Helvetia Versicherung darf Grossbauprojekt umsetzen

Einstimmig hat der Gemeinderat am Mittwochabend dem Landtausch zwischen der Stadt Zürich und der Helvetia Versicherung zugestimmt. Diese darf nun die Siedlung «Frohburg» in Oerlikon sozialverträglich umbauen.

Zürcher Parlamente
(Bild: Ladina Cavelti)

«Erpressung», «Nötigung», ja sogar von einem «Skandal» war gestern Abend im Gemeinderat die Rede. Dabei wurde um ein scheinbar unspektakuläres Thema diskutiert: ein Landabtausch.

Die Gemeinderät:innen stimmten einem Tauschgeschäft zu, bei dem die Stadt 1488 Quadratmeter Land an die Helvetia Versicherung überträgt und im Gegenzug 917 Quadratmeter sowie eine Ausgleichszahlung von 673'263 Franken erhält. Dieser Abtausch ermöglicht die Erneuerung der über 70-jährigen «Frohburg»-Siedlung in Oerlikon. Auf dem 40'000 Quadratmeter grossen Areal zwischen Frohburg- und Winterthurerstrasse sollen statt der bisherigen 307 Wohnungen künftig rund 660 Wohneinheiten entstehen. 106 davon gelten als bezahlbar, mit Nettomieten von durchschnittlich 1600 Franken für eine 2.5-Zimmer-Wohnung und 2700 Franken für eine 4.5-Zimmer-Wohnung. Zusätzlich sind 120 Zimmer für Studierende geplant.

Geplant ist zudem, dass Bewohner:innen, die seit mindestens 2015 in der Frohburg wohnen, nach der Sanierung weiterhin günstig in der Siedlung wohnen können. Laut Michael Schmid (AL) werden sie zwar mehr bezahlen müssen, aber immer noch weniger, als wenn Helvetia einfach die Rendite optimieren würde.

Die bürgerliche Seite kritisierte das Verhalten der linken Seite scharf. Es sende das falsche Signal an andere Investor:innen. Andreas Egli (FDP) bemängelte, das Projekt sei ausserhalb des politischen Prozesses behandelt worden, das Parlament habe nicht mitreden können.

Reis Luzhnica (SP) verwies auf die hitzigen Diskussionen in der Kommission, in der einige Fragen unbeantwortet geblieben seien. Trotzdem sprach er sich im Namen der SP für die Weisung aus. Markus Knauss (Grüne) betonte, die Helvetia sei sich ihrer sozialen Verantwortung bewusst gewesen – gerade gegenüber den bisherigen Altmieter:innen. Das Ganze sei eine vorbildliche Arbeit. Von einem Skandal, wie es die Bürgerlichen nannten, könne keine Rede sein.

Nach 30 Minuten und zahlreichen Wortmeldungen wurde die Weisung schliesslich mit 112 Ja-Stimmen und keiner Gegenstimme angenommen. Das Projekt gilt als möglicher Präzedenzfall für künftige Verhandlungen mit Grundstückseigentümer:innen.

«Man müsste meinen, in Zürich herrsche akute Gefahr, weil die Menschen keinen Zugang zu medizinischer Versorgung haben. Dabei ist das Gegenteil der Fall.»

David Ondraschek (Mitte)

AL fordert Gesundheitskioske

Der Zürcher Gemeinderat hat ein Postulat von David Garcia Nuñez, Tanja Maag und Moritz Bögli, alle von der Alternativen Liste (AL), knapp angenommen. Die drei verlangen darin, dass der Stadtrat prüft, ob die Einrichtung von Gesundheitskiosken möglich ist.

Die Gesundheitskioske sollen kostenlose, niederschwellige medizinische Beratung zu chronischen Krankheiten anbieten – ohne Terminvereinbarung und in mehreren Sprachen. Ziel ist, die medizinische Versorgung für sozial schwache Menschen zu verbessern. Das Konzept, das laut David Garcia Nuñez auf positiven Erfahrungen aus Deutschland basiert, soll Notfalldienste entlasten und die allgemeine Gesundheitsversorgung optimieren.

David Ondraschek (Mitte) stellte die Notwendigkeit solcher Kioske in Zürich in Frage. «Man müsste meinen, in Zürich herrsche akute Gefahr, weil die Menschen keinen Zugang zu medizinischer Versorgung haben», sagte Ondraschek. «Dabei ist das Gegenteil der Fall.» Auch Gesundheitsvorsteher Andreas Hauri (GLP) sah trotz Sympathie für die Idee keinen dringenden Bedarf, da der Zugang zur medizinischen Versorgung in Zürich bereits sehr gut sei.

Trotz dieser Einwände wurde das Postulat mit 59 zu 57 Stimmen angenommen, unterstützt von AL, SP und Grünen. Der Stadtrat ist nun beauftragt, die Idee der Gesundheitskioske zu prüfen.

Weitere Themen der Woche:

  • Zürcher Stadtrat klärt Fahrzeug-Abgabe an Prishtina ab: Der Zürcher Stadtrat soll prüfen, ob ausrangierte Abfallsammel- und kommunale Nutzfahrzeuge künftig in Prishtina eingesetzt werden können, ähnlich wie alte VBZ-Trams in Winnyzja. Die kosovarische Hauptstadt kämpfe mit einer maroden Infrastruktur und fehlenden Mitteln für Neuanschaffungen. Die Wiederverwendung von funktionstüchtigen Fahrzeugen aus Zürich könnte eine nachhaltige Lösung darstellen und die kommunalen Dienstleistungen in Prishtina verbessern, sagten die Initianten. Beat Oberholzer (GLP) kritisierte, dass die Fahrzeuge ausschliesslich nach Prishtina geliefert werden sollen. Die GLP forderte in einem Änderungsantrag, diese auch anderen Städten zugänglich zu machen, was jedoch von der FDP und der SP abgelehnt wurde. Die SVP äusserte Bedenken hinsichtlich der Umweltfreundlichkeit der Fahrzeuge, da sie als CO2-intensive Altlasten angesehen werden, die das Problem lediglich verlagern würden. Trotz der Kontroversen wurde der Antrag mit 101 Ja-Stimmen bei 12 Gegenstimmen angenommen und zur Prüfung an den Stadtrat weitergeleitet.
  • Keine Videokameras gegen Velodiebstähle am Bahnhof Oerlikon: Der Zürcher Gemeinderat hat ein Postulat zur Installation von Überwachungskameras im Veloabstellplatz der Unterführung am Bahnhof Oerlikon abgelehnt. Das Postulat von David Ondraschek und Benedikt Gerth (Die Mitte) zielte darauf ab, Velodiebstähle zu verhindern und aufzuklären. Zum ersten und einzigen Mal an diesem Mittwochabend stimmten mehr Personen dagegen als dafür, nämlich 70 Nein- zu 41 Ja-Stimmen. Grund für die Ablehnung waren vor allem datenschutzrechtliche Bedenken.

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