Gemeinderat der Woche: Patrik Brunner (FDP)

Als Patrik Brunner neu in den Gemeinderat kam, war er nicht begeistert, ausgerechnet in die Sozialkommission zu kommen. Doch die Sozialpolitik habe angefangen, ihm zu gefallen, erzählt er. So sehr, dass er nun für zwei Jahre das Präsidium der Kommission übernimmt.

Patrik Brunner, Gemeinderat FDP
Autobahn statt thailändischer Sandstrand: Berufsschullehrer Patrik Brunner in seinem Klassenzimmer in Altstetten. (Bild: Steffen Kolberg)

Hinter den strengen Fassaden der Gebäude in Altstetten Nord finden sich nicht nur Büros und Gewerberäume. Hier hat auch die Zürcher Berufsschule für Detailhandel und Pharmazie ihre Zweigstelle. Und in dieser unterrichtet FDP-Gemeinderat Patrik Brunner. Der 41-Jährige ist selbst gelernter Detailhandelsangestellter, erwarb nach seiner Ausbildung die Berufsmaturität und studierte Business Administration in Zürich und Luzern. In den Job als Berufsschullehrer sei er hineingerutscht, weil er neben dem Studium Geld gebraucht habe, erzählt er. Stecken geblieben ist er seit inzwischen 17 Jahren.

Er habe damals die Wahl zwischen einem Jobangebot in Thailand und einer Erhöhung des Berufsschul-Pensums gehabt und sich für letzteres entschieden. Die Arbeit als Berufsschullehrer sei eine Berufung und kein Beruf, sagt er. Brunner schwärmt vom schweizerischen Lehrlingssytem, dessen Verknüpfung von praktischer Tätigkeit mit der Vermittlung komplexer Hintergrundmaterie weltweit einzigartig sei.

«So wichtig bin ich nun auch nicht, dass es mich überall braucht.»

Patrik Brunner

Doch das Lehrerdasein ist bei weitem nicht alles, was Brunner umtreibt. Er ist auch Mitinhaber einer Marketing-Agentur und zudem in mehreren Gremien und Funktionen der FDP Stadt Zürich aktiv. «Ich habe mindestens einen 12-Stunden-Tag», erzählt er. «Manchmal sind es auch 18 Stunden.»

Seit 2017 ist Brunner Wahlkampfleiter der städtischen FDP und als solcher vor allem mit dem digitalen Auftritt seiner Partei betraut. Als Mitglied des Parteiausschusses kümmert er sich ausserdem um die laufenden Geschäfte. Seit kurzem ist er Vizepräsident der Stadtpartei. Dafür gab er nach acht Jahren seinen Posten als Präsident der FDP Kreis 6 ab. «Als Amtsträger sollte man den Zeitpunkt seines Abgangs nicht verpassen», sagt er. «Und so wichtig bin ich nun auch nicht, dass es mich überall braucht.»

«Thematisch konnte mir nichts weiter entfernt sein als die Sozialpolitik», schrieb Brunner kürzlich auf seinem eigenen Blog in der Rückschau. Als er bei seinem Nachrücken in den Gemeinderat 2021 in der Sozialkommission landete, habe er für seine Fraktion eine Lücke gefüllt, erinnert er sich: «Ich war zunächst nicht begeistert, wenn ich ehrlich bin. Aber es fing an, mir zu gefallen. Sehr sogar.»

Der Sozialstaat ist Brunner wichtig, natürlich in klassisch liberaler Ausprägung: «Es braucht ein Netz, das die Schwächsten auffängt. Nur, wie gross die Maschen sind, ist der ewige Diskussionspunkt.» Aus seiner Sicht müsse Sozialpolitik nicht nur den Schwächsten helfen, sondern auch Wege aufzeigen, die Eigenverantwortung wahrzunehmen. Manchmal sei es auch wichtig, Menschen durch die Maschen fallen zu lassen, ihnen dann aber auch Unterstützung anzubieten, um wieder auf die Beine zu kommen.

Nicht nur die Themen, auch die Mitglieder der Sozialkommission seien spannend, so der FDPler. Er treffe dort auf ehrliche Gegenspieler:innen und wenig Intriganz und Scheinargumente. Auch Stadtrat Raphael Golta (SP) habe eine starke Meinung, die er ehrlich vertrete. «Auf diesem Niveau arbeite ich gern, da macht die Auseinandersetzung Spass.» So viel Spass, dass es Brunner dazu verleitet hat, ein weiteres Amt anzunehmen: Ab dieser Woche leitet er die Kommission zwei Jahre lang als Präsident.

«Am meisten geärgert haben mich bisher die Vorstösse der AL zum Werbeverbot.»

Patrik Brunner

Warum sind Sie Gemeinderat geworden?

Ich war schon immer politisch interessiert, schon in meiner Primarschulzeit hat mich die EWR-Diskussion mit Christoph Blocher im Fernsehen interessiert. Für mich war immer klar, dass ich mich nach dem Grundstudium politisch bei der FDP engagieren will. Das tat ich auch, und danach folgte die politische Ochsentour durch die Parteiämter. Die Legislative ist für mich ein sehr spannender Ort und ich fühle mich sehr geehrt, dass es 2021 mit dem Nachrücken in den Gemeinderat geklappt hat.

Mit welche:r Ratskolleg:in der politischen Gegenseite würden Sie gerne mal ein Bier trinken gehen?

Ich trinke keinen Alkohol und bin auch sonst nicht der Apéro-Typ. Bei mir wäre es darum eher ein Cola, und das könnte ich mir mit vielen aus dem Rat vorstellen. Ich beschäftige mich gedanklich gerade viel mit der Prostitution in der Stadt, und da würde mich die Meinung von Anna-Beatrice Schmaltz (Grüne) interessieren. Sie ist eine interessante Persönlichkeit und wir haben in der Kommission schon bei einigen Themen zusammengearbeitet. Ich glaube, sie hat bei dem Thema etwas zu sagen und eine Sichtweise, die die meine ergänzen könnte.

Welches Abstimmungsergebnis hat Sie bisher am meisten geärgert?

Als Bürgerlicher ist es ja eine «never ending Story» mit Ärgernissen in der städtischen Politik. Doch am meisten geärgert haben mich bisher die Vorstösse der AL zum Werbeverbot. Das greift mich in meinen Werten und meiner beruflichen Haltung an. Nur schon die Diskussion zum Postulat gegen den weiteren Ausbau von Werbeflächen hat mich zur Weissglut getrieben. Ich fand es auch verlogen, sich hinter Argumenten zum Energieverbrauch von digitalen Werbeflächen zu verstecken, wo es ja eigentlich um eine kommunistische, werbefeindliche Haltung geht. Mir ist völlig unverständlich, wie die SP da mitmachen konnte, geht es doch um die Vernichtung eines ganzen Wirtschaftszweigs, in dem noch dazu viele eher linke Leute arbeiten.

Mir graust schon vor der Debatte zur neuen AL-Motion für ein umfassendes Werbeverbot. Dabei wird aus meiner Sicht ganz klar die freie Meinungsäusserung angegriffen: Heute kann ich irgendwas auf ein Plakat drucken, egal, ob es ein Seich ist. Nachher bestimmen die Linken, was okay ist und was nicht. Das sieht man schon in der Begründung zu Motion, wo Ausnahmen vom Verbot festgelegt werden. Das ist der Anfang vom Ende der Demokratie.

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