Kanton verkauft Haus an Privatperson und mietet es danach wieder

Vor zwei Jahren veräusserte der Kanton Zürich eine Liegenschaft im Kreis 6 an die meistbietende Partei. Angeblich, weil die Räumlichkeiten nicht mehr für «staatliche Zwecke» genutzt würden. Mittlerweile hat sich an der Adresse die Universität Zürich eingemietet.

Stampfenbachstrasse 106 Haus
Das Haus an der Stampfenbachstrasse ging 2022 vom Kanton in den Besitz einer Privatperson über – ein Jahr später mietet die Universität Zürich darin Büroräumlichkeiten. (Bild: Michael Schallschmidt)

Eine Milliarde Franken – so viel Wert schreibt der Kanton Zürich seinem Immobilienportfolio zu. Über 2000 Gebäude und 12’000 unbebaute Grundstücke sind in seinem Besitz. Bis vor zwei Jahren war auch die Liegenschaft an der Stampfenbachstrasse 106 im Inventar der kantonalen Behörden. Dann wurde sie an eine Privatperson veräussert.

Grund für den Verkauf war, dass das Haus im Kreis 6 nicht mehr für «staatliche Zwecke» gebraucht werde, erklärte der Mediensprecher Thomas Maag von der zuständigen Baudirektion Ende 2021 gegenüber Tsüri.ch. Nur: Mittlerweile hat sich an der Adresse ein Forschungsstandort der Universität Zürich einquartiert. Also ausgerechnet eine Institution, deren Träger der Kanton ist. 

Jährlich um die 200’000 Franken Steuergelder 

Seit Sommer 2023 mietet die Universität 580 Quadratmeter im Gebäude für ihren Forschungsschwerpunkt «Digital Religion(s)» sowie Gastdozierende. Laut Medienstelle bezahlt man dafür einen marktüblichen Mietzins. Wie viel Geld tatsächlich vom Bankkonto der kantonalen Bildungsstätte ins Portemonnaie des neuen Eigentümers fliesst, dazu will sich die Universität nicht äussern.

«Braucht die Universität Zürich Räumlichkeiten, so beschafft sie sich diese selbst.»

Thomas Haag, Mediensprecher der kantonalen Baudirektion

Gemäss der Immobilienberatungsfirma Jones Lang LaSalle (JLL) lag der Median für Büros in der Stadt Zürich 2023 bei 340 Franken pro Jahr und Quadratmeter. Man kann wohl davon ausgehen, dass die Universität knapp 200’000 Franken jährlich an den neuen Eigentümer der Stampfenbachstrasse überweist. Weit mehr, als es gewesen wäre, wenn das Haus noch immer dem Kanton gehören würde.

Dass nun also doch just in dem Haus, das einst dem Kanton gehört hat, wieder Räumlichkeiten für einen staatlichen Zweck genutzt werden, erkennt auch Thomas Maag vom Kanton. Er betont aber, dass 2020, als über den Verkauf der Liegenschaft beraten worden sei, die Universität kein Interesse angemeldet habe, weshalb man sich schlussendlich für eine Veräusserung entschied.

Weiter, so Maag, habe das kantonale Immobilienamt keinen Einfluss darauf, wo sich die Universität Zürich einmietet: «Braucht sie Räumlichkeiten, so beschafft sie sich diese selbst.» Dafür sorgt eine entsprechende Gesetzesänderung aus dem Jahr 2015, die der Universität eigenen Handlungsspielraum in Bezug auf die Bereitstellung und Bewirtschaftung ihrer Immobilien einräumt.

Kritik an kantonaler Verkaufspraxis

Es ist nicht das erste Mal, dass das Haus in attraktiver Lage mitten in Zürich Fragen aufwirft. Als bekannt wurde, dass der Kanton die Liegenschaft auf dem freien Markt anbot, kritisierten linke Parteien die Praxis der kantonalen Behörden. Statt es wie geplant an den Meistbietenden respektive die Meistbietende abzutreten, hätte die Stadt es zum Versicherungswert von 2,1 Millionen Franken erwerben sollen, forderte die SP im August 2022. 

Doch das sieht die Immobilienstrategie des Kantons nicht vor. Die Stadt habe damals die Gelegenheit gehabt, das Gebäude zu kaufen, so Thomas Maag. Allerdings zum Marktpreis. Maag bezifferte diesen mit einem Betrag zwischen fünf und sechs Millionen Franken. Weit mehr, als die Stadt für das 1887 erbaute Haus bezahlen wollte.

«Der Kanton verfügt über keinen politischen Auftrag und keine gesetzliche Grundlage, um seine Liegenschaften unter dem Marktwert zu veräussern», rechtfertigte der Mediensprecher damals die Verkaufspraxis des Kantons.

Für wie viel Geld das Haus schliesslich den Besitzer gewechselt hat, bleibt ein gut behütetes Geheimnis. Verträge zwischen Privatpersonen und dem Kanton sind per Gesetz nicht öffentlich und auch der neue Eigentümer will sich weder zum Kaufpreis noch zu seinen Plänen mit dem sanierungsbedürftigen Haus an der Stampfenbachstrasse äussern. 

Wie der Vater, so der Sohn?

Dabei ist dieser kein unbeschriebenes Blatt. Sein Vater Werner Hofmann aus dem Zürcher Unterland gilt als umtriebiger Unternehmer – nicht nur besitzt er gleich mehrere Immobilienfirmen, er rettete auch die Mineralquelle Zurzach vor ihrem Ende.

Im Jahr 2010 wurde Hofmann zudem weit über die Zürcher Stadtgrenzen bekannt, weil er das leerstehende Traditions-Hotel Atlantis am Fusse des Üetlibergs mietete und es Studierenden für wenig Geld zur Verfügung stellte. «Wohltäter oder abgebrühter Geschäftsmann?», fragte sich damals der Tages-Anzeiger

Dass nun auch sein Sohn in den Immobilienhandel einsteigt, scheint logisch. Offen bleibt indes, was in naher Zukunft mit dem Haus an der Stampfenbachstrasse 106 passieren wird. Der Mietvertrag mit dem privaten Eigentümer sei befristet, heisst es bei der Universität Zürich, «wie er bei der Vermietung von Geschäftsräumen üblich ist».

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