Gegenvorschlag von Kommission

Leerkündigungen sollen reguliert werden – aber nur ein bisschen

Die Wohnschutz-Initiative will Leerkündigungen bei Sanierungen verhindern – und günstigen Wohnraum sichern. Die Kantonsratskommission blockt und bietet einen sanfteren Gegenvorschlag. Was heisst das für die Mieter:innen?

Eine Baustelle vor Wohnhäusern
Wie kann verhindert werden, dass bei Sanierungen allen Mieter:innen gekündigt wird? Darüber diskutiert der Kantonsrat. (Bild: Tsüri.ch)

Wird ein Haus saniert, heisst das für die Mieter:innen meist nichts Gutes: Kündigung, Wohnungssuche, Verdrängung. Solche Leerkündigungen will die Wohnschutz-Initiative verhindern, zumindest im Kanton Zürich. 

Doch die Volksinitiative aus dem Umfeld des Mieterinnen- und Mieterverbands (MV) hat am Donnerstag einen Rückschlag erlitten. Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) des Kantonsrates lehnt die Initiative ab und empfiehlt einen Gegenvorschlag, den Kritiker:innen als «wirkungslos» bezeichnen. 

Konkret, so steht es in der Medienmitteilung des Kantonsrates, will die bürgerliche Mehrheit nicht, dass Sanierungen oder Umbauten künftig eine Bewilligung brauchen und Mieten danach nur noch begrenzt steigen dürfen. 

Für Mieter:innen in Zürich bedeutet der Gegenvorschlag: Wer in einer grossen Überbauung wohnt und von einer Sanierung betroffen ist, soll frühzeitig informiert werden – mindestens ein Jahr im Voraus. Es soll eine Kontaktperson geben und Hilfe bei der Wohnungssuche. 

Linke Minderheit hält an Initiative fest

Es sei «reines Wunschdenken», schreibt der MV in einer Medienmitteilung, dass diese Idee gegen Leerkündigungen helfe: «Wenn Immobilienfirmen ein finanzielles Interesse haben, bauliche Massnahmen in bewohntem Zustand oder gestaffelt durchzuführen, werden sie das tun.» 

Die Mehrheit aus FDP, SVP, GLP und Mitte argumentieren entlang der klassischen bürgerlichen Linie: Würde die Initiative angenommen, sei dies ein Eingriff in die Eigentumsfreiheit und zusätzliche Vorschriften würden den Bau von neuen Wohnungen verhindern. Die Folge wären steigende Mieten. 

Eine Minderheit in der Kommission befürchtet allerdings, dass der Gegenvorschlag wirkungslos bleiben würde. Stattdessen bringen SP, AL, EVP und Grüne einen eigenen Vorschlag ins Spiel: Liegenschaften mit insgesamt weniger als 20 Wohneinheiten und Sanierungen sollen von der Bewilligungspflicht ausgenommen bleiben. 

Am liebsten hätten die linken Parteien gar keinen Gegenvorschlag, sondern die Initiative in ihrer Reinform.

Noch ist der Entscheid der Kommission nicht definitiv: Zuerst muss der gesamte Kantonsrat eine Position finden, danach entscheidet das Stimmvolk. 

Aktuell läuft die Debatte rund um die Wohnpolitik heiss. Denn neben dieser Wohnschutz-Initiative stimmt die Bevölkerung des Kantons Zürich in den kommenden Monaten noch über weitere Initiativen ab. All diese Volksbegehren wollen die Wohnkrise in den Griff bekommen, jedoch mit sehr unterschiedlichen Instrumenten. Die Übersicht gibt es hier.

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simon

An der Universität Zürich hat Simon Politikwissenschaften und Publizistik studiert. Nach einem Praktikum bei Watson machte er sich selbstständig und hat zusammen mit einer Gruppe von motivierten Journalist:innen 2015 Tsüri.ch gegründet und vorangetrieben. Seit 2023 teilt er die Geschäftsleitung mit Elio und Nina. Sein Engagement für die Branche geht über die Stadtgrenze hinaus: Er ist Gründungsmitglied und Co-Präsident des Verbands Medien mit Zukunft und macht sich dort für die Zukunft dieser Branche stark. Zudem ist er Vize-Präsident des Gönnervereins für den Presserat und Jury-Mitglied des Zürcher Journalistenpreises. 2024 wurde er zum Lokaljournalist des Jahres gewählt.

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