«Eidgenössisch anerkannte Mutter»: Ein Theaterstück über die ehrliche Seite des Frau- und Mutterseins

Am Samstag startet das Stück «Motherhood – A Performance Evaluation» von Monika Truong in der Gessnerallee. Die Theaterschaffende über das Muttersein, die «Währungsfrage» der Bewertung von Care-Arbeit und Gleichstellung in den eigenen vier Wänden.

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Monika Truong in ihrem Zuhause im Kreis 4. Foto: Ladina Cavelti

Monika Truongs Theaterstück «Motherhood – A Perfomance Evaluation» feiert am Samstag in der Gessnerallee Premiere. Der Fokus liegt dabei auf der oft zitierten «Care-Arbeit» und welchen Wert wir dieser zusprechen. Die 40-jährige Theaterschaffende lädt das Publikum dazu ein, das Stellenprofil «Mutter» zu schärfen. Drei Performerinnen durchlaufen dafür einen Ausbildungsgang und eine Eignungsprüfung, um als «eidgenössisch anerkannte Mutter» zertifiziert zu werden. Sie konfrontieren sich dafür mit den Erwartungen, Tücken und Freuden dieses Berufsfeldes. Auch müssen sie sich ihren Fähigkeiten und Schwächen stellen und sind mit der unerbittlichen Frage konfrontiert: 24h/7Tage Betreuung – radikale Pausenlosigkeit – will ich das und eigne ich mich für diesen Beruf?

Rahel Bains: Deine Tochter ist 15 Monate alt. Wie nennt sie dich – Mami? Monika?

Monika Truong: Meine Tochter nennt mich manchmal Mama, manchmal auch Papa. Ich finds schön, dass sie keinen Unterschied macht.

Glaubst du, dass Care-Arbeit in unserer Gesellschaft irgendwann tatsächlich mehr Anerkennung und eine angemessene Entlöhnung erlangen wird?

Um mehr Anerkennung zu bekommen, müssen die unsichtbaren Tätigkeiten rund um Familie und Haushalt aus dem privaten Raum heraustreten und zum öffentlichen Thema gemacht werden. Unser Theaterstück «Motherhood» reflektiert vordergründig den Wert und die Bewertung von Care-Arbeit und hintergründig die «Währungsfrage» dieser Bewertung. Wir hinterfragen, dass wir Wertschätzung für unsere Arbeit in Form von Geld einfordern. Wieso denken wir jeden potenziellen Ausgleich innerhalb einer kapitalistischen Logik?

Hast du dich auch schon vor der Geburt deiner Tochter mit der Thematik auseinandergesetzt?

Als studierte Soziologin befasse ich mich in meinen Stücken mit Strukturen und sozialen Interaktionen. Schon während meinem Studium habe ich mich mit geschlechtsspezifischen Ungleichheiten in der Arbeitswelt auseinandergesetzt. Unbezahlte Care-Arbeit ist einer der Gründe, warum es eine Lohnlücke zwischen den Geschlechtern gibt. 

Wie hat dich das Muttersein verändert?

Mein Schlaf- und Tagesrhythmus richtet sich nach meiner Tochter. Ich bin ausgeglichener und gelassener, auch wenn ich weniger schlafe.

«In stressigen Zeiten – während Proben und Vorstellungen – hält mir mein Partner den Rücken frei. Das gleiche mache ich für ihn.»

Monika Truong

Was braucht es von uns persönlich und vonseiten unserer Gesellschaft, um wahre Gleichstellung zu erlangen?

Ich nutze das Theater, um Unsichtbares sichtbar zu machen. Das Publikum so zu verwickeln, dass sie zum Thema der Gleichstellung Stellung nehmen müssen. Es braucht einen Paradigmenwechsel.

Wie lebst du Gleichstellung privat?

Mein Partner und ich unterstützen uns gegenseitig. In stressigen Zeiten – während Proben und Vorstellungen einer Theaterproduktion – hält mir mein Partner den Rücken frei. Das gleiche mache ich für ihn.

Auf was dürfen sich die Zuschauer:innen deines Stücks freuen? Was wird sie überraschen?

Meine Arbeiten sind persönlich und politisch zugleich. In «Motherhood» zeigen ich und meine Mitspielerinnen eine verletzliche, ehrliche Seite des Frauseins und verlassen unserer Komfortzone.  

(Das Interview wurde schriftlich geführt)

«Motherhood – A Performance Evaluation» ist ein Theaterbesuch lässt sich auch für Menschen mit Kindern gut organisieren lässt: An den beiden Sonntagsvorstellungen gibt es Kinderbetreuung.

Samstag, 2. April um 20 Uhr (Premiere)

Sonntag, 3. April,18 Uhr (Kinderbetreuung von 17 bis 20 Uhr)

Montag, 4. April, 20 Uhr

Dienstag, 5. April, 20 Uhr

Donnerstag, 7. April, 20 Uhr

Freitag, 8. April, 20 Uhr

Samstag, 9. April, 20 Uhr (im Anschluss ein Nachgespräch mit der Soziologin Franziska Schutzbach)

Sonntag, 10. April,18 Uhr (Kinderbetreuung von 17 – 20 Uhr)

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