Neuer Bürkliplatz überrascht mit Betonfläche
Die Stadthausanlage am Bürkliplatz glänzt nach dem Umbau mit einem neuen Kiosk und vier zusätzlichen Bäumen. Augenfällig ist aber vor allem die weitgehend versiegelte Betonfläche.
Die letzten Kisten werden verräumt, der Boden gewischt, die Spuren des bunten Treibens verschwinden langsam. Auf der Stadthausanlage, dem Bürkliplatz, hat am Dienstagmorgen erstmals wieder der Wochenmarkt stattgefunden – nach knapp einem Jahr Bauzeit. Zurück bleibt ein makelloser Betonteppich.
In der Medienmitteilung gibt sich die Stadt stolz über die Aufwertung im Kreis 1: Ein neuer Kiosk ist entstanden, die Begrünung soll bald folgen. Vier zusätzliche Bäume sind geplant; bald sollen die Kronen von insgesamt 74 Bäumen Teile des Platzes beschatten. Ergänzt wird die Anlage durch begrünte Baumscheiben, das sind runde Baumbeete, sowie eine Infrastruktur, in der Pflanzen besser wachsen sollen. Rund 14,9 Millionen Franken hat sich die Stadt den Umbau kosten lassen.
Stadträtin Simone Brander schreibt in der entsprechenden Mitteilung, die neugestaltete Fläche werde künftig auch zur lokalen Hitzeminderung beitragen. Doch der Blick auf die Anlage zeigt: Der Boden bleibt weitgehend versiegelt. Ist das klimafreundlich?
Das Prinzip der Schwammstadt
Die Stadt wird immer heisser. Versiegelte Flächen aus Beton und Asphalt speichern Wärme und verhindern Luftzirkulation. Dies führt zu urbanen Hitzeinseln, wie jene rund um den Hauptbahnhof oder das Polizei- und Justizzentrum Zürich (PJZ), wo die Temperaturen tagsüber oft deutlich höher sind als in der Umgebung und nachts nur langsam abkühlen.
Hier setzt das Prinzip der Schwammstadt an, das Zürich 2020 plante. Die Idee: Statt direkt in die Kanalisation zu fliessen, soll das Regenwasser in den Boden sickern und langsam verdunsten. Das Wasser wird dann gespeichert und in Hitzeperioden an die Pflanzen abgegeben. So lässt sich ein trockener, heisser Platz in ein kühlendes Mikroklima verwandeln.
Auf dem Bürkliplatz wird die Betonfläche punktuell von den neuen Baumstandorten durchbrochen. Dennoch bleibt der Eindruck einer weitgehend versiegelten Ebene.
Kiesboden ist keine Alternative
Silvan Durscher, Projektleiter bei Grün Stadt Zürich, erklärt auf Anfrage, der Platz werde intensiv genutzt und liege aufgrund des Gewässerschutzes in einem «besonders geschützten Gebiet». Das dort anfallende Regenwasser gelte darum als belastet und dürfe nur über bepflanzte Böden in den Untergrund gelangen.
«Kiesbeläge oder Sickerasphalt sind hier verboten, weil sie das Grundwasser nicht ausreichend schützen», schreibt er. Hinzu komme: «Der Platz muss für alle bisherigen Nutzungen geeignet bleiben – vom Wochenmarkt über Veranstaltungen bis hin zur täglichen intensiven Begehung», also selbst 40-Tonnen schwere Lastwagen. Diese Anforderungen schränkten zusätzliche Entsiegelungen stark ein, schreibt Durscher von Grün Stadt Zürich. Trotz der baulichen Einschränkungen wurden «wichtige Elemente des Schwammstadt-Prinzips umgesetzt».
Die Baumscheiben seien heute deutlich grösser, die unterirdisch verbundenen Baumgruben wirkten wie ein zusammenhängender Wasserspeicher. Bei Starkregen dürfe sich das Wasser in bestimmten Zonen kurzfristig ansammeln, bevor es langsam versickere. Insgesamt liessen sich so rund 40 Prozent des Niederschlags direkt vor Ort aufnehmen; der Rest fliesse in die Limmat, ohne die Kanalisation zu belasten. Damit schaffe die neu gestaltete Stadthausanlage mehr Wurzelraum für die Bäume, speichere Wasser effizienter unter dem Platz und schütze das Grundwasser.
Es seien also durchaus wichtige Elemente des Schwammstadt-Prinzips umgesetzt worden. «Gegenüber der früheren Situation wurde die Leistungsfähigkeit deutlich verbessert», schreibt Durscher.
So soll der neue Bürkliplatz die Stadt kühlen. Und wenn schon mit grauem Boden, dann wenigstens mit einem grünen Dach.
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Bachelorstudium der Psychologie an der Universität Zürich und Masterstudium in politischer Kommunikation an der Universität von Amsterdam. Einstieg in den Journalismus als Redaktionspraktikantin bei Tsüri.ch. Danach folgten Praktika bei der SRF Rundschau und dem Beobachter, anschliessend ein einjähriges Volontariat bei der Neuen Zürcher Zeitung. Nach einigen Monaten als freie Journalistin für den Beobachter und die «Zeitung» der Gessnerallee seit 2025 als Redaktorin zurück bei Tsüri.ch.