Photobastei ohne städtische Subventionen – es fehlen 50'000 Franken

Die Photobastei ist und bleibt ein finanzielles Sorgenkind. Nachdem das privat betriebene Kulturzentrum 2020 beinahe schliessen musste, droht ihm nun erneut das Aus.

Photobastei
Die Photobastei bekommt von der Stadt keinerlei Fördermittel. (Bild: Jasmin Frei/ Photobastei)

Die Ausstellungen sind mutig, gesellschaftskritisch und international beachtet: Von der Dokumentation der offenen Drogenszene Zürichs über die Auseinandersetzung mit Fake News und Künstlicher Intelligenz bis hin zur Geschichte des Techno. Seit ihrer Gründung im Jahr 2014 hat sich die Institution als unverzichtbarer Bestandteil der Zürcher Kunst- und Kulturlandschaft etabliert. Neben Fotografie bietet sie Raum für Künstler:innen, Diskussionen und kulturelle Veranstaltungen.

Doch trotz des Erfolgs kämpft die Photobastei seit Jahren mit finanziellen Defiziten. Aktuell fehlen rund 50’000 Franken, und eine Unterstützung durch die Stadt bleibt aus – ein herber Rückschlag für die Betreiber.

Ein Ort für Experimente und Vielfalt

Die Photobastei ist eine privat finanzierte Kulturinstitution und wurde 2014 von Romano Zerbini gegründet. Zunächst als Zwischennutzungsprojekt im Hochhaus zur Bastei nahe dem Paradeplatz, zog sie 2015 an den Standort Sihlquai um, wo sie als «Photobastei 2.0» weitergeführt wurde.

Fünf Jahre später drohte das Aus. Mit einem Crowdfunding und einer Partnerschaft mit der Fondation «Jetzt Kunst» konnte der Betrieb doch noch aufrechterhalten werden. Neu lief die Institution unter dem Namen Photobastei 3.0. Die strukturellen Probleme aber blieben bestehen. Der Standort am Sihlquai ist zudem nur bis Ende 2026 gesichert – danach plant der Kanton Zürich dort eine Bildungsmeile.

Die Vision der Photobastei ist seit ihrer Gründung dieselbe: Ein spartenübergreifendes Kulturzentrum, das Raum für künstlerische Experimente, Ausstellungen, Vorträge und Diskussionen bietet, um die Vielfalt der visuellen Kunst zu fördern. Gleichzeitig soll die Photobastei als Open Space fungieren, in dem Künstler:innen ihre Werke eigenständig präsentieren können.

Ein Angebot, das ankommt, wie Romano Zerbini, der Gründer der Photobastei, sagt: «Der Laden brummt, die Nachfrage ist sehr gross und wir sind bis März nächsten Jahres praktisch ausgebucht.» Die erfolgreichsten Ausstellungen, wie etwa die Ausstellung «Schattenreise» von H.R. Giger oder «The Pulse of Techno» zogen zwischen 8000 und 15'000 Besuchende an.

Und dennoch fehlen der Photobastei rund 50’000 Franken. Wie kann das sein?

Kulturelle Teilhabe trotz Defizit

Das Problem scheint im Finanzierungskonzept zu liegen. Die Photobastei finanziert sich fast vollständig selbst – durch Eintrittsgelder, Raumvermietungen, und einen Bühnen- und Barbetrieb.

Im Jahr 2024 deckten diese Einnahmen über 98 Prozent des Budgets ab, dennoch blieb ein Verlust von fast 13'000 Franken bei einem Jahresumsatz von über 909'000 Franken bestehen. Laut Zerbini können Faktoren wie das Wetter oder weniger erfolgreiche Ausstellungen das Defizit schnell auf 50'000 Franken ansteigen lassen – Reserven gibt es keine.

Ein weiteres Problem ist die Vermietungspolitik: Um kulturelle Teilhabe zu ermöglichen, werden Räume oft unter dem Marktpreis angeboten. So wurde etwa der Raum für die Ausstellung über den Platzspitz für 2000 statt der marktüblichen 6000 Franken pro Monat vermietet. «Wir wollen möglichst wenige Personen ausschliessen und kommen ihnen oft finanziell entgegen», erklärt Zerbini. Doch gerade diese Strategie führt zu finanziellen Lücken.

