Gemeinderats-Briefing #77: Kein Verbot von Tempo 30

Eine Volksinitiative der SVP fordert ein Verbot von Tempo 30 auf den Hauptverkehrsachsen. Davon will der links-grün dominierte Gemeinderat nichts wissen, entscheiden wird das Stimmvolk.

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(Bild: Zana Selimi)

Auf Hauptverkehrsachsen soll Tempo 30 verboten werden. Dies fordert eine Volksinitiative der SVP, weil damit der öffentliche Verkehr eingeschränkt und teurer würde. Zudem, so die Initiant:innen, würde die flächendeckende Einführung von Tempo 30 auf den Quartierstrassen zu mehr Durchgangsverkehr und damit zu mehr Lärm führen. Deshalb soll auf den Hauptverkehrsachsen Tempo 50 fest verankert werden.

Mit der Volksinitiative stellt sich die SVP gegen die städtische Strategie, bis im Jahr 2030 auf den allermeisten Strassen in Zürich auf 30 Kilometer pro Stunde zu reduzieren. «Das Volk soll mitbestimmen können, ob es das will», begründet Stephan Iten von der SVP die Initiative. Es sei sinnlos, auf stark befahrenen Einfall- und Ausfallachsen wie der Rosengarten- oder der Bellerivestrasse das Tempo zu reduzieren. 

Die Vertreter:innen von Grünen, AL, GLP und SP lehnten die Initiative aus zwei Gründen ab: Wenn die Autos langsamer fahren, wird der Lärm reduziert und die Sicherheit erhöht. Deshalb seien auch die Mehrkosten für den öffentlichen Verkehr vertretbar. Berechnungen der Stadt Zürich gehen davon aus, dass bei der Temporeduktion einmalig Kosten von 70 Millionen und danach jährlich von 20 Millionen Franken fällig werden. Dies, um das aktuelle Angebot aufrechterhalten zu können. 

Die zuständige Stadträtin Karin Rykart kritisiert die Bemühungen, die Temporeduktion pauschal verbieten zu wollen. Dass auf kantonaler und nationaler Ebene dagegen gekämpft wird, «richtet sich direkt gegen Städte wie Zürich und untergräbt die Gemeindeautonomie».

Im links-grün dominierten Stadtparlament hatte die Initiative keine Chance. Es beschliesst nach langer und hitziger Debatte die Nein-Parole gegen die Stimmen der Bürgerlichen. 

Kein späterer Schulbeginn

Jugendliche sind müde – am frühen Morgen und am späteren Nachmittag. Eine Einzelinitiative hat gefordert, dass die Sekundarschule jeweils etwas später beginnt, damit sich die Schüler:innen im Unterricht besser konzentrieren können. Die Debatte im Gemeinderat hatte seine Längen, verlor sich teilweise in Details, und lässt sich in den Worten von Stadtrat Filippo Leutenegger so zusammenfassen: «Die Schule ist ein komplexes Gebilde», wenn flächendeckend ein späterer Schulbeginn beschlossen würde, drohe das ganze System auseinanderzufallen. Das Problem: Wenn die Schule erst um 8 Uhr, statt beispielsweise bereits um 07.40 Uhr beginnt, würde sich der Schulschluss am Nachmittag nach hinten verschieben. Oder man müsste die Mittagspause verkürzen. Doch beides kommt für den Gemeinderat nicht infrage. Die Einzelinitiative wurde darum versenkt. Stattdessen unterstützte das Parlament vorläufig eine parlamentarische Initiative, welche den Schulen für die Umsetzung des späteren Schulbeginns 40 Jahre Zeit gibt, nachdem eine Schule die Tagesschule eingeführt hat. Dieses Geschäft wird dann nochmals in den Rat kommen. Wir werden ausführlich darüber berichten.

Weitere Themen

  • Für rund 20 Millionen Franken kauft die Stadt Zürich der Energie360° AG die thermischen Netze ab. Der Gemeinderat stimmte einer Vorlage des Stadtrates zu. Damit kommen die Fernwärmeleitungen in städtischen Besitz und die Gasnetze werden schrittweise stillgelegt. Die Stadt Zürich bleibt Hauptaktionärin der Energie360°, sucht aber nach Partnerschaften im Aktionariat.   
  • Die Bekämpfung von linksextremer Gewalt soll zum Legislaturschwerpunkt erklärt werden. Dies fordern Samuel Balsiger und Stephan Iten von der SVP in einem Postulat. Im Jahr 2023 habe es eine Serie von linksextremer Gewalt gegeben, weshalb diese in Zusammenarbeit mit allen Sicherheitsbehörden bekämpft werden soll. Die Mehrheit des Gemeinderats folgte der Argumentation von Stadträtin Karin Rykart: «Wir sind auch ohne Legislatur nicht untätig bei der Bekämpfung von Extremismus.» Der Stadtrat setze alles daran, dass sich alle Menschen sicher fühlen können. Der Vorstoss wurde abgelehnt. 
Simon Jacoby

An der Universität Zürich hat Simon Politikwissenschaften und Publizistik studiert. Nach einem Praktikum bei Watson machte er sich selbstständig und hat zusammen mit einer Gruppe von motivierten Journalist:innen 2015 Tsüri.ch gegründet und vorangetrieben. Seit 2023 teilt er die Geschäftsleitung mit Elio und Lara. Sein Engagement für die Branche geht über die Stadtgrenze hinaus: Er ist Gründungsmitglied und Co-Präsident des Verbands Medien mit Zukunft und macht sich dort für die Zukunft dieser Branche stark. Zudem ist er Vize-Präsident des Gönnervereins für den Presserat und Jury-Mitglied des Zürcher Journalistenpreises. 2024 wurde er zum Lokaljournalist des Jahres gewählt.

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