Gemeinderätin der Woche: Judith Boppart (SP)

Die Gemeinderätin ist bereits seit über zehn Jahren Mitglied bei der SP. Zur Politik hat sie aber ursprünglich durch eine Grüne gefunden, erzählt sie.

Judith Boppart, SP
(Bild: Steffen Kolberg)

Sieben Monate hätten sie den Wohnraumfonds in der Sachkommission Finanzdepartement diskutiert, erzählt Judith Boppart. Sie findet, er sei ein wichtiger Baustein, um günstige Wohnungen zu erhalten und zu erstellen. Ein weiterer sei die Einführung eines kommunalen Vorkaufsrechts, das ihre SP gerade mit einer kantonalen Initiative ermöglichen wolle. Seit 2012 ist sie in der Partei, und dass sie ausgerechnet in der Lokalpolitik gelandet sei, sei eigentlich dem Zufall zu verdanken, so Boppart. Nachdem dem Abschluss ihres Studiums der Sozialen Arbeit habe sie an einem Mentoringprogramm teilgenommen. Ihre Mentorin damals: Die Grüne Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber. Wegen ihr habe sich die heute 35-Jährige damals für ein parteipolitisches Engagement entschieden.

Obwohl ihre Mentorin bei den Grünen ist, trat sie der SP bei. Der Umweltschutz sei ihr zwar wichtig, meint sie: «Aber das Soziale ist bei mir schon sehr stark ausgeprägt.» Das hänge auch mit ihrer Berufserfahrung in der Sozialhilfe zusammen. Sieben Jahre hat sie dort gearbeitet, berichtet sie. Es sei eine wichtige Arbeit und «ein Job, der einem liegen muss».

Als sie dann vor fünf Jahren im Wahlkampf eine Veranstaltung zur Digitalisierung organisiert habe, habe sie gemerkt, dass sie gerne selbst den digitalen Wandel stärker mitbekommen und besser verstehen wolle. Sie machte einen beruflichen Abstecher ins Projekt- und Prozessmanagement, dann einen Master of Business Administration und ist heute als Business Analystin tätig. Den Kontakt zu ihrer ehemaligen Tätgkeit habe sie trotzdem nicht ganz verloren, erzählt sie: «Interessanterweise arbeite ich jetzt bei einer Firma, die die Software für die Sozialhilfeadministration macht.»

Auch bei ihr im Kreis 12 sei Wohnraum das wichtigste Thema, so Boppart, die seit 2020 im Gemeinderat sitzt. Sie berichtet von einer älteren Nachbarin, die vor kurzem pensioniert wurde und sich nun ihre Wohnung nicht mehr leisten könne. Wenn sie über das Thema Altersarmut spricht, fällt ihre politische Arbeit am Wohnraumfonds mit ihrer beruflichen Erfahrung in der Sozialhilfe zusammen: «Es liegt mir am Herzen, dass die Menschen mit tiefem Einkommen, die jetzt in einer günstigen, vieleicht 80-jährigen Wohnungl leben, die in den nächsten Jahren abgerissen wird, nicht wegziehen müssen. Und auch nicht auf die Sozialhilfe müssen, nur weil sie sich die überrissenen Mieten auf dem heutigen Markt nicht leisten können.»

Warum sind Sie Gemeinderätin geworden? Während meinem Studium und Auslandsaufenthalten habe ich gemerkt, dass wir alle mit ganz unterschiedlichen Chancen und Voraussetzungen ins Leben geboren werden. Es ist pures Glück, dass ich in der Schweiz in eine gute Familie hineingeboren wurde und nicht in einem Land, in dem Hunger oder Krieg herrscht. Darum engagiere ich mich politisch. Ich möchte, dass alle Menschen – egal, wo sie hineingeboren wurden – möglichst gute Lebensbedingungen haben. Mit welche:r Ratskolleg:in der Gegenseite würden Sie gerne mal ein Bier trinken gehen? Mit Stefan Urech, um ihn zu fragen, wie er es bei der SVP aushält. Nein, Scherz beiseite: Mit allen, die schon länger im Rat sind und so vieles unter einen Hut bringen, sei es Job, Gemeinderat und Familie oder weitere freiwillige Tätigkeiten. Ich bewundere deren Wissen und Engagement! Welches Abstimmungsergebnis hat Sie bisher am meisten geärgert? Die Abstimmung um das Tauschgeschäft mit Welti Furrer. Der Tausch kam sehr unausgeglichen von der Verwaltung daher, weil er noch in einer anderen Zeit ausgehandelt wurde. Aber die Grünen haben geschlafen und so gab es keine Mehrheit, auf einer fairen Anzahl preisgünstiger Wohnungen zu bestehen. Das war bitter. Ich habe daraus gelernt, dass ich nicht nur mit den Kommissionsdelegierten reden, sondern wenn nötig in ganzen Fraktionen weibeln muss.

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