Gut fürs Klima, schlecht für die Stadtkasse – Petition fordert Werbeverbot in Zürich
Am Mittwoch diskutiert der Gemeinderat ein Werbeverbot in Zürich. Für eine Gruppe Aktivist:innen würde das einen Sieg fürs Klima bedeuten, für die Stadt 28 Millionen weniger im Kässeli.
Zürich ohne Werbeplakate – kannst du dir das vorstellen?
Geht es nach Laurène Descamps sähe so ihre ideale Stadt aus. Descamps ist Mitglied bei «Organize4SystemChange», einer Plattform, die Menschen dabei helfen soll, sich zu organisieren. Ihr neuestes Projekt: Das Bündnis «Zürich werbefrei».
«In Zeiten des Klimawandels sind Werbungen im öffentlichen Raum ein absurder künstlicher Treiber von Konsum», erklärt Descamps. Sieben Prozent der schweizweiten Emissionen der Schweiz, seien auf den Werbekonsum zurückzuführen, zu diesem Schluss kam eine Studie von Greenpeace.
Anders sah das der Stadtrat, der vor drei Wochen einen Vorstoss der AL für ein generelles Werbeverbot in der Stadt Zürich abgelehnte.
Als Reaktion auf diese Absage startete «Zürich werbefrei» eine Petition, mit der sie sich an Stadt- und Gemeinderat richten und ein Werbeverbot für die Stadt Zürich fordern.
Das Bündnis besteht aus Mitgliedern des Klimastreiks, der JUSO, der IG Plakat, sowie weiterer Organisationen. Fast 1300 Unterschriften sind innert der letzten drei Wochen zusammengekommen.
Und vielleicht klappt es ja jetzt: Diesen Mittwoch bespricht der Gemeinderat den Vorstoss der AL und somit, ob kommerzielle Werbung in der Stadt Zürich künftig verboten sein soll.
Werbeverbot im öffentlichen Raum
Der Vorstoss der AL will kommerzielle Werbung im öffentlichen Raum grösstenteils verbieten. Erlaubt wären nur noch Werbung für lokale kulturelle Veranstaltungen, politische Kampagnen oder die Beschriftung von Zürcher Geschäften.
«Ich finde es besser, wenn die Werbung dort ist, wo ich mich selbst dazu entscheide, sie zu konsumieren: in einer App oder in einer Zeitung.»
Laurène Descamps, Mitgründerin Bündnis «Zürich werbefrei».
Der Stadtrat begründete sein Nein unter anderem damit, dass ein Werbeverbot einen drastischen Einschnitt in die Wirtschaftsfreiheit bedeutete. Ausserdem würden der Stadt durch ein Verbot kommerzieller Werbung jährlich Einnahmen von rund 28 Millionen wegfallen. Geld, das auch in den Zürcher Verkehrsverbund (ZVV) fliesst.
Argumente, die für das Bündnis «Zürich werbefrei» nicht zählen, obwohl der öffentliche Verkehr davon profitiert. «Die Stadt sollte diesen Entscheid nicht von kommerziellen Interessen abhängig machen», sagt Laurène Descamps. 28 Millionen stünden in keinem Zusammenhang mit sieben Prozent Emissionseinbussen, auch wenn diese schweizweit gelten.
Sie sei auch keine Befürworterin, dass mehr Gelder in Form von Onlinewerbung zu Konzernen wie Google oder Meta fliesse, aber:«Dennoch finde ich es besser, wenn die Werbung dort ist, wo ich mich selbst dazu entscheide, sie zu konsumieren: in einer App, in einer Zeitung. Und nicht im öffentlichen Raum, wo alles zugepflastert ist mit Plakaten und ich mich diesen Inhalten gar nicht entziehen kann.» Städte wie Den Haag, São Paulo, Grenoble hätten diese Vorgaben bereits erfolgreich umgesetzt.
Stadt stoppt Ausbau von digitalen Aussenwerbeanlagen
Zürich wäre auch nicht die erste Schweizer Stadt, die ein Werbeverbot beschlossen hat: Im Frühling dieses Jahres sagte das Berner Stadtparlament bereits Ja zu einer ähnlichen Vorlage.
Doch egal, wie die Diskussion am Mittwoch ausgeht: Einen kleinen Sieg haben die Initiant:innen bereits errungen. Der Stadtrat entschied, dass er vorerst den Ausbau von neuen digitalen Aussenwerbeanlagen stoppen wird.
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