Wohnungsnot in Zürich

«Reclaim Wiedikon»: Mitglieder der AL kämpfen gegen Business-Apartments

In Wiedikon haben sich Mitglieder der Alternativen Liste zusammengetan, um gegen Business-Apartments vorzugehen. Quartierbewohner:innen können sich auf Spaziergängen austauschen und mehr über die Entwicklungen erfahren.

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Business-Apartments sind oft nicht als solche gekennzeichnet, aber die gleich ausgestatteten Balkone sind ein Hinweis darauf. (Bild: Mark Hourgaard Jensen, CC BY-SA 2)

Wiedikon hat sich vom ehemaligen Arbeiterquartier zu einem der beliebtesten Viertel Zürichs entwickelt. Doch die Aufwertung hat auch ihre Schattenseiten: Die Kurzzeitvermietung ist im Quartier stark gewachsen, wodurch Wohnraum verloren geht. 

Laut Daten des Projekts Inside Airbnb sind derzeit allein auf Airbnb 294 Wohnungen aus dem Kreis 3 gelistet.

Um diese Entwicklung einzudämmen, hat der Gemeinderat vor vier Jahren beschlossen, dass diese Form der Vermietungen in Wohngebieten verboten werden soll. Weil die Apartmentfirmen jedoch mehrere Beschwerden eingereicht haben, ist der Entscheid nun vor dem Bundesgericht hängig. 

Weil es auf politischer Ebene nicht vorangeht, versucht die Alternative Liste (AL) in der Bevölkerung ein Bewusstsein zu schaffen. «Reclaim Wiedikon» heisst die Aktion, die von Parteimitgliedern und Quartierbewohner:innen ins Leben gerufen wurde.

«Business-Apartments entziehen kostengünstigen Wohnraum» 

Evelyne Zürcher ist Mitglied der AL-Quartiergruppe Kreis 3 sowie Mitorganisatorin des Projekts. Vielen Anwohner:innen falle auf, dass es in Wiedikon vermehrt kommerziell genutzte Apartments gibt. Doch oft fehle das Verständnis dafür, wie sich diese auf das Quartierleben auswirkten, so Zürcher. «Durch Business-Apartments wird dem Quartier Wohnraum entzogen, und zwar oftmals kostengünstiger Wohnraum», erklärt sie.

So habe die Gruppe bereits von mehreren Fällen erfahren, in denen Familien ihre Wohnungen verlassen mussten, die später in Business-Apartments umgebaut wurden.

Die wachsende Zahl an Business-Apartments hat laut Zürcher auch unmittelbare Auswirkungen auf das Zugehörigkeitsgefühl im Quartier. «Stadtzürcher:innen sind sehr mit ihren Quartieren verbunden – zumindest erlebe ich das so», sagt sie. Doch dort, wo Menschen nur kurz ein- und ausziehen, gehe dieses Gefühl zunehmend verloren: «Die Mieter:innen der Business-Apartments sind nur für eine begrenzte Zeit da, das gemeinsame Quartierleben, wie beispielsweise ein Engagement in einem lokalen Verein, hat für sie keine Priorität.»

Spaziergänge für den Informationsaustausch

Mit geführten Touren möchten Zürcher und andere AL-Mitglieder auf das Problem der Business-Apartments im Quartier aufmerksam machen. «Die Spaziergänge zeigen auf, wie viele Liegenschaften bereits als Business-Apartments genutzt werden und wie dringend politische Massnahmen nötig sind – gleichzeitig möchten wir die Möglichkeit bieten, sich zu vernetzen und Erfahrungen auszutauschen», sagt sie. Das erste Treffen findet diesen Samstag statt und ist kostenlos.

Noch fokussiert sich die Aktion ausschliesslich auf Wiedikon. Ob andere Quartiere eigene Aktionen starten, ist Zürcher zufolge noch unklar, «es besteht jedoch ein grosses Interesse». 

Wie kürzlich veröffentlichte Zahlen der Stadt zeigen, ist die Zahl der Business-Apartments besonders im Kreis 4 gestiegen. Von den insgesamt 1850 neuen Einheiten, die während der vergangenen fünf Jahre stadtweit hinzugekommen sind, befindet sich ein Fünftel in Aussersihl.

Bald wird das Stimmvolk darüber entscheiden können, wie künftig mit Kurzzeitvermietungen umgegangen werden soll. Denn SP, AL und Grüne haben im März dieses Jahres die Volksinitiative «Wohnraum schützen – Airbnb und Business-Apartments regulieren» zustande gebracht. Sie fordert, dass Wohnungen in der Stadt Zürich höchstens 90 Tage pro Jahr kurzfristig vermietet werden dürfen.

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Minea Pejakovic

Nach der Ausbildung zur Kauffrau EFZ beim Sozialdepartement der Stadt Zürich folgte die Berufsmaturität an der KV Zürich mit Schwerpunkt Wirtschaft. Anschliessend Bachelorabschluss in Kommunikation und Medien mit Vertiefung Journalismus an der ZHAW. Erste journalistische Erfahrungen als Praktikantin in der Redaktion von Tsüri.

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