GLP zielt mit Frauenticket auf zweiten Stadtratssitz

Die Grünliberale Partei Zürich will bei den Wahlen 2026 einen zweiten Sitz im Stadtrat besetzen – mit einer Frau. Dazu hat sie am Freitagmorgen ihre Kandidatinnen vorgestellt. Serap Kahriman und Monica Sanesi, eine junge Gemeinderätin und eine erfahrene Kantonsrätin, bilden das Zweierticket.

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GLP-Wahlplakate für die Stadtratswahlen 2022. (Bild: Isabel Brun)

Die Grünliberale Partei Zürich (GLP) will bei den Stadtratswahlen 2026 zusätzlich zum Sitz von Andreas Hauri einen zweiten Sitz erobern. Die Kandidatinnen stehen fest: Gemeinderätin Serap Kahriman und Kantonsrätin Monica Sanesi. Dies gab die Partei am Freitagmorgen in einer Pressemitteilung bekannt.

Das interne Bewerbungsverfahren lief bis zum 31. Dezember. Die endgültige Empfehlung fällt am 20. März bei der Mitgliederversammlung.

Das Duo mit Kahriman und Sanesi repräsentiere Zürichs Vielfalt und bringe unterschiedliche Perspektiven in den Stadtrat, schreibt Marisa Kappeler-Schudel, Leiterin der Findungskommission und Vizepräsidentin der GLP Stadtpartei in der Medienmitteilung.

Der Zeitpunkt für den Vorstoss der GLP scheint günstig. Mit dem angekündigten Rückzug der Stadträte André Odermatt (SP) und Filippo Leutenegger (FDP) eröffnen sich neue Chancen. Selina Frey, Co-Präsidentin der GLP Zürich schätzt das Rennen um den Sitz als «sehr gut» ein. Mit diesen Kandidaten bringe die GLP frischen Wind, Vielfalt und Erfahrung in den Stadtrat.

«Beide sind in der Zürcher Politwelt bekannt. Ihre Positionen sind klar verankert und realitätsnah.»

Selina Frey, Co-Präsidentin GLP Zürich

Dass es sich um ein reines Frauenticket handelt, sei nicht allein auf das Geschlecht als Auswahlkriterium zurückzuführen, sagt Frey. «Wir hatten eine gute Auswahl an Kandidierenden. Unsere Entscheidung für zwei Frauen basiert auf ihrer herausragenden Qualifikation, nicht allein auf ihrem Geschlecht.» Die Hauptkriterien seien fundierte Kenntnisse der politischen Prozesse, Erfahrung in der Politik und nachgewiesene Führungskompetenzen. 

Frey hebt zudem die Bedeutung von Diversität hervor: «Der Migrationshintergrund unserer Kandidatinnen ist ein zusätzlicher Pluspunkt. Wir sehen darin eine Chance, die Vielfalt unserer Gesellschaft besser zu repräsentieren.» Gleichzeitig seien Kahriman und Sanesi keine «Blind Cards», sagt Frey. «Beide sind in der Zürcher Politwelt bekannt. Ihre Positionen sind klar verankert und realitätsnah.»

Serap Kahriman: Die Sozialliberale

Mit 34 Jahren ist Serap Kahriman die jüngere Kandidatin auf dem Ticket. Kahriman stammt aus der Türkei, wurde im Alter von 14 Jahren eingebürgert, absolvierte eine Lehre als Gärtnerin und schloss später ein Masterstudium der Rechtswissenschaften ab. 

Seit 2022 sitzt sie für die GLP im Gemeinderat. Schon damals strebte Kahriman einen Sitz im Stadtrat an, für die Junge GLP und ohne Rückendeckung der Mutterpartei. Trotzdem holte sie über 20'000 Stimmen – mehr als die beiden SVP-Kandidaten. 

Ebenfalls im Jahr 2022 scheiterte Kahriman mit der City-Maut-Initiative im Gemeinderat. Sie hält aber an der Idee des Mobility Pricing fest. Ob sie das Thema erneut auf die politische Agenda setzen wird, hänge davon ab, ob sich eine politische Mehrheit dafür abzeichne. Dies werde sie jedoch erst nach den Wahlen im nächsten Jahr genauer prüfen.

