Sexarbeit in Zürich: Protest gegen Lesung der Frauenzentrale
Eine von der Frauenzentrale Zürich geplante Lesung im Volkshaus wirbt für das nordische Modell der Prostitution. Das nationale Netzwerk für die Rechte von Sexarbeitenden kritisiert die Veranstaltung scharf.
Am Dienstag, dem 18. März, lädt die Frauenzentrale Zürich zu einer Lesung im Volkshaus. Zu Gast ist der schwedische Autor Simon Häggström, der ein Buch über seine Arbeit als Polizeikommissar im Rotlichtmilieu geschrieben hat.
Anschliessend soll über das schwedische Modell des Sexkaufverbots sowie die Situation in der Schweiz diskutiert werden. Anwesend sein wird auch die ehemalige Sexarbeiterin Merly Åsbogård, die über ihre Arbeit spricht.
In den Sozialen Medien wird die Veranstaltung scharf kritisiert. Die Gruppe Sexworkers Collective ruft zusammen mit dem nationalen Netzwerk für die Rechte von Sexarbeitenden, «ProCoRe», zu einer Kundgebung gegen die Veranstaltung auf.
Keine aktiven Sexarbeiter:innen eingeladen
Das Netzwerk, das aus 30 Organisationen aus der ganzen Schweiz besteht, kritisiert, dass keine aktiven Sexarbeiter:innen als Talk-Gäst:innen eingeladen sind.
«Bei dieser Veranstaltung ist mit Merly Åsbogård zwar eine ehemalige Sexarbeiterin dabei, Åsbogård wurde aber laut Medienberichten als Minderjährige zur Prostitution gezwungen und hat dort Gewalt und Zwang erlebt», sagt Nathalie Schmidhauser von «ProCoRe».
Auch wenn diese Stimme durchaus Gewicht habe, müssten auch Sexarbeiter:innen, die keinen Zwang erlebt hätten und ihre Arbeitsbedingungen und Kund:innen nicht kriminalisiert sehen wollten, zu Wort kommen.
«Ihnen wird oftmals kein Gehör gegeben und sie werden als privilegierte, nicht relevante Minderheit abgetan. Selbstbestimmte Sexarbeit ist in der Schweiz kein Randphänomen», sagt Schmidhauser.
Es ist laut ihr die zweite Veranstaltung innerhalb von zwei Wochen, die ein Verbot der Sexarbeit thematisiert. Am 8. März fand im Karl der Grosse eine Veranstaltung der Organisation «End Demand Switzerland» statt, die sich für das Sexkaufverbot ausspricht.
Daher habe man sich entschieden, eine Kundgebung vor dem Volkshaus zu organisieren, statt der Veranstaltung beizuwohnen, so Schmidhauser.
Organisatorin wünscht sich den Dialog
Die Frauenzentrale, welche die Lesung organisiert, sieht in der Kritik wenig Gehalt: «Wir haben mit Merly Åsbogård eine Überlebende der Prostitution eingeladen», sagt Olivia Frei von der Frauenzentrale Zürich.
Dass «ProCoRe» manche Stimmen in der Prostitution passen würden und andere nicht, findet sie sehr problematisch, «gerade, weil sie ja immer proklamieren, dass verschiedene Stimmen gehört werden sollten», sagt Frei.
Sie findet, die Gegner:innen der Veranstaltung würden besser mit ihren Fragen in den Raum kommen, statt auf der Strasse Schilder hochzuhalten.
Auch das schwedische Modell findet Frei gerechtfertigt: «Andere Länder haben gute Erfahrungen damit gemacht», ist Frei überzeugt. In Schweden gebe es kein Gesetz, welches sich explizit gegen prostituierte Menschen richte.
«Es geht nicht darum, Menschen zu stigmatisieren, sondern darum, für weniger Ausbeutung zu sorgen und die Nachfrage zu senken», sagt Frei.
Die Debatte um das schwedische Modell ist nicht neu. Bereits 2023 traf Tsüri.ch Nathalie Schmidhauser und Olivia Frei zum Streitgespräch über ein Sexkaufverbot.
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Sofies Begeisterung für die Medienbranche zeigt sich in ihren diversen Projekten: Sie leitete den Zeitungs-Kurs im Ferienlager, für die Jungen Jorunalist:innen Schweiz organisiert sie seit mehreren Jahren das Medienfestival «Journalismus Jetzt» mit. Teilzeit studiert sie an der ZHAW Kommunikation. Zu Tsüri.ch kam sie zunächst 2022 als Civic Media Praktikantin. 2024 kehrte sie dann als Projektleiterin und Briefing-Autorin zurück und momentan macht sie als erste Person ihr zweites Tsüri-Praktikum.