Keine Subventionen von der Stadt

Trotz ihrer Bedeutung für die Zürcher Kulturszene erhält die Photobastei keine regulären Betriebsbeiträge von der Stadt. Zwar gab es in der Vergangenheit einmalige Subventionen – etwa 50'000 Franken sowie Projektbeiträge in Höhe von insgesamt 133'000 Franken –, doch gerade aufgrund des offenen und vielfältigen Konzepts scheint das Kulturzentrum durch die institutionellen Förderkriterien der Stadt zu fallen.

«Wir gelten mal als zu soziokulturell, weil wir beispielsweise mit dem Behindertenwerk oder Migrationsvereinen zusammenarbeiten, mal als zu kommerziell wegen unseres Bühnenbetriebs», sagt Zerbini.

Ein Fördertopf, der ursprünglich für 2025 vorgesehen war, scheiterte. Stattdessen wurde die Photobastei auf 2028 verwiesen – ohne Garantie einer Berücksichtigung. Seit zwei Jahren sei man nun in Gesprächen mit der Stadt, sagt Zerbini.

Sebastian Hos, der Stabsmitarbeiter der Stadtpräsidentin der Stadt Zürich, bestätigt auf Anfrage: «Die Stadt Zürich ist mit der Photobastei im Gespräch, um einen Antrag auf Betriebsbeiträge vorzubereiten.» Solche Beiträge werden in der Regel im Rahmen des Kulturleitbilds geprüft, das nächste Leitbild gilt für den Zeitraum 2028 bis 2031.

Die Zuständigkeit für wiederkehrende Betriebsbeiträge über 100’000 Franken liegt beim Gemeinderat. Bis dahin werde geprüft, ob eine Förderung möglich sei.

Hos schreibt weiter: «Die Stadt erkennt den kulturellen Beitrag der Photobastei an.» Sie biete Künstler:innen günstige Räume für Produktion, Präsentation und Diskurs und habe sich durch ihre Niederschwelligkeit ein vielfältiges Publikum erarbeitet.

«Genug gebettelt»

Romano Zerbini will die Photobastei nun unabhängiger aufstellen, denn man habe sich zu sehr auf die Stadt Zürich und die Subventionen konzentriert. Ein weiteres Crowdfunding, das bisher vor allem von der Bevölkerung getragen wurde, sei erst geplant, wenn sich eine klare, nachhaltige Perspektive abzeichnet, sagt Zerbini. «Wir haben in der Vergangenheit genug gebettelt.»

Die Verantwortlichen wollen aber am bisherigen Betrieb festhalten. «Das Angebot trifft den Nerv der Stadt – das, was hier fehlt», erklärt Zerbini.

Stattdessen setzt er auf ein Gönner:innenprogramm, Stiftungsgelder, Mäzene, Solipartys und neue Projekte, wie eine Versteigerung. Ein detaillierter Finanzierungsplan bis zum Jahr 2028 ist bereits ausgearbeitet: Mit einem stabilen Jahresbeitrag von 150'000 Franken könnten faire Löhne gezahlt und wichtige Projekte realisiert werden. Ab 200'000 Franken pro Jahr stünde Risikokapital zur Verfügung, um junge Kunstschaffende zu fördern oder grössere Dauerausstellungen zu ermöglichen – ohne das Risiko eines finanziellen Kollapses.

Eine Unterstützung durch die Stadt sei frühestens ab 2028 zu erwarten, sagt Zerbini. Dann wird der Stadtrat die neue kulturpolitische Strategie für die Jahre 2028 bis 2031 festlegen.

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Bachelorstudium der Psychologie an der Universität Zürich und Masterstudium in Politischer Kommunikation an der Universität von Amsterdam. Einstieg in den Journalismus als Redaktionspraktikantin bei Tsüri.ch. Danach folgten Praktika bei der SRF Rundschau und dem Beobachter, anschliessend ein einjähriges Volontariat bei der Neuen Zürcher Zeitung. Nach einigen Monaten als freie Journalistin für den Beobachter und die «Zeitung» der Gessnerallee seit 2025 als Redaktorin zurück bei Tsüri.ch.

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