Gemeinderat der Woche: Markus Haselbach (Die Mitte)

Markus Haselbach wollte nach der Pensionierung noch etwas arbeiten und liess sich 2022 als Spitzenkandidat seiner Partei im Kreis 3 aufstellen. Seit seiner für ihn überraschenden Wahl setzt er sich im Gemeinderat vor allem als Vertreter von Quartieranliegen ein – wie aktuell bei der Zukunft des Albishofs.

Markus Haselbach, Gemeinderat Die Mitte
Lebt seit 45 Jahren im Kreis 3: Markus Haselbach. (Quelle: Steffen Kolberg)

Beinahe wäre aus Markus Haselbach ein Sozialdemokrat geworden. Vor 40 Jahren habe er sich einen Beitritt zur SP durchaus vorstellen können, so der heute 70-Jährige. «Dann brachte die Partei eine Anti-Banken-Initiative auf den Weg, und da wollte ich nicht mitmachen.» Denn Haselbach hatte damals gerade erst angefangen, selbst bei einer Bank zu arbeiten.

Stattdessen trat Haselbach der CVP bei. Zum einen, weil er aus einem katholisch geprägten Milieu aus dem Kanton St. Gallen stammt. Zum anderen, weil die Stadtzürcher CVP damals mit Willy Küng einen jungen, dynamischen Stadtrat aufweisen konnte, der die Partei von ihrem konservativen Image auf dem Land abgehoben habe, so Haselbach. Über die Umbenennung der CVP in «Die Mitte» im Jahr 2021 sei er froh: «Insbesondere in der Stadt kommt das sehr gut an.»

Es dauerte lange, bis Haselbach in ein politisches Amt kam. 2022 schaffte seine Partei nach vier Jahren den Wiedereinzug ins Stadtparlament und er gewann einen der sechs Fraktionssitze. Er habe nicht damit gerechnet, dass es im eher sozialdemokratisch geprägten Kreis 3 für einen Sitz reichen würde, erzählt er: «Ausserdem hätte ich gedacht, dass mein Alter eher ein Nachteil ist.»

Seit seinem Eintritt in den Rat ist Haselbach Mitglied der Rechnungsprüfungskommission, die sich mit dem städtischen Budget und der Jahresrechnung befasst. Ein Feld, das ihm als studierter Mathematiker liege, sagt er. Neben der Bearbeitung von Finanzthemen möchte Haselbach auch Anliegen des Kreis 3, in dem er seit 45 Jahren lebt und den er als Läufer auch für seine Nähe zu Uetliberg, Allmend und Sihltal schätzt, im Gemeinderat einbringen.

So brachte er ein Postulat mit ein, das eine Trennung von Velo- und Fussgänger:innen-Streifen in der Unterführung unter der Giesshübelbrücke an der Sihlpromenade forderte und das nach Textergänzungen alle Fraktionen unterstützten. In dieser Woche wurde ohne Diskussion ein Vorstoss an den Stadtrat überwiesen, den er zusammen mit Jehuda Spielman (FDP) und Rahel Habegger (SP) eingereicht hatte. Darin wird ein ausgebautes Spielangebot für Kleinkinder auf dem Spielplatz unterhalb des Bahnhofs Friesenberg gefordert.

Am meisten beschäftigt Haselbach momentan jedoch die Zukunft des Albishofs. Das Wärterhaus eines ehemaligen städtischen Wasserreservoirs, das von einer grossen Grünfläche umgeben ist, wird aktuell vom Jugendwohnnetz Juwo an Studierende vermietet. Quartierbewohner:innen haben die IG Albishof gegründet und dem Stadtrat eine Petition mit 1300 Unterschriften übergeben. Darin sprechen sie sich für den Erhalt von Gebäuden und Freifläche, für deren Nutzung als öffentlicher Begegnungsort und für eine Mitsprache der Anwohner:innen bei der weiteren Planung aus.

Er könne sich gut vorstellen, dass in den Räumen eine Aussenstelle des GZ Heuried entstehen könne, sagt Haselbach. Zusammen mit Beat Oberholzer (GLP) und Severin Meier (SP) reichte er eine Schriftliche Anfrage ein, um von der Stadt deren Pläne und Einschätzungen zur Liegenschaft zu erfahren. In der Antwort bleibt der Stadtrat recht vage, zeigt sich aber offen für die Ideen der IG Albishof. Haselbach sieht das positiv: «Die Stadt hat schon mal nicht gesagt, dass sie dort umzonen und Wohnungen bauen will.» Er bleibt am Thema dran und war kürzlich an der Gründung des Vereins Albishof beteiligt.

Haselbach selbst wohnt unweit des Albishofs in der Siedlung Brunaupark, welche die Credit Suisse abreissen und neu bauen will. «Das finde ich nicht sinnvoll und schade», sagt er. Er sei durchaus für eine gewisse Verdichtung, doch die müsse auch ressourcentechnisch Sinn machen. «Die Gebäude dort sind teilweise noch nicht einmal 30 Jahre alt. Besser, man bricht ein 100-jähriges Haus ab als ein 30-jähriges.»

Dass eine Mehrheit im Gemeinderat das Bauprojekt mit einer Gestaltungsplanpflicht hinauszögern konnte, sei für ihn persönlich zwar gut, so der Gemeinderat. Politisch unterstütze er dieses Vorhaben aber nicht: «Im Prinzip sollen Private und Pensionskassen ja bauen können. Eine nachträgliche Gestaltungsplanpflicht ist meiner Ansicht nach nicht rechtmässig.» Ein Sozialdemokrat hätte wahrscheinlich anders argumentiert.

Warum sind Sie Gemeinderat geworden?

Ich habe mich schon immer für Politik interessiert und seit langem in der Kreispartei mitgemacht. Doch neben Beruf und Familie wäre mir die Belastung durch ein politisches Amt zu viel gewesen. Nach der Pensionierung hatte ich Lust, doch noch etwas zu arbeiten. Weil 2022 im Kreis 3 niemand ganz vorne auf der Liste kandidieren wollte, habe ich mich als Spitzenkandidat zur Verfügung gestellt und wurde überraschend gewählt.

Mit welche:r Ratskolleg:in der Gegenseite würden Sie gerne mal ein Bier trinken gehen?

Den Umgang zwischen den Parlamentariern aller politischen Lager ausserhalb der Debatten finde ich meist sehr freundlich und angenehm. Ich wüsste niemanden, mit dem ich kein Bier trinken möchte. Weil sich in meinem Wohnquartier Anwohner:innen für einen Treffpunkt im Areal Albishof einsetzen, würde ich gerne mit Heidi Egger (SP) darüber reden, wie man einen Quartiertreff gründet und zum Leben erweckt.

Welches Abstimmungsergebnis hat Sie bisher am meisten geärgert?

Abstimmungsergebnisse ärgern mich nicht wirklich. Die Mehrheit entscheidet, das muss man akzeptieren. Etwas schade finde ich, dass bei den jetzigen Mehrheitsverhältnissen im Dezember bei der Budgetdebatte alle Jahre wieder eine massvolle Steuersenkung abgelehnt wird.

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