Regierungsratswahlen: «Der Zürcher Löwe brüllt» – Das Portrait von Carmen Walker Späh

Die Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh (FDP) kann gut mit Niederlagen umgehen. Auf die Innovationskraft des Kantons Zürich lässt sie nichts kommen.

WalkerSpähPS
Carmen Walker Späh (FDP) (Foto: P.S.)

Dieser Text ist bereits auf unserem Partnerportal P.S. erschienen. P.S. gehört wie Tsüri.ch zu den verlagsunabhängigen Medien der Schweiz.

Als junge Mutter engagierte sich Carmen Walker Späh in ihrem Quartier für die Freilegung eines Bachs. Auch politisiert wurde sie durch den Rosengarten, den sie als gigantische Fehlplanung ansieht. Die Geschichte treibe sie immer noch um: «Vor allem beschäftigt mich die Frage, warum, wenn einmal eine falsche Entscheidung getroffen wurde, diese fast nicht mehr korrigiert werden kann.» Was auch ein wenig nach dem Anfang einer grünen Politkarriere tönt, sind die Anfänge der freisinnigen Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh. Der Rosengarten, dieses ewige Provisorium, das mit viel Verkehr das Quartier durchschneidet, ist wohl eines der wichtigsten politischen Projekte von Carmen Walker Späh. Als Freisinnige will sie den Rosengarten aber nicht durch Reduktion der Mobilität vom Verkehr befreien, sondern durch einen Tunnel. Die Stimmbevölkerung lehnte diesen aber im Februar 2020 deutlich ab. Eine klare Niederlage für Carmen Walker Späh. Doch die Freisinnige, die in den Medien schon als «Stehauffrau» beschrieben wurde, kann mit der Niederlage umgehen. «Verlieren ist nichts Ehrenrühriges» meint sie. Es habe auch etwas Gutes, weil dann sei wenigstens ein demokratischer Entscheid gefallen und man wisse, was die Zürcherinnen und Zürcher wollen – oder eben nicht wollen. 

«Hart arbeiten, kämpfen»

Carmen Walker Späh ist im Kanton Uri aufgewachsen, in einer freisinnigen Familie. Die Umgebung habe sie geprägt. «Die Gegend ist karg, es hat steile Felsen, Föhnstürme. Wer dort Erfolg haben will, muss hart arbeiten, kämpfen, auch einen «harten Grind» haben.» Die Urner Landschaft präge sie noch heute, bis hin zur Frisur, wie sie lachend meint. Walker Späh wurde als Kantonsrätin national bekannt, weil sie als Präsidentin der FDP-Frauen auf nationaler Ebene mit Frauenquoten drohte, nicht nur zur Freude der Partei. Gleichstellung ist für sie immer noch ein wichtiges Thema. «Ich wehre mich gegen Ungerechtigkeiten aufgrund des Geschlechts.» Das könne auch Männer betreffen. «Für mich ist das Erwerbsleben der Schlüssel zur Gleichstellung», meint Carmen Walker Späh. Nur durch eine Integration in die Arbeitswelt könnten Frauen und Männer sich auf Augenhöhe begegnen. Diese Frage sei ihr jetzt auch als Volkswirtschaftsdirektorin wichtig. Der Arbeitskräftemangel sei ein akutes Problem. Viel Potenzial liege bei den Frauen. Sie habe eine Studie in Auftrag gegeben, die klar zum Schluss kam, dass die Lohnschere bei der Mutterschaft aufgehe. Um das Potenzial der Frauen auf dem Arbeitsmarkt besser auszuschöpfen, brauche es eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Sehr am Herzen liegt ihr die Individualbesteuerung: «Mit deren Einführung könnte ein entscheidender Schritt gemacht werden, damit doppelt verdienende Ehepaare endlich nicht mehr steuerlich bestraft werden». Wichtig ist ihr auch ein Projekt, um den Anteil der Frauen in Tech-Berufen zu erhöhen. Dies sei man jetzt gemeinsam mit der Branche und unter wissenschaftlicher Begleitung angegangen. Im Kern gehe es darum, die Frauen anders anzusprechen. «Das ist eine entscheidende Frage. Die technologische Entwicklung ist rasant. Es darf nicht sein, dass Frauen hiervon ausgeschlossen sind. Im Gegenteil: Frauen müssen deutlich stärker in den technologischen Berufen vertreten sein, um unsere Zukunft mitgestalten zu können.» 