Serap Kahriman Gemeinderätin Zürich GLP
Serap Kahriman ist Gemeinderätin für die GLP im Kreis 11. (Bild: zvg)

Seit ihrer letzten Kandidatur hat sich Serap Kahrimans politisches Profil deutlich geschärft. Als Gemeinderätin präsidiert sie die Sachkommission des Finanzdepartements und leitet die Interessengruppe «Frauen des Gemeinderats». Nach der Geburt ihrer Tochter wechselte sie von einer Versicherung in die Schaffhauser Kantonsverwaltung, wo sie die Koordinationsstelle für Umweltschutz leitet. «Ich kenne die Verwaltung nun von innen und aussen», sagt sie. «Die vor vier Jahren gesäten Samen sind nun zu einer Pflanze herangewachsen, deren Früchte ich im kommenden Jahr hoffentlich ernten kann.»

Kahrimans Themenpalette reicht von der Einbürgerung ausländischer Kinder über den Schutz von Kindern in der digitalen Welt bis hin zu Verkehrsfragen, Nachhaltigkeit und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Auf die Frage, ob diese Themen nicht eher links seien – schliesslich sei sie früher selbst eine «klassische SP-Wählerin» gewesen – entgegnet Kahriman: «Eher progressiv und zukunftsgerichtet – typisch GLP.» Sie befürworte die soziale Verantwortung, setze aber auch auf Eigenverantwortung. 

«Mit 34 Jahren vertrete ich ein Drittel der Zürcher Bevölkerung», sagt Kahriman. «Ich bin jung, urban und stehe mitten im Leben. Viele Bürger:innen dürften sich in meiner Lebensrealität und meinen Anliegen wiederfinden.» 

Monica Sanesi: Die grüne Pragmatikerin

Monica Sanesi, 53 Jahre alt, ist seit 2019 Kantonsrätin und bringt als diplomierte Umweltnaturwissenschaftlerin der ETH ökologisches Fachwissen in den Wahlkampf ein. Sanesi leitete stellvertretend die Geschäfte des WWF Zürich und engagiert sich seit 2017 im Vorstand der GLP Kreis 11 und 12. «Die Aussicht, Zürich aktiv mitzugestalten, hat mich gereizt», sagt Sanesi. 

Sie hat klare Vorstellungen von Zürichs Herausforderungen, nennt die Wohn- und Verkehrssituation sowie den Bildungsbereich als dringende Handlungsfelder. «Das Schulsystem muss entschlackt werden.» Den Schulen würden zu viele Aufgaben aufgebürdet, was Lehrkräfte zunehmend überfordere, sagt Sanesi. Viele Lehrkräfte würden aufgrund der hohen psychischen und allgemeinen Belastung ihren Beruf aufgeben. Es müssten Lösungen gefunden werden, um Lehrpersonen im Beruf zu halten und ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern.

Sanesi ist Präsidentin von Secondas Zürich, einer Plattform, die sich für Gleichbehandlung, Chancengerechtigkeit sowie Mitsprache für Migrant:innen in Ausbildung, Beruf und Politik einsetzt. Als Schweizerin mit italienischen Wurzeln kämpft sie unter anderem dafür, dass mehr Personen mit Migrationshintergrund in der Politik vertreten sind. 

Monica Sanesi GLP Kantonsrätin Zürich
Monica Sanesi ist Co-Präsidentin der beiden Stadtkreise 11 und 12. (Bild: zvg)

Ein Anliegen war die Abschaffung der fünfjährigen Wartefrist für Stipendien für vorläufig aufgenommene Ausländer:innen. Obwohl der Zürcher Kantonsrat diese Massnahme angenommen hatte, wurde sie im vergangenen September vom Zürcher Stimmvolk abgelehnt.

Neben Bildung und Integration widmet sich Sanesi dem Umwelt- und Klimaschutz. Als Vorstandsmitglied des Verbunds Lebensraum Zürich engagiert sie sich für mehr Grünflächen und Biodiversität. «Grünraum in allen Formen und Farben», sagt Sanesi. Dabei denke sie nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich. 

Sanesi positioniert sich als pragmatische Grüne. Es gehe darum, ökologische Massnahmen dort umzusetzen, wo sie sinnvoll seien und sich auch wirtschaftlich lohnten, sagt sie. Und: «Ich bin sehr grün, aber die Grünen sind mir manchmal etwas zu grün.» 

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2025-01-07 Jenny Bargetzi Portrait-23 (1)

Bachelorstudium der Psychologie an der Universität Zürich und Masterstudium in Politischer Kommunikation an der Universität von Amsterdam. Einstieg in den Journalismus als Redaktionspraktikantin bei Tsüri.ch. Danach folgten Praktika bei der SRF Rundschau und dem Beobachter, anschliessend ein einjähriges Volontariat bei der Neuen Zürcher Zeitung. Nach einigen Monaten als freie Journalistin für den Beobachter und die «Zeitung» der Gessnerallee seit 2025 als Redaktorin zurück bei Tsüri.ch.

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