Dominique Späth (SP): «Der neue HB wird als grüne Oase verkauft»
Die Stadt Zürich veröffentlichte letzte Woche Pläne einer radikalen Umgestaltung des Hauptbahnhofs und sorgte dabei vor allem bei vielen Autofahrer:innen für Unmut. Auch die SP-Gemeinderätin Dominique Späth sieht den Ideen skeptisch entgegen – für sie sind sie nicht grün genug.
Durch den Rücktritt von Islam Alijaj kam Dominique Späth im November 2023 in den Gemeinderat. Dieser Schritt kam nicht wirklich überraschend, gefreut hat sie sich dennoch. «Im kommunalen Parlament gibt es häufig Wechsel, deshalb ging ich davon aus, irgendwann den Sprung in den Gemeinderat machen zu können», erklärt Späth.
Neben ihrem politischen Engagement unterrichtet die Co-Präsidentin der SP Kreis 9 Geschichte an der Kantonsschule Wohlen im Kanton Aargau.
Den Beruf nicht im selben Kanton ausüben, in dem man politisch aktiv ist, hat ihr zufolge einen entscheidenden Vorteil: «Politik, Privatleben und Beruf sind dadurch gut voneinander trennbar.» Überlappungen seien aber nicht unumgänglich.
Themen, die Späth privat beschäftigen, wie die Geschlechtergleichstellung und der Ausbau von Veloinfrastruktur, prägen auch ihre Politik.
In der vergangenen Woche hat die Stadt Zürich Umgestaltungspläne für den Hauptbahnhof vorgestellt. Demnach soll der Bahnhofplatz komplett autofrei werden. Auch Tram- und Buslinien sollen umgeleitet werden, um so mehr Platz für Bäume und Aufenthaltsbereiche in der Umgebung zu schaffen.
Als Velo-Enthusiastin fasste Späth die Pläne als sehr positiv auf. «So stell ich mir eigentlich die Zukunft einer Stadt vor – möglichst grün, entschleunigend und wenig Verbrennermotoren», sagt Späth. Dennoch könnte die Stadt noch mehr machen, wie die SP-Politikerin schnell anmerkt: «Der neue Hauptbahnhof wird als grüne Oase verkauft, wer aber richtig hinschaut, sieht, es ist gar nicht so grün.»
«Wir sind alle Teil der Politik.»
Dominique Späth
Verbindungen von Grünräumen fehlen laut ihr in der Stadt generell. Dafür will sie sich im Gemeinderat künftig stärker einsetzen.
So sieht Späth besonders in ihrem Wahl- und Heimatkreis hohes Potenzial für einen Ausbau von grünen Flächen. «In Altstetten, wo all diese Hochhäuser gebaut werden, könnte man entlang der Gleise mehr Grünraum oder vielleicht auch einen Veloweg schaffen», sagt sie.
Warum sind Sie Gemeinderätin geworden?
Grundsätzlich bin ich politisch engagiert, weil ich finde, wir sind alle Teil der Politik. Diese Verantwortung wollte ich schon früh mittragen und bin deshalb auch schon früh einer Partei beigetreten.
Ich wohne schon seit über zehn Jahren in Altstetten und habe daher gedacht, kommunalpolitisch kann man wahrscheinlich mehr bewegen als kantonal, im bürgerlich geprägten Kanton Zürich oder auf nationaler Ebene. Deshalb habe ich schlussendlich für den Gemeinderat kandidiert und konnte dann für Islam Alijaj nachrücken, als dieser den Sprung in den Nationalrat schaffte.
«Mein Vater hat mich geprägt – er war lange Zeit für die SP im Kantonsrat.»
Dominique Späth
Wofür kennt man Sie im Rat – auch ausserhalb der SP?
Am ehesten als Vertreterin des Kreis 9, da ich wirklich versuche, die Anliegen des Quartiers in den Rat einzubringen. Wir sind alle eigentlich Kreisvertreter:innen, das geht im Rat oft ein bisschen vergessen, weil alle ihre persönlichen Gärten bewirtschaften möchten.
In diesem Sinne ist beispielsweise der Veloplatz-Vorstoss zu verstehen, mit dem wir provisorische Veloabstellplätze während des Ausbaus der Personenunterführung am Bahnhof Altstetten gefordert haben. Das war ein Anliegen, das nur Leute aus und rund um Altstetten betrifft.
Welches Abstimmungsergebnis im Rat hat Sie am meisten gefreut?
Es ist zwar nicht zwingend ein Abstimmungsergebnis, sondern eher ein Anlass, aber als Mittelschullehrerin finde ich die Jugendkonferenz im Gemeinderat immer eine Freude. Da sieht man, dass junge Leute sich mit politischen Inhalten beschäftigen möchten und sich auch mit der Gestaltung ihrer Umwelt sowie Gesellschaft auseinandersetzen.
Ich hatte auch die Gelegenheit, eine Gruppe zu betreuen. Da konnte ich die Jugendlichen bei der Ausarbeitung eines Vorstosses unterstützen. Der Vorstoss forderte konkret, dass die Schulsozialarbeit ausgebaut wird mit Fokus auf die Sekundarstufe.
In dieser Stufe geht es für einen Grossteil der Schüler:innen um die Berufswahl, weshalb häufig viel Unterstützung seitens der Schulsozialarbeit in Anspruch genommen wird. Schulsozialarbeit und die Schulpsychologischen Dienste sind immer unterdotiert. Es hat mich dann natürlich riesig gefreut, als das Postulat an den Stadtrat überwiesen wurde.
Mit welcher Gemeinderätin oder welchem Gemeinderat der politischen Gegenseite würden Sie gerne ein Getränk nach Wahl trinken?
Die AL gehört nicht wirklich zur politischen Gegenseite, auch wenn die SP und AL in manchen Fällen nicht gleich abstimmen. Aber ich glaube, meine Antwort wäre dennoch Tanja Maag von der AL. Ich finde es sehr eindrücklich, wie sie innerhalb einer kleineren Fraktion alles im Griff hat und auch bei dieser grossen Geschäftslast den Überblick bewahrt. Deshalb würde ich gerne mit ihr etwas trinken gehen.
Ansonsten auch mit einigen aus der Geschäftsprüfungskommission, da wir uns bereits kennen und alle recht gut zusammenarbeiten. Beispielsweise Michael Schmid (FDP), Jehuda Spielman (FDP) oder Bernhard im Oberdorf (SVP) oder auch Karin Weyermann (Die Mitte) – mit ihr war ich zwar schon einmal etwas trinken, würde aber nochmal.
Wer hat Sie politisch inspiriert?
Ich finde viele Vorreiterinnen, die ganz unprätentiös ihren Job erledigt haben, wie beispielsweise Ruth Dreifuss oder Simonetta Sommaruga, sehr inspirierend. Aktuell bin ich ein Tamara-Funiciello-Fan, da sie sehr kämpferisch auftritt und so eine grosse Wirkung erzeugt.
Mein Vater hat mich auch geprägt, da er selbst lange im Zürcher Kantonsrat für die SP politisch aktiv war. Dadurch habe ich gesehen, dass es eigentlich möglich ist, aus einer ursprünglich ländlichen Gemeinde in einem bürgerlichen Kanton, trotzdem etwas für die SP zu erreichen.
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