Kostenexplosion beim Neubau Sportzentrum Oerlikon sorgt für Kritik
Der Zürcher Gemeinderat hat am Mittwoch dem Kredit zum Sportzentrum Oerlikon zugestimmt. Doch die Kostenexplosion beim Neubauprojekt sorgte für Kritik: Statt wie ursprünglich geplant 210 Millionen Franken, soll der Neubau nun 373 Millionen Franken kosten.
Das grosse Thema im städtischen Parlament war an diesem Abend der Neubau des Sportzentrums Oerlikon. Das Projekt gehört zu den grössten städtischen Bauvorhaben im Sportbereich. Langfristig soll eine moderne, nachhaltige Sportinfrastruktur für die Bevölkerung, die Schulen und den Vereinssport im stark wachsenden Zürich Nord sichern. Statt wie ursprünglich geplant 210 Millionen Franken, soll der Neubau nun 373 Millionen Franken kosten. Diese Kostenexplosion beim Neubauprojekt sorgte für Kritik im Gemeinderat.
Geplant ist ein umfassender Ersatzneubau des veralteten Sportzentrums Oerlikon. Dieser beinhaltet ein neues Hallenbad mit Aussenbereich, zwei Kunsteisbahnen, ganze sieben Fussballfelder, einen Werkhof für Grün Stadt Zürich sowie grosszügige öffentliche Grünflächen.
Das heutige Hallenbad Oerlikon weise erhebliche Mängel auf, erklärte Tamara Bosshardt (SP): «Es ist veraltet und erfüllt weder die technischen noch die sportlichen Anforderungen. Eine Sanierung wäre sehr aufwändig.»
Stefan Urech (SVP) beschrieb das Dilemma seiner Partei. Auf der einen Seite seien sie Freund:innen des Sports, zum anderen könnten sie dieses Preisdebakel nicht unterstützen. So kündigte Urech die Stimmenthaltung der SVP an.
«Wer übernimmt die Verantwortung für diese Kostenexplosion?»
Yasmine Bourgeois, FDP-Gemeinderätin
Balz Bürgisser von den Grünen fragte die Anwesenden, ob sie die unangenehmen Fakten zur Klimaerwärmung hören wollten – lautes und einstimmiges «Nein» von der SVP. Der ehemalige Mathematik-Lehrer liess sich davon nicht beirren und erklärte, dass Autos bei der Herstellung und im Betrieb wesentlich zur Klimaerwärmung beitragen würden.
Auch entstehe durch den Kunstrasen eine Hitzeinsel und der geplante Abriss des Tennisfelds widerspreche ohnehin dem grünen Prinzip «sanieren statt abreissen». Aus diesen Gründen könne seine Partei die Vorlage nur unterstützen, wenn die geplante Tiefgarage verkleinert und der Tennisplatz erhalten bleibe.
Yasmine Bourgeois (FDP) zeigt sich empört über die Kostenentwicklung: «Wer übernimmt die Verantwortung für diese Kostenexplosion?» Da aber eine Sanierung mindestens so teuer wäre, stimmte die FDP der Weisung «zähneknirschend» zu – lehnte jedoch die Änderungsanträge der Grünen ab. Es sei den Sportlerinnen und Sportlern nicht zuzumuten, mit ihren schweren Taschen weite Wege ohne Auto zurückzulegen, so Bourgeois.
Auch Tanja Maag (AL) kritisierte die mangelnde Kommunikation über die massive Kostensteigerung und unterstützte den Änderungsantrag der Grünen, die Tiefgarage zu verkleinern. Parkplätze sollten nicht den Ausschlag geben für den Besuch eines Sportzentrums, meinte Maag. «Es geht ja um Bewegung, da darf man auch ein paar Meter laufen.»
Als es schliesslich zu den Schlussabstimmungen kam, fanden die Änderungsanträge der Grünen keine Unterstützung, weshalb sie sich als einzige Partei gegen den Neubau des Sportzentrums Oerlikon stellten. Die SVP enthielt sich. Und somit stimmte das Parlament dem Kredit mit 87 Ja-Stimmen gegen 16 Nein-Stimmen bei 14 Enthaltungen zu.
Das letzte Wort werden am 28. September 2025 die Stimmberechtigten haben.
FCZ-Vandalismus
Die Fussball-EM beginnt zwar erst in zwei Wochen, doch schon an diesem Mittwochabend drehte sich im Gemeinderat alles um den Rasensport. Wie es in der Südkurve «Eine Stadt, ein Verein» heisst, meint auch der Gemeinderat nur einen Club, wenn es um Fussballfans geht: den FCZ.
Die Geduld mit Zürcher Fussballfans ist schon länger erschöpft. Nach dem übergrossen FCZ-Graffito am Lindenhof forderten bereits im Mai Flurin Capaul (FDP), Marita Verbali (FDP) und Sebastian Vogel (FDP) den Club finanziell in die Pflicht zu nehmen – mit gestrichenen Stadionbeiträgen oder Beteiligung an den Reinigungskosten.