Verkehr muss auch fliessen können

Als Volkswirtschaftsdirektorin ist Carmen Walker Späh auch für ein politisch hochumstrittenes Thema zuständig: Den Verkehr. Walker Spähs Parteikollege Andreas Stokholm, Stadtpräsident von Frauenfeld, hatte sich in der NZZ dezidiert für Tempo 30 in den Städten ausgesprochen, «um die Lebensqualität in den Städten zu erhalten.» Carmen Walker Späh sieht es anders. Sie betont: «Tempo 30 ist grundsätzlich eine gute Sache». Aber flächendeckend sei dies nicht sinnvoll. Es brauche auch Hauptverkehrsachsen, auf denen der Verkehr fliesse und «vorwärts kommen kann». Ausserdem würden die Fahrzeuge aufgrund der Elektrifizierung leiser, das Lärmproblem würde sich daher entschärfen. Auf den Einwand, dass es auch ein Problem des begrenzten Raums gäbe und dass der motorisierte Individualverkehr nicht die effizienteste Methode sei, knappen Raum zu nutzen, entgegnet sie klar: «Das ist mir zu ideologisch. Da wird Verkehr in Gut und Böse eingeteilt.» Man müsse ein Miteinander ermöglichen, es gäbe schliesslich auch Menschen, die auf ein Auto angewiesen seien. Wie der Verkehr der Zukunft aussehe, könne man jetzt noch nicht abschliessend sagen. Sie vertraue in die Innovationskraft von Wirtschaft und Forschung. Ihre Bedingungen für den Verkehr der Zukunft: «Er muss effizient sein, selbstverständlich CO2-neutral und bezahlbar, mit einem starken öffentlichen Verkehr als Rückgrat.» SP-Kantonsrat Felix Hoesch kritisiert den Fokus von Walker Späh in der Mobilität als zu einseitig: «Sie will die Klimakrise in der Mobilität rein über Elektrifizierung der Autos lösen.»  

Innovation ist für die Volkswirtschaftsdirektorin ein wichtiges Anliegen. Peter Grünenfelder, der für die FDP zusammen mit Carmen Walker Späh für den Regierungsrat kandidiert, hat den Kanton Zürich allerdings als «Schweizer Meister im Verwaltungswachstum, bei Bürokratie und Regulierung» bezeichnet und moniert, der Kanton Zürich sei «punkto Innovationskraft (…) stark zurückgefallen». Darauf angesprochen, meint Carmen Walker Späh, Grünenfelder sei in einer anderen Rolle. Als neuer Kandidat müsse er mit einer pointierten Kampagne kritisch sein. Aber: «Auf die Innovationskraft des Kantons Zürich lasse ich nichts kommen. Der Zürcher Löwe brüllt.» Aber selbstverständlich habe Grünenfelder Recht, dass man sich noch weiter verbessern könne. Deshalb wolle sie unter anderem den Innovationspark in Dübendorf weiter vorantreiben. Fördern möchte Walker Späh auch den Tourismus, indem auch in Städten Tourismuszonen eingeführt werden können, in denen auch am Sonntag eingekauft werden kann. Man kann davon ausgehen, dass das Thema Sonntagsverkäufe einiges an Gegenwind verursachen wird. Aber Föhnstürme ist sich Walker Späh ja gewöhnt. 

Regierungsratswahlen 2023

Mit dieser Porträtreihe stellen wir die bisherigen und die neuantretenden RegierungsratskandidatInnen vor: den Schlusspunkt setzt diese Woche Carmen Walker Späh (FDP, bisher). Erscheint im P.S. vom 03.02.2023.

tracking pixel

Das könnte dich auch interessieren

Kommentare