Neuer ZFF-Miteigentümer: «Ein Festival braucht Subventionen»
Nach knapp zehn Jahren übergibt die NZZ das Zurich Film Festival in neue Hände. Während sich das Programm kaum verändern soll, hofft die neue Eigentümerschaft auf mehr Unterstützung seitens der Stadt.
Das meistbesuchte Filmfestival der Schweiz hat neue Eigentümer:innen. Am Donnerstag teilte die Neue Zürcher Zeitung mit, dass sie das Zurich Film Festival (ZFF) verkauft.
Nach knapp zehn Jahren übernehmen ab Juli 2025 der Festivaldirektor Christian Jungen, die Vizedirektorin Reta Guetg, der Moderator Max Loong sowie «NZZ am Sonntag»-Gründer Felix E. Müller und Finanzfachmann Marek Skretaals Inhaber:innen das Zepter.
Das ZFF brauche «unternehmerische Agilität und Freiräume für kreative und strategische Weiterentwicklungen», heisst es in der entsprechenden Medienmitteilung des Verlags. Die Frage der Finanzierung sei ebenfalls ein Grund für den Verkauf, wie die NZZ auf Anfrage ausführt: «Das Umfeld hat sich verändert: Die Anforderungen an ein Festival sind gestiegen.»
Damit das Festival weiter wachsen und neue Finanzierungsquellen erschliessen könne, brauche es «Rahmenbedingungen, die ein privatwirtschaftliches Unternehmen wie die NZZ nur bedingt bieten kann».
Mit einer unabhängigen Eigentümerschaft würde das Festival eher von Stiftungen, Gönner:innen oder der öffentlichen Hand gefördert. Für wie viel Geld die Film Festival AG die Eigentümerschaft gewechselt hat, darüber schweigen beide Parteien.
Jährlich eine halbe Million von der Stadt
Der neue Miteigentümer Christian Jungen kennt die Schwierigkeiten, mit denen das ZFF konfrontiert war. Seit 2019 verantwortet er dessen künstlerische Leitung. Ihm zufolge hatte die NZZ zwar keinen Einfluss auf das Programm oder die Organisation, das Festival jedoch anderweitig mitgeprägt – im Positiven wie im Negativen.
«Das ZFF hat sich dank der NZZ vom Start-up zu einem der wichtigsten Filmfestivals Europas entwickelt. Gleichzeitig war es mit einem liberalen Medienhaus im Rücken nicht immer einfach, Sponsoringverträge abzuschliessen», so Jungen. Warum sollte man einem Festival Geld geben, das einem grossen Verlag gehört, lautete die Frage.
«Kommerz ist nicht nur negativ. Filme sind da, um gesehen zu werden.»
Christian Jungen, Festivaldirektor und neuer Miteigentümer
Auch die Haltung der Zeitung zu Subventionen sei nicht förderlich gewesen, um den Weg für neue Finanzierungsoptionen zu ebnen. Dabei erhielt die Zurich Film Festival AG durchaus Subventionen von der Stadt: Von 2016 bis 2022 unterstützte die Kulturförderung das ZFF mit jährlich 350’000, ab 2023 gar mit rund 500’000 Franken.
Daran wird sich laut der Stadt nichts ändern, bis 2026 eine neue Beitragsperiode beginnt. Aktuell werde geprüft, ob die neue Eigentumsstruktur im Einklang mit den Bestimmungen des Subventionsvertrags stehe, schreibt das zuständige Amt auf Anfrage.
ZFF trägt sich zu 85 Prozent selber
Die Stadt wisse vom Eigentumswechsel, doch im Austausch sei man noch nicht, sagt Christian Jungen. Aber: Eine Erhöhung der Beiträge für die nächste Runde findet er grundsätzlich wünschenswert. «Ein Festival braucht Subventionen», sagt er.
Aber auch andere Unterstützungsleistungen nehme man dankend an: Jungen erwähnt den Erlass von Gebühren oder die Möglichkeit, Essens- und Getränkestände zu organisieren. Von diesen würden sowohl das Festival als auch die Besuchenden profitieren können. Andere Schweizer Veranstaltungen wie das Locarno Film Festival oder das Montreux Jazz Festival würden dadurch auch ihre Finanzen aufbessern können, so der Festivaldirektor.
In der Kulturbranche zähle jede Einnahmequelle: «Das Geschäft ist härter, die Margen kleiner geworden.» Umso stolzer ist Jungen über den Eigenfinanzierungsgrad des ZFF von 85 Prozent – «einmalig» sei das.
«Der grüne Teppich ist ein Publikumsmagnet»
Als Geheimrezept nennt Jungen auch die Entscheidung, immer wieder hochkarätige Schauspieler:innen nach Zürich zu holen. Johnny Depp, Kate Winslet, Harrison Ford oder Kristen Steward lockten immer auch Schaulustige auf den Sechseläutenplatz. 140’000 Besucher:innen verzeichnete das ZFF vergangenes Jahr – und gilt damit nach der Berlinale als zweitgrösstes Filmfestival im deutschsprachigen Raum.
Die Kritik, dass sich das ZFF in den letzten Jahren zu stark kommerzialisiert haben soll, lässt Jungen kalt: «Kommerz ist nicht nur negativ. Filme sind da, um gesehen zu werden.» Je mehr Menschen im Kinosaal sitzen würden, desto besser sei das für die Branche.
Dass der Fokus eines grossen Festivals nicht nur auf künstlerisch anspruchsvollen Werken liege, sondern auch Raum für Glanz und Glamour biete, sei für die Kultur wichtig. «Der grüne Teppich ist ein Publikumsmagnet», sagt der neue ZFF-Miteigentümer. Deshalb werde die Galanacht nach der Veräusserung als Programmpunkt erhalten bleiben.
Änderungen wird es beim Kino Frame an der Europaallee geben, das man noch stärker als «Home of Zurich Film Festival» etablieren möchte, wie Jungen erzählt. Den Betrieb wird der Kino- und Gastrounternehmer Konrad Schibli übernehmen.
«Das Frame soll sich zu einem Treffpunkt für Film- und Ausgehfreunde entwickeln», wird der Inhaber des Unternehmens «Kinokoni» in der Mitteilung zitiert. Nach der kommenden ZFF-Ausgabe würden zwei der sechs Säle neu möbliert und ein Service direkt bis an den Sitzplatz eingeführt.
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Ausbildung zur tiermedizinischen Praxisassistentin bei der Tierklinik Obergrund Luzern. Danach zweiter Bildungsweg via Kommunikationsstudium an der ZHAW. Praktikum bei Tsüri.ch 2019, dabei das Herz an den Lokaljournalismus verloren und in Zürich geblieben. Seit Anfang 2025 in der Rolle als Redaktionsleiterin. Zudem Teilzeit im Sozialmarketing bei Interprise angestellt.