Ein Postfach gegen Papierlose

Ein finanzstarker Verein in der Stadt Zürich setzt sich sowohl gegen die Richtpläne als auch gegen die «Züri-City-Card» ein. Wer steckt dahinter? Die Spuren führen zum Hauseigentümerverband Kanton Zürich. Dort schweigt man lieber.

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Bild: P.S. Zeitung

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Text: Simon Muster

Der «Bund der besorgten Bürgerinnen und Bürger» ist – der Name lässt es vermuten – besorgt. Mit der Einführung der «Züri-City-Card» will der Stadtrat ein offizielles Ausweisdokument schaffen, mit dem sich alle Stadtzürcher:innen ausweisen können.

So sollen Sans-Papiers einfacher Zugang zu städtischen Dienstleistungen erhalten und einfacher am öffentlichen Leben teilnehmen. Die besorgten Bürger:innen befürchten hingegen die Scheinlegalisierung von «illegal anwesenden Ausländern». Deswegen haben sie das Referendum ergriffen: Die nötigen Unterschriften hat das Komitee Anfang Monat eingereicht.

Im Komitee gegen die Vorlage des Stadtrats engagieren sich neben Vertreter:innen der SVP und FDP auch drei Vorstandsmitglieder des Hauseigentümerverbands Kanton Zürich: Direktor Albert Leiser, Gregor Rutz und Yasmine Bourgeois. Wie sich jetzt aber he­rausstellt, spielt der HEV Kanton Zürich wohl noch eine zentralere Rolle im Kampf gegen die «Züri City-Card», als bisher angenommen.

Besorgte Hauseigentümer:innen?

Spannendes verrät nämlich die Postadresse des Komitees auf der Webseite: «Bund der besorgten Bürgerinnen und Bürger, Referendum ‹Züri-City-Card›, Postfach 1082, 8038 Zürich.»

Das Postfach 1082 in Wollishofen taucht nicht das erste Mal in einem Abstimmungskampf in der Stadt Zürich auf. Bereits 2015 nutzte das überparteiliche Komitee «Nein zu Luxuswohnungen auf Kosten der Allgemeinheit» das Postfach als Adresse. Das zeigt ein Inserat in der Ausgabe der Quartierzeitung «Höngger» vom 11. Juni 2015. Damals wollten die bürgerlichen Parteien zusammen mit dem Hauseigentümerverband verhindern, dass die Stadt auf dem Hornbachareal eine Siedlung mit gemeinnützigem Wohnraum baut.

Doch das Komitee scheiterte, heute bietet die Siedlung 125 Wohnungen nach dem Kostenmiete-Prinzip an. Wie üblich löste sich das Komitee in der Folge auf, doch das Postfach 1082 blieb bestehen. Steckt also der HEV hinter dem Postfach 1082 und somit auch hinter dem «Bund der besorgten Bürgerinnen und Bürger»?

Sowohl die erwähnten Kampagnen, das Engagement von HEV-Vorstandsmitgliedern als auch ein Ausschlussverfahren lassen kaum einen anderen Schluss zu: Keiner der üblichen Verdächtigen – SVP, FDP oder Gewerbeverband – hat seine Geschäftsstelle in Wollishofen, der HEV Kanton Zürich schon.

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Und auch ein Inserat im ‹Tagblatt der Stadt Zürich›, das vom «Bund der besorgten Bürgerinnen und Bürger» gebucht wurde, weist auf den HEV Zürich hin. Vergangene Woche stand dort plakativ: «Die Stadt Zürich gerät aus den Fugen.» Gemeint sind die beiden Richtpläne, über die die Stadt Zürich am Sonntag abstimmt und die der HEV bekämpft.

Den zweiseitigen Umschlag – also die Vorder- und Rückseite vor der Titelseite – kann gemäss Tarifblatt nur im Doppelpack gekauft werden. Kostenpunkt: 21'170 Franken. Auf der Rückseite des Inserats gegen die Richtpläne inseriert das Komitee gegen das Energiegesetz im Kanton Zürich. Die Adresse des Komitees: die Geschäftsstelle des HEV Kanton Zürich.

Schreiben Sie, was Sie wollen. Ich dementiere dann später alles.

Albert Leiser, Hauseigentümerverband Kanton Zürich

Wenn der HEV Kanton Zürich tatsächlich sein Postfach dem Referendum gegen die «Züri-City-Card» zur Verfügung stellt, steht das womöglich auch in einem Konflikt mit den eigenen Statuten. Der Vereinszweck legt nämlich fest, zu welchen politischen Themen sich der Verein engagieren soll. «Stellungnahme zu bestehenden und neuen Gesetzen, Verordnungen und behördlichen Vorschriften, vorwiegend auf kantonaler Ebene, die das private Grundeigentum berühren.»

Die Züri-City-Card fällt kaum darunter. Offen bleibt auch, ob der HEV sich auch finanziell am Referendum gegen die «Züri-City-Card» beteiligt, entweder direkt oder indirekt über den «Bund der besorgten Bürgerinnen und Bürger.»

P.S. hat HEV-Direktor Albert Leiser telefonisch Fragen zum Postfach 1082 und zum «Bund der besorgten Bürgerinnen und Bürger» gestellt sowie alle hier erhobenen Vorwürfe per E-Mail zur Stellungnahme zugeschickt. Während des ersten Gesprächs bestätigt Leiser, dass hinter dem Bund «vereinzelte Mitglieder» des HEV Kanton Zürich stehen. Er könne allerdings nicht sagen, ob das Postfach 1082 und jenes des HEV Kanton Zürich das Gleiche ist.

Als P.S. die Zitate wie abgemacht zur Autorisierung schickt, meldet sich der HEV-Direktor bis zur Frist nicht. Auf erneute telefonische Nachfrage Anfang Woche möchte Leiser keine Stellung nehmen – weder zu den Fragen noch zu seinen früheren Aussagen: «Schreiben Sie, was Sie wollen. Ich dementiere dann später alles.»

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