In diesem Interview erfährst du, was die Agglo uns Städter*innen angeht
Zwischen Zürich und Baden erstreckt sich das Limmattal: Gesichtslose Agglomeration oder Möglichkeits- und Wachstumsraum? Wir haben mit Peter Wolf dem Leiter der «Regionale 2025» gesprochen, der dem Tal zu neuem Glanz verhelfen will.
Wir Städter*innen kennen das Limmattal vor allem aus den beiden Abstimmungen über das Tram. Warum ist das Tal auch für uns interessant?
Weil es einerseits Freizeit- und Erholungsgebiet ist, zum Beispiel mit den vielen Gummi-Böötli im Sommer auf der Limmat oder den Hügeln zum Wandern und Biken, und andererseits weil es ein interessanter Wohn- und Arbeitsort mit nur 10 bis 15 Minuten Distanz zum Zürcher HB ist. Das alles macht uns interessant, auch für ein urbanes Publikum.
Propagiert ihr urbanes Leben neben der Stadt?
Ja, zunehmend. Das Limmattal ist natürlich nie eine richtige Stadt, das wäre auch falsch. Der Vorteil hier ist nämlich genau die Mischung aus Stadt und Land; die Mischung von ländlichen und urbanen Strukturen. Spreitenbach hat schon seit Jahrzehnten viele Hochhäuser. Wissen Sie, warum?
Nein?
Anfang der 70er-Jahre war im Kanton Zürich das Konkubinat noch verboten. Also sind viele unverheiratete Paare in den Kanton Aargau gezogen und haben so für einen Bauboom in Spreitenbach gesorgt.
Wie wird sich das Verhältnis von Stadt und Agglomeration in den kommenden Jahren verändern?
Wir werden alle noch viel mehr miteinander kooperieren und uns als einen gemeinsamen Raum verstehen. Doch nicht nur räumlich, es wird sich auch funktional alles noch weiter verflechten. Natürlich werden die meisten Gebiete auch ihre Eigenheiten behalten: Baden als Beispiel wird sich zu Recht nie einfach als Vorort von Zürich verstehen. Agglomerationen sind auch immer Möglichkeitsräume für die Stadt: Es hat noch viel Platz und weniger Regulierungen; das bietet Raum für Gestaltung!
Die Schweiz wird immer wieder als Land der Agglos bezeichnet. Was bedeutet das für unsere gesellschaftliche Kultur?
Insgesamt wird es durch die Verdichtung mehr Reibung und Auseinandersetzung geben, was auch positiv gesehen werden kann und bisher eher ein städtisches Phänomen war. Die Bevölkerung ist da jedoch gespalten: Manche haben Angst vor Veränderung, andere sehen die Chancen. Die Abstimmungen über die Limmattalbahn sind gute Beispiele: Bei der ersten war der Bezirk Dietikon noch gegen die Bahn, viele Menschen wollen keinen Wandel. Bei der zweiten Abstimmung, nach viel Aufklärung und Kommunikation, war die Mehrheit dafür! Das ist exemplarisch für die Veränderung und das Wachstum der Agglomeration.
Natürlich dient die Entwicklung und unsere Arbeit auch dem Wirtschaftsstandort Limmattal.
Das Ziel der Regionale 2025 ist die Stärkung des Selbstbewusstseins der Gemeinden und Menschen im Limmattal. Weshalb?
Wir wollen die Qualität des Lebensraums für die Bevölkerung verbessern. Vor dem Hintergrund des Wachstums ist das entscheidend. Dafür fördern wir vielfältige Projekte.
Ist eure Arbeit eine zugängliche Form des Standortmarketings?
Natürlich dient die Entwicklung und unsere Arbeit auch dem Wirtschaftsstandort Limmattal. Aber unser Fokus liegt klar bei den Menschen hier. Wir wollen das gemeinsame Bewusstsein für diesen Raum stärken. Also dass sich die Menschen nicht nur als Dietiker*innen oder als Wettinger*innen, sondern auch als Limmattaler*innen verstehen. Das ist natürlich ein langer Prozess.
Ihr fördert verschiedene Projekte aus dem Limmattal. Was sind das für welche und wie unterstützt ihr sie?
Die Projekte kommen aus allen Bereichen: Siedlung, Verkehr, Landschaft, Gesellschaft und Kultur. Die Entwicklung des Tals betrifft schliesslich auch alle Aspekte des Lebens. Wir fördern die Projekte sehr unterschiedlich und je nach Bedürftigkeit. Zum Beispiel bei der Gründung eines Vereins oder bei der Unterstützung in der Kommunikation. Von uns fliesst kein Geld, aber Projekte der Regionale 2025 haben gute Chancen bei Stiftungen und Fonds. Das ist ein wichtiger Grund, warum die Leute bei uns Projekte einreichen.
Wer entscheidet über die Projekte?
Der Vorstand unseres Vereins, also die Stadträt*innen und Gemeindepräsident*innen der Mitgliedsgemeinden auf Basis der Empfehlung einer Fachjury. Insofern gibt es eine fachliche und eine politische Prüfung der Projekte und diese geniessen so auch einen grossen Rückhalt.
Carmen Simon und Peter Wolf von der Regionale 2025 (Bild: zvg)
Wie der Name schon sagt, zielt ihr auf das Jahr 2025. Was passiert dann?
Dann werden wir alle diese Projekte in einer Ausstellung zeigen. Das wird keine klassische Ausstellung wie im Kunsthaus. Wir werden die Projekte draussen im Raum erleben, sehen und benutzen können. Die Arbeit und die Identitätsbildung des Limmattals wird 2025 aber noch nicht fertig sein. Wir werden noch herausfinden müssen, wie es weitergeht. Auch mit uns als Organisation.
Am 11. Mai startet ihr «Regionale 2025 auf Tour» mit einer Velorundfahrt. Wohin geht die Tour?
Wir starten im Kanton Aargau in Wettingen und haben vier Stopps unterwegs mit verschiedenen Informationen, Aufführungen und Verpflegung. Ziel ist das Gaswerk Schlieren, im Kanton Zürich. Wir verbinden so die beiden Kantone Aargau und Zürich und werden auch auf beiden Seiten der Limmat fahren. Es sind alle herzlich willkommen! Wir sind parat!
Titelbild: CC0
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An der Universität Zürich hat Simon Politikwissenschaften und Publizistik studiert. Nach einem Praktikum bei Watson machte er sich selbstständig und hat zusammen mit einer Gruppe von motivierten Journalist:innen 2015 Tsüri.ch gegründet und vorangetrieben. Seit 2023 teilt er die Geschäftsleitung mit Elio und Lara. Sein Engagement für die Branche geht über die Stadtgrenze hinaus: Er ist Gründungsmitglied und Co-Präsident des Verbands Medien mit Zukunft und macht sich dort für die Zukunft dieser Branche stark. Zudem ist er Vize-Präsident des Gönnervereins für den Presserat und Jury-Mitglied des Zürcher Journalistenpreises. 2024 wurde er zum Lokaljournalist des Jahres gewählt.