Am Anfang war das Wort «Asyl»

An drei Abenden hatte die Tsüri-Community die Möglichkeit, Einblicke in verschiedene Unterbringungen des Asylwesens zu erhalten – angefangen auf Staatsebene, danach auf Kantons und schlussendlich auf städtischer Ebene.

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Das Bundesasylzentrum Duttweiler im Zürcher Kreis 5. (Bild: Ladina Cavelti)

Einblick l: Ankommen – Am Anfang war das Wort «Asyl»

Wenn eine Person in die Schweiz kommt und Asyl beantragt, erfolgt dies in einem Bundesasylzentrum (BAZ). Während der Dauer des Asylverfahrens, für maximal 140 Tage, lebt die Person in der Regel dort und die Mehrheit der Asylentscheide wird in diesem Zeitraum gefällt.

Das Bundesasylzentrum Zürich an der Duttweilerstrasse ist eines der sechs BAZ, in denen Asylverfahren durchgeführt werden. In dem Gebäude mitten im Zürcher Kreis 5 führte die Zentrumsleitung des Staatsekretariates für Migration SEM zusammen mit Mitarbeitenden der Asyl-Organisation Zürich AOZ letzte Woche 20 interessierte Zürcher:innen durch die Räumlichkeiten.

Das BAZ Zürich hat im Normalfall Platz für 360 Personen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es nicht voll ausgelastet, im Verlauf des Sommers und Herbstes füllen sich die Bundesasylzentren aber in der Regel. Dies, weil viele Fluchtrouten in den wärmeren Jahreszeiten sicherer sind als im Winter, was sich auf die Zahl der neuen Asylgesuche in der Schweiz auswirkt.

Im Eingangsbereich des BAZ werden die Daten der neu ankommenden Geflüchteten aufgenommen. Ihr mitgeführtes Gepäck kommt von dort für einen Tag in einen Heizraum – das dient vor allem dazu, Bettwanzen abzutöten, die sich während der Flucht eingeschlichen haben könnten. Einmal ins Zentrum eingetreten, stehen den Geflüchteten nebst den Schlafzimmern (mit 4-8 Betten) unter anderen auch ein kleines Gym, ein Coiffeursalon, ein Kindergarten, ein Raum der Stille, der als Gebetsraum genutzt wird, ein Frauenraum, ein Raum mit gespendeten Kleidern oder ein Nähzimmer zur Verfügung. In der Mitte des Innenhofes besteht die Möglichkeit, Volleyball zu spielen. Für medizinische und psychologische Anliegen sind Fachpersonen täglich im BAZ anwesend.

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Im MNA-Standort Obstgarten leben 33 unbegleitete Minderjährige. (Bild: Ladina Cavelti)

Einblick ll: Vorankommen – Jung, Zürcher:in und geflüchtet

Nachdem eine geflüchtete Person einen Asylentscheid mit Bleiberecht erhalten hat, wird sie einem Kanton zugeteilt. Unbegleitete Minderjährige zwischen zwölf und 18 Jahren werden getrennt von Erwachsenen untergebracht. Im Kanton Zürich sind die Asylorganisation Zürich (AOZ), die Caritas sowie die Organisation for Refugee Service (ORS) zuständig für die Unterbringung und Fürsorge von unbegleiteten Minderjährigen. Der MNA-Standort Obstgarten wird von