Budget für 2026

600 oder 0 Millionen? Parteien feilschen um Geld für städtische Landkäufe

Im laufenden Jahr hat die Stadt Zürich ihr Budget für Landkäufe nur zur Hälfte ausgegeben. Trotzdem fordert die SP für 2026 gleich viel Geld. Die FDP hingegen will «nicht zwingend notwendige» Ausgaben verhindern. Hier kommen die vier drängendsten Fragen zur Drittelsziel-Debatte.

Wie viel Geld soll die Stadt 2026 für Liegenschaften ausgeben dürfen? Diese Frage wird am Mittwoch im Gemeinderat diskutiert. (Bild: Isabel Brun)

Am Mittwoch legt der Zürcher Gemeinderat das Budget für 2026 fest. Darin enthalten ist auch der Betrag, der die Stadt nächstes Jahr für Grundstückskäufe zur Verfügung haben wird. Mit diesem Geld soll sie Liegenschaften erwerben und damit den Anteil an gemeinnützigen Mietwohnungen bis 2050 auf ein Drittel erhöhen. 

Während die FDP das Geld lieber sparen und die Prioritäten neu setzen will, fordert die SP, dass die Stadt auch im nächsten Jahr 600 Millionen für Liegenschaften ausgeben kann. Zudem sollen künftig Restbeträge auch noch in den Folgejahren eingesetzt werden können. 

Wir klären die vier wichtigsten Fragen zur bevorstehenden Debatte.

Die SP möchte erneut 600 Millionen Franken in Grundstücke investieren. Wieso?

Seit 2021 kann die Stadt eigenhändig Grundstücke kaufen. Dafür standen ihr zunächst 500 Millionen, seit dem laufenden Jahr 600 Millionen Franken zur Verfügung. Dieser Betrag soll die Stadt auch 2026 einsetzen können, um dem Drittelsziel näherzukommen, fordert die SP in einem Postulat. Denn dieses könne nur umgesetzt werden, wenn die Stadt «in erheblichem Umfang Liegenschaften kauft», heisst es im entsprechenden Postulat.  

Sowohl Steuerzahler:innen als auch alle Mieter:innen in Zürich profitieren laut der SP von der Fortführung der Investitionen in Grundstücke – indem die sogenannte Vergleichsmiete sinkt. Das ist der übliche Mietpreis ähnlicher Wohnungen in derselben Gegend, an dem sich Vermieter:innen und Gerichte orientieren.

Warum fordert die FDP eine neue Prioritätensetzung?

Weil sich der Schuldenberg der Stadt anhäuft, fordert die FDP in einem Postulat eine finanzpolitische Re-Priorisierung. Die Partei will deshalb von den Verantwortlichen wissen, wie künftig auf die «nicht zwingend notwendigen Liegenschaftskäufe» verzichtet werden kann.

Diese würden keinen finanziellen oder gesellschaftlichen Mehrwert liefern: «Liegenschaftskäufe stellen häufig grosse Einmalinvestitionen dar, die zwar langfristige strategische Vorteile bieten können, in der aktuellen Finanzlage jedoch die Verschuldung erhöhen, ohne kurzfristig Entlastung oder zwingenden Nutzen zu schaffen», so das Argument.

Ein temporärer Verzicht oder eine Zurückhaltung könnte es gemäss der FDP ermöglichen, die Bilanz zu stabilisieren und «Ressourcen auf Kernaufgaben zu konzentrieren».

Wie kommt es, dass die Stadt 2025 nur etwas mehr als die Hälfte des Betrags ausgegeben hat?

Während die Stadt in den letzten Jahren das Budget für Liegenschaftskäufe aufgebraucht hat, gab sie 2025 nur 275 Millionen Franken von insgesamt 500 Millionen aus. Neun Grundstücke gingen in den letzten Monaten in die Hände der Stadt über.

MFO Areal Stadt Zürich
Das Areal MFO-West in Oerlikon war 2025 mit 123 Millionen Franken die grösste Investition der Stadt. (Bild: Stadt Zürich/jakobundbertschi.ch)

Dass am Ende des Jahres noch Geld übrig bleibt, liege daran, dass man nur dort Käufe tätige, wo sie «strategisch sinnvoll» seien und zu «den sozialen Zielen angemessenen Mieten» führten, schreibt Kornel Ringli von Liegenschaften Stadt Zürich (LSZ) auf Anfrage. Damit seien Objekte gemeint, die beispielsweise aufgrund ihrer Lage oder ihres Entwicklungspotenzials einen langfristigen städtischen Nutzen bieten und eine möglichst grosse Wirkung im Hinblick auf das Drittelsziel würden.

Für die Bewertung von Kaufangeboten ist laut Ringli eine unabhängige Schätzungskommission zuständig. Diese beziehe diverse Faktoren wie Lage, Zustand, Nutzungspotenzial, Umfeld und Bauzone ein. Auf eine fixe Quadratmeterpreisgrenze verzichte die Stadt, weil die Grundstückspreise aufgrund Anpassungen des Referenzzinssatzes schwankten. «Eine öffentliche Preislimite würde zudem die städtische Verhandlungsposition schwächen», so Ringli.

Unabhängig von den Gründen für den hohen Restbetrag, fordert die SP den Stadtrat auf zu prüfen, wie der verfügbare Betrag künftig vollständig genutzt werden kann. Weiter sollen Unterschreitungen in Folgejahren kompensiert werden können, heisst es in der Forderung.

Weshalb soll die Stadt überhaupt Grundstücke kaufen?

Dass die Stadt heute überhaupt Land kaufen kann, geht auf die Volksinitiative «Bezahlbare Wohnungen für Zürich» aus dem Jahr 2011 zurück. Damals sagte die Stadtzürcher Stimmbevölkerung Ja zum Drittelsziel. Dieses sieht vor, dass ein Drittel aller Mietwohnungen in Zürich gemeinnützig sind. 

Der Stadtrat berichtet alle paar Jahre über den aktuellen Stand der Umsetzung. Doch diese geht nur harzig voran: Per Ende 2023 betrug der Anteil gemeinnütziger Wohnungen am Mietwohnungsbestand 27 Prozent. Um das Ziel wie geplant bis 2050 zu erreichen, seien neue Instrumente auf übergeordneter Ebene notwendig, heisst es in der Medienmitteilung der Stadt von Dezember 2024.

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isabel

Ausbildung zur tiermedizinischen Praxisassistentin bei der Tierklinik Obergrund Luzern. Danach zweiter Bildungsweg via Kommunikationsstudium an der ZHAW. Praktikum bei Tsüri.ch 2019, dabei das Herz an den Lokaljournalismus verloren und in Zürich geblieben. Seit Anfang 2025 in der Rolle als Redaktionsleiterin. Zudem Teilzeit im Sozialmarketing bei Interprise angestellt.  

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