Spunten Serie, Teil 1: Spaghetti-Bolo für 6 Stutz im Werkhof

Im Werkhof bekommst du die billigsten Spaghettis der Stadt. Wir haben für dich das Restaurant an der Brauerstrasse besucht. Teil eins unserer losen Spunten-Serie.

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Im Restaurant Werkhof an der Brauerstrasse scheint die Zeit stehengeblieben zu sein. Bilder: Elio Donauer und Emilio Masullo

Zürcher Restaurants – dazu gehört Hafermilch, ein veganes Menü und ein fancy Auftritt auf Social-Media. Doch es gibt auch Lokale, in denen die Zeit stehengeblieben ist. Lokale, in denen die Speisekarte noch mit Word-Art designt wurde, in der Ecke der Fernseher läuft und Oswald-Gewürz auf dem Tisch steht. In einer losen Serie besuchen wir die Spunten dieser Stadt.

Als erstes das Restaurant Werkhof an der Ecke Feld-/Brauerstrasse. Als wir davorstehen und das Logo des Lokals noch einmal genau anschauen, fragen wir uns plötzlich, ob dies vielleicht doch eine Kontaktbar ist. Kontaktbar hin und her, wir wollen die billigsten Spaghetti Bolognese der Stadt ausprobieren. Und dafür gibt es keine andere Wahl, als einfach einzutreten.

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1 Ei hart kostet 2 Franken.

Die günstigsten Spaghetti Bolognese der Stadt

An der Wand hängt ein Schild mit der Aufschrift: «Milch ist gesund». Wir wollen aber die Stange für 4.70 Franken. Der Champagner für 195 Franken pro Flasche ist uns dann doch ein bisschen zu teuer. Uns kreuzt eine Serviceangestellte mit einer Küchenschürze. Darauf steht B.B.Q.-Queen. Wir wollen aber keine grillierte Peking-Ente, sondern die Spaghetti Bolognese für 6 Franken!

Aber Achtung: Diese gibt es jeweils nur am Donnerstagabend zu diesem Tiefpreis! Früh kommen oder reservieren lohnt sich. Wir haben das zu spät gemerkt. Leider. Denn so hat es für uns nur noch im Fumoir Platz. Hier haben wir uns ein zweites Mal gefragt, ob wir uns dies tatsächlich antun wollen. Aber wer über die Spunten dieser Stadt schreiben möchte, kann nicht zimperlich sein. Also nehmen wir in der verqualmten Glasbox Platz.

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Wir wollten keine Peking-Ente!

Word-Art-Parade

Die vielen laminierten Blätter erinnern mich an die Wände in Schulzimmern. Nur wird hier nicht auf die Konjugation von unregelmässigen französischen Verben aufmerksam gemacht, sondern darauf, dass im Fumoir keine Stumpen, Zigarren und Pfeifen geraucht werden dürfen. Erlaubt sind nur Zigaretten. Beim Zeitungshalter eine weiteres laminiertes Blatt. Darauf die Information, dass diese wegen Corona nur mit Gummihandschuhen gelesen werden dürfen. Und dann noch etliche weitere Word-Art-Kunstwerke, die auf Irish Coffee oder das «fein-fein-Gulasch-Stroganoff» aufmerksam machen.

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Und wir wollten auch kein «fein-fein-Gulasch-Stroganoff»!

Und dann stehen sie plötzlich da. In einem – Achtung Trommelwirbel – Plastikteller! Der Aschenbecher wird durch einen Teller ersetzt, auf dem gefühlt ein Kilogramm Parmesan thront. Daneben ein Couponglas mit den Rechnungen aller bestellten Getränke und Speisen. Im Ecken läuft der Fernseher. Skispringen. Auch meine Augen springen von Ort zu Ort. Mit jedem Zentimeter Blickverschiebung entdecke ich im Werkhof etwas Neues: Weltwoche, thailändische Statue, Snack-Körbli und wieder zurück zum Spaghettiteller. Und dann der erste Biss.

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Bei diesem Blick fühlte ich mich ins Clubhäuschen des SC Obergeissenstein zurückversetzt.

Obwohl die Champignons mit grosser Wahrscheinlichkeit aus der Dose kommen und der Plastikteller nicht den geringsten Hauch von Gourmetstimmung ausstrahlt, müssen wir sagen, dass die Spaghettis ganz ok sind. So ok, wie die ersten Kochversuche einer neu gegründeten WG und nicht so schlimm wie Spaghetti-Wienerli.

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Hier noch ein Bild für alle, die Spaghetti-Wienerli nicht kennen.

Wir fühlen uns wie zwei fremde Fische im Aquarium. Denn wir passen überhaupt nicht zum restlichen Gäste-Interieur, das hier anzutreffen ist. Dank uns gibt es wohl einen neuen, tiefsten Altersdurchschnitt-Rekord im Werkhof. Beim Eintreten werden wir noch von allen Gästen begutachtet. Doch nach zwei Minuten gehören wir hier einfach dazu und es kümmert sich niemand mehr um uns. Als wir die erste Stange bestellen, ändert sich dies. Unsere Identitätskarten werden sehr genau analysiert. So fremd am Platz, dass wir als Alkoholtestkäufer durchgehen oder sehen wir einfach so jung aus?

Wir sind schon etliche Male am Werkhof vorbeigegangen, haben uns überlegt, wie es hier wohl ist. Jetzt wissen wir es. Und wir wollen noch mehr. Wir wollen öfters hinter die Türen von Lokalen dieser Stadt blicken, die wir nicht kennen. Wir wollen dir mit unserer losen Spunten-Serie ein Zürich zeigen, das wir oft nicht kennen. Das aber genau so zu Zürich gehört wie das Rüebli-Graffiti.

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Falls du einen Vorschlag hast, welches Lokal wir als nächstes besuchen sollen, kannst du ihn uns schreiben oder unter diesem Artikel in die Kommentare schreiben.

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