Doch obwohl derartige Fanausschreitungen in sämtlichen Voten verurteilt wurden, fand das Postulat damals schon keine Mehrheit, wir berichteten. Denn man könne nicht jemanden (in diesem Falle die Fussballclubs) finanziell für etwas belangen, was andere gemacht hätten, argumentierte die Mehrheit aus Links-Grün und der GLP.
Nun starteten Capaul, Verbali und Vogel einen neuen Versuch. In einem dringlichen Postulat forderten die FDP-Gemeinderät:innen den Stadtrat auf, zu prüfen, wie die Fussballclubs für den Fan-Vandalismus stärker in die Verantwortung genommen werden können.
Im Wissen darum, dass inhaltlich zu dem fast identischen Postulat schon «breit wie lang» debattiert wurde, betonte Capaul, dass die Bevölkerung genug habe von den Schmierereien, Graffiti und Kleber der FCZ-Fans.
Severin Meier von der SP begründete den Ablehnungsantrag damit, dass man einen Club nicht dafür belangen kann, wenn man nicht einmal wisse, ob es Anhänger:innen dieses Clubs waren. «Das sind grundsätzliche rechtsstaatliche Überlegungen», so Meier.
Derek Richter von der SVP stellte fest, dass es trotz zahlloser Vorstösse rund um die Fangewalt zu weiteren Eskalationen gekommen sei. Die Lösung liege weder im Gemeinderat, noch beim Fussballclub und schon gar nicht beim Schweizerischen Fussballverband. Die Lösung solle eigentlich im Amtshaus 1 gefunden werden, meint Richter und verweist damit auf das Sicherheitsdepartement unter Karin Rykart (Grüne).
Auch wenn die GLP der Meinung war, dass das tolerierbare Mass an Graffitis, Tags und Kleber überschritten sei, sprach sich Christine Huber (GLP) erneut gegen Kollektivstrafen aus. Die Lösung müsse weiterhin über die Fanarbeit gehen.
Auch Moritz Bögli von der AL kritisierte das Vorhaben: Der Staat könne nicht Menschen für Handlungen anderer verantwortlich machen – das sei rechtlich nicht haltbar.
Das Postulat wurde schliesslich erneut mit 74 Nein-Stimmen zu 43 Ja-Stimmen nicht überwiesen.
Weitere Themen aus dem Gemeinderat
Fussball, Fussball, Fussball: Gleich in mehreren Weisungen wurde der akute Mangel an Rasensportfeldern thematisiert.
Die Anzahl Fussballmannschaften, die auf der Rasensportanlage Juchhof im Quartier Altstetten trainieren und spielen, habe in den letzten Jahren stetig zugenommen. Inzwischen reiche die Kapazität der Anlage nicht mehr aus, argumentiert der Stadtrat.
Die Rasensportanlage Juchhof soll deshalb mit einem dritten Garderobengebäude ergänzt und die drei Naturrasenfelder im Umfeld des neuen Garderobengebäudes sollen zu Kunstrasenfeldern umgebaut werden.
Das Postulat wird dem Stadtrat überwiesen.
Weiter verlangte Flurin Capaul (FDP) in einer Weisung, dass Fussballplätze in den Quartieren rasch ausgebaut werden sollen. Diese wurde ebenfalls dem Stadtrat überwiesen.
Stromtarif: Beat Oberholzer von der GLP bat vergeblich um die ungeteilte Aufmerksamkeit der Anwesenden. Es gehe um eines der wichtigsten Dokumente der Stadt Zürich, um die Stromrechnung des EWZ, so Oberholzer.
Die Weisung betrifft die Umsetzung des neuen Bundesgesetzes über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien, den sogenannten Mantelerlass, der ab 1. Januar 2026 in Kraft tritt. Dieser verlangt grundlegende Änderungen im Stromtarifsystem. Namhaft sind das die Einführung eines separaten Messtarifs, Anpassung der bestehenden Stromtarife, Änderung des Reglements über den Betrieb des Verteilnetzes und eine frühzeitige Tarifveröffentlichung.
Oberholzer beantragt, den Stadtratsweisungen nach den Sommerferien zuzustimmen.
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Yann hat an der Universität Zürich einen Master in Germanistik, Sozialwissenschaften und Philosophie abgeschlossen. Erste journalistische Erfahrungen sammelte er bei 20Minuten, Tsüri.ch und der SRF Rundschau. Beim Think & Do Tank Dezentrum war Yann als wissenschaftlicher Mitarbeiter und in der Kommunikationsleitung tätig. Seit 2025 ist er Teil der Tsüri-Redaktion. Nebenher ist er als Freelancer im Dynamo Zürich und bei Dachsbau Sounds unterwegs.