Gemeinderats-Briefing #54: Drogen auf der Bäckeranlage

Das Gemeinderats-Briefing ist das wöchentliche Update aus dem politischen Herzen Zürichs. Was diese Woche wichtig war: Drogen auf der Bäckeranlage, Spenden vom Flughafen Zürich und einige Personalwechsel.

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Illustration: Zana Selimi (Bild: Zana Selimi)

Seit wir Mitte August über die neue Drogenszene auf der Bäckeranlage berichtet haben, dreht das mediale und politische Karussell immer schneller. Gestern wurde nun das dringliche Postulat der SVP diskutiert. Alle haben Angst vor einer offenen Drogenszene. Die Situation sei schon fast so schlimm, wie früher beim Platzspitz, behauptete der Postulant Michele Romanoglo (SVP). Die Stadt müsse für Sicherheit sorgen und allenfalls auch private Sicherheitsleute engagieren, um die Anwohnenden und die Schulen zu schützen. Die Drogenkonsument:innen sollen «rigoros» vom Platz verwiesen werden und ausserdem müsse eine neue Kontakt- und Anlaufstelle (K&A) eröffnet werden. 

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Seit die Kontakt- und Anlaufstelle auf der Kaserne geschlossen wurde, nimmt der Konsum im öffentlichen Raum zu. (Bild: Noëmi Laux)

Die Liste der Redner:innen schien kurz zu eskalieren. Alle Parteien wollten sich dazu äussern, manche sogar mehrfach. Niemand behauptete, es gäbe kein Problem auf der Bäckeranlage. Mehrfach und von verschiedenen Parteien wurde eine neue K&A gefordert, wo Süchtige sicher konsumieren und betreut werden können. Bis es soweit ist, brachte Moritz Bögli (AL) eine Übergangslösung ins Spiel, ohne diese weiter zu konkretisieren. 

Die berühmte Viersäulenpolitik soll von der Stadt wieder intensiviert werden: Prävention, Therapie, Schadensminderung und Repression. Ausser der SVP wollte also niemand ausschliesslich auf mehr Polizeipräsenz setzen. 

Stadträtin Karin Rykart (Grüne) betonte, dass die Auflösung und Vertreibung der Szene das Problem nicht lösen, sondern nur nochmals verlagern würde. Die Polizei sei bereits viel öfters auf der Bäckeranlage unterwegs, es werde intensiv kontrolliert und Personen würden verzeigt und weggewiesen. 

«Die Leidtragenden sind die Süchtigen» fasst Anna Béatrice Schmaltz von den Grünen die Situation zusammen. Eine schnelle Lösung wollen alle, bis die Kontakt- und Anlaufstelle wiedereröffnet wird, wird es diese aber kaum geben. 

Die Mehrheit lehnte das Postulat der SVP ab, weil es den Linken und Grünen, trotz abschwächender Textänderung zu sehr den Fokus auf die Repression lege.

Kein Geld mehr vom Flughafen?

Parteien, die sich im Kantonsrat für eine «nachfrageorientierte Luftfahrtpolitik bekennen», bekommen Geld. Und zwar nicht von irgendwem, sondern von der Flughafen AG; die zu 33 Prozent dem Kanton und zu 5 Prozent der Stadt gehört. Welche Parteien das Kässeli gefüllt bekommen, ist nicht abschliessend bekannt, es dürfte sich aber neben der FDP auch um die SVP handeln. 

Im Frühling wurde Kritik an diesen Spenden laut, nun hat der Gemeinderat ein Postulat von Florian Utz (SP) und Nicolas Cavalli (GLP) überwiesen, das diese Parteispenden verhindern will. Wenn der Flughafen politisch genehme Parteien finanziell unterstütze, zähle nicht mehr das beste Argument, sondern das dickste Portemonnaie, so Utz. Damit finanziere die Firma mit öffentlichen Geldern die Abstimmungskampagne für die Pistenverlängerung: «Das ist Behördenpropaganda, das darf nicht sein.» 

Die SVP sprach von einem «Showpostulat», weil sich Stadtpräsidentin Corine Mauch direkt im Verwaltungsrat der Flughafen AG für das Anliegen einsetzen könne. Und Roger Föhn von der EVP nannte es ein «Schubladenpostulat», weil der «fromme Wunsch» rechtlich nicht durchsetzbar wäre. Auch die FDP ist gegen Parteispenden von staatlichen Stellen, lehnte den Vorstoss jedoch ab, weil es dabei nur um den Flughafen und nicht um sämtliche «Drittinstitutionen» handelt, wie Martina Zürcher erklärte.  Mehrmals kritisch erwähnt wurde die Rolle der Stadtpräsidentin, so auch von Markus Knauss (Grüne) oder David Garcia Nuñez (AL), welche in den Saal fragten, was denn Corine Mauch gegen die Parteispenden unternommen habe.  Schliesslich waren nur FDP und SVP dagegen, also jene, die wohl von dem Flughafengeld profitieren. Verboten ist nun noch nichts, aber die Stadt muss sich nun beim Flughafen dafür einsetzen, dass diese Parteispenden ein Ende haben. 

Weitere Themen der Woche

  • Mehr Wohnungen: Die Baurechtsverträge der Baugenossenschaft im Gut sind vorzeitig bis in die 50er-Jahre des laufenden Jahrhunderts verlängert worden. Die Genossenschaft will nun auf den bisher noch nicht bebauten Baufelder neue Wohnungen erstellen. Damit verdoppelt die Genossenschaft ihre Anzahl Wohnungen um mehr als das Doppelte von 300 auf 650–760.
  • Der Impact Hub beim Bahnhof Selnau soll weg und einer Energiezentrale des ewz weichen. Gegen diese Pläne der Stadt gibt es Widerstand, oder zumindest sind bei Islam Alijaj (SP) und Dominik Waser (Grüne) kritische Fragen aufgetaucht: Ist das ehemalige Unterwerk Selnau der beste Standort für die neue «Cool City»? Nach Prüfung verschiedener Standorte sagt der Stadtrat Ja in seiner Antwort auf die Interpellation. Politiker von Grüne, SP und GLP sind damit nicht zufrieden und kündigten weitere Vorstösse an.
  • Nicole Giger von der SP tritt zurück: Das Rücktrittsschreiben sei weder «weder besonders emotional, noch sehr lustig», schreibt Giger selbst. Es sei ihr ein Privileg gewesen und es habe sie stolz gemacht, Gemeinderätin zu sein. Nun ist Schluss, denn «die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Politik ist noch immer nicht gegeben», so Giger. 
  • Kettenreaktion in den Kommissionen: Für Davy Graf (SP) wurde Lisa Diggelmann (SP) neu in die Geschäftsleitung gewählt. Darum wird deren Sitz in der Rechnungsprüfungskommission frei, auf welchen neu Barbara Wiesmann (SP) gewählt wurde. 
  • Wirtschaftsförderung der Privaten: Ein SVP-Postulat forderte, dass die städtische Wirtschaftsförderung von privaten Fachpersonen übernommen und als Schwerpunkt für die Legislatur erklärt wird. Dies, um den Verlust von Arbeitsplätzen zu verhindern. Sämtliche Parteien, ausser der SVP, waren dagegen. 

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