Das Zürcher Protestfieber – Zahlen und Fakten
2020 wurden in der Stadt Zürich insgesamt 267 Demonstrationen und Kundgebungen durchgeführt – ein deutlicher Anstieg. Für welche Anliegen wird auf den Zürcher Strassen gekämpft? Und wo werden sie gehört? Das Zürcher Protestfieber in Zahlen und Fakten.
Kundgebungen finden auf einem öffentlichen Platz statt, wo Menschen ihre Meinung kundgeben. Zürichs beliebtester Platz für Kundgebungen war im vergangenen Jahr der Stauffacher. 23-mal wurden dort Stimmen für diverse politische Anliegen laut. Der Helvetiaplatz mit 20 und die Rathausbrücke mit 19 Kundgebungen sind ihm dabei dicht auf den Fersen. Auch auf der Weinbergstrasse wurde vergangenes Jahr 16-mal und am Bellevue 9-mal für politische Anliegen eingestanden. Demonstrationen finden im Gegensatz zu Kundgebungen in Form eines Marsches statt. Wenn eine Organisation oder eine Privatperson eine Kundgebung oder eine Demonstration durchführen möchte, dann muss zuerst eine Bewilligung bei der Stadtpolizei Zürich eingeholt werden. Im vergangenen Jahr wurden 74 Demonstrationen in der Stadt Zürich durchgeführt. Davon waren 42, also mehr als die Hälfte, nicht bewilligt. Anders sieht das Verhältnis bei den Kundgebungen aus: Im Jahr 2020 wurden 193 Kundgebungen abgehalten, wovon knapp ein Drittel nicht bewilligt war.
Aktivismus – wo sind die Grenzen?
Dass die Stadtpolizei eine Anfrage für eine Demonstration oder eine Kundgebung nicht gutheisst, kann verschiedene Gründe haben. «Wenn wir feststellen, dass Organisationen mit im Grundsatz komplett gegensätzlichen Anliegen zur selben Zeit am selben Ort eine Standaktionen machen möchten, suchen wir mit der Organisation das Gespräch, die als Zweite das Gesuch eingereicht hat. Es gilt nach Lösungen zu suchen, sei es, indem wir die Zeit oder die Örtlichkeit der Aktion ändern», sagt Marc Surber, Mediensprecher der Stadtpolizei Zürich. Dieses Jahr hätte die Pandemie dazu geführt, dass viele Anfragen für Demonstrationen und Kundgebungen nicht bewilligt wurden. «Die Vorgaben des Bundes und des Kantons haben immer wieder geändert. Teilweise waren lediglich fünf Personen an einer Kundgebung zulässig – also konnten wir die Anfragen aufgrund der Covid-Verordnung nicht bewilligen.» Surber fasst zusammen, dass grundsätzlich alle Demonstrationen und Kundgebungen bewilligt werden, solange sie keinen Aufruf zur Gewalt kundtun.
Sehen wir uns die Zahlen und Fakten etwas genauer an. Wie viele Anfragen für Demonstrationen und Kundgebungen gingen im vergangenen Jahr bei der Stadtpolizei ein? Und wie viele davon wurden bewilligt? Ein Blick auf die von der Stadtpolizei Zürich geführte Statistik gibt Aufschluss darüber. Die Stadtpolizei Zürich hält diejenigen Veranstaltungen fest, die dann auch effektiv durchgeführt wurden, ob eine Bewilligung vorlag oder nicht. Anfragen zu möglichen Demonstrationen oder Kundgebungen werden nicht statistisch festgehalten. Auch darf sie den Namen der Veranstaltenden, beispielsweise der Firma, des Vereins, der Organisation oder der Privatperson aus Datenschutzgründen nicht bekannt geben. Die Anliegen der Initiant:innen sind jedoch öffentlich und in der Statistik festgehalten.
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(Quelle Infografiken: Stadtpolizei Zürich)
Grosses Anliegen: Klimaschutz und Frauenrechte
Für welche Anliegen wurde 2020 demonstriert? Drei thematische Schwerpunkte lassen sich feststellen: Der Klimaschutz (wobei hier auch die Velo-Demonstrationen mitzählen), Frauenrechte und kurdische Anliegen. Ebenfalls grossen Anklang fanden die Black Lives Matter Demonstrationen, die im Sommer stattfanden. Aus einem Protokoll des Zürcher Stadtrats geht hervor, dass die Anzahl Demonstrationen und Kundgebungen in den letzten Jahren stark zugenommen hat. Waren es 2015 noch 61 Demonstrationen und 132 Kundgebungen, sind es im Jahr 2019 bereits 99 Demonstrationen beziehungsweise 196 Kundgebungen.
Im Jahr 2018 waren es sogar 232 Kundgebungen – genau 100 mehr als drei Jahre zuvor. Aus dem Protokoll geht ebenfalls hervor, dass die Stadt Zürich davon ausgeht, dass die Anzahl Kundgebungen und Demonstrationen in den nächsten Jahren auf einem hohen Niveau bleibt. Tendenz steigend. Gründe für diese Annahme sieht die Stadt in der erhöhten Sensibilisierung und Mobilbereitschaft von bestimmten Gruppierungen und Personenkreisen hinsichtlich den verschiedenen nationalen und internationalen Themen und die weltweit politische Lage, die in der Schweiz bewegen. «Dank der neuen Kommunikationsmittel ist es sehr viel einfacher geworden, auch spontan viele Gleichgesinnte an einem Ort zu versammeln. Aufrufe zu Kundgebungen und Demonstrationen können über Social-Media-Plattformen vielfach geteilt und verbreitet werden», heisst es im Schreiben weiter. Doch: Werden die Aktivist:innen auch gehört? Erzielen ihre Forderungen Wirkung in der Schweizer Politik? Dieser Frage sind wir in diesem Artikel nachgegangen.
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