund, aber eine Realität», sagte Gesundheitsvorsteher Andreas Hauri, am Montag vor den Medien und machte damit deutlich, warum Zürich auf Regulierung statt auf Verbote setzt.

Deshalb startete Zürich vor zwei Jahren das Pilotprojekt «Züri Can – Cannabis mit Verantwortung». Seither dürfen die 2360 registrierten Teilnehmenden in der Stadt legal Cannabis kaufen.

Seit Beginn haben die Zürcher Kiffer:innen rund 88’000 Verkäufe getätigt – insgesamt etwa 750 Kilogramm Cannabis. «Dem illegalen Markt wurde damit ein geschätzter Wert von 7,5 Millionen Franken entzogen», sagte Hauri. Um die Studie bis Oktober 2028 weiterführen zu können, beantragt der Stadtrat beim Gemeinderat zusätzliche 800’000 Franken.

Studienteilnehmende greifen vermehrt zu schwächerem Cannabis 

Das Cannabis stammt aus biologischem Anbau in den Kantonen  Aargau und Freiburg und wird regelmässig im Labor geprüft. «So vermeiden wir Verunreinigungen und fördern einen risikoarmen Konsum», sagte Projektleiterin Barbara Burri. Insgesamt stehen 13 Cannabissorten und 3 Hasch-Produkte zur Auswahl. Viele Teilnehmende greifen laut Burri inzwischen zu Sorten mit geringerem THC‑Gehalt – ein Zeichen bewussteren Konsums.

Erhältlich sind die Produkte in 20 bewilligten Verkaufsstellen: im Drogeninformationszentrum (DIZ), in zehn Apotheken und neun Social Clubs. Letztere sind als Vereine organisiert, wirtschaftlich selbsttragend und in Zürich einmalig. «Hier konsumieren die Menschen in einem kontrollierten Rahmen – fern des Schwarzmarktes», sagte Hauri.

Studie soll gezielt mehr Frauen einbeziehen

Die Teilnehmenden der Studie sind überwiegend männlich: Nur rund jede fünfte Person ist weiblich, nicht-binäre Personen sind kaum vertreten. Die Studienleitung plant daher, künftig gezielt mehr Frauen einzubeziehen. «Wir wollen untersuchen, wie Geschlecht und Konsummuster zusammenhängen», sagte Burri. Dazu hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) im Sommer 2025 bewilligt, die Anzahl der Teilnehmenden auf 3000 zu erhöhen. 

Die Studie wird wissenschaftlich von der Psychiatrischen Universitätsklinik (PUK) begleitet. Laut Carlos Nordt, wissenschaftlicher Mitarbeiter der PUK, sind Männer beim Drogenkonsum traditionell überrepräsentiert. Doch dieser Unterschied nehme ab. 

«Entgegen vieler Befürchtungen ist der Konsum bislang stabil geblieben», sagt Nordt weiter. Rund 22 Prozent der Teilnehmenden zeige eine Cannabisgebrauchsstörung, die Mehrheit konsumiere jedoch unproblematisch. Michael Herdener, PUK-Chefarzt und Leiter Zentrum für Abhängigkeitserkrankungen, erklärte: «Wir sehen keine Zunahme des Konsums, aber ein wachsendes Interesse an Beratung.»

Politik wartet auf Bern

Mit der Verlängerung der Studie bis 2028 gewinnt Zürich Planungssicherheit, während die nationale Gesetzgebung noch aussteht. Der Entwurf für das Bundesgesetz über Cannabisprodukte befindet sich seit August 2025 in der Vernehmlassung. Dieses sieht eine kontrollierte Legalisierung von Cannabis in der Schweiz vor. Ein Entscheid im Parlament wird 2027 erwartet. «Bis ein neues Gesetz gilt, brauchen wir verlässliche Übergangsregeln», sagte Hauri. «Die Verkaufsstellen müssen weiterarbeiten können – sonst droht eine Rückkehr zum Schwarzmarkt.»

Züri Can ist eines von sieben Pilotprojekten in der Schweiz. In Zürich konsumieren schätzungsweise 13’000 Menschen regelmässig, schweizweit rund 220’000. Wie die Schweizerische Gesundheitsbefragung zeigt, nahm der Cannabiskonsum zwischen 2012 und 2017 zu, stagnierte danach aber. Mit dem Projekt soll Zürich künftig Referenz werden. «Züri Can zeigt, dass Regulierung funktioniert», sagte Hauri. «Jetzt liegt es an Bern.»

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jenny

Bachelorstudium der Psychologie an der Universität Zürich und Masterstudium in politischer Kommunikation an der Universität von Amsterdam. Einstieg in den Journalismus als Redaktionspraktikantin bei Tsüri.ch. Danach folgten Praktika bei der SRF Rundschau und dem Beobachter, anschliessend ein einjähriges Volontariat bei der Neuen Zürcher Zeitung. Nach einigen Monaten als freie Journalistin für den Beobachter und die «Zeitung» der Gessnerallee seit 2025 als Redaktorin zurück bei Tsüri.ch.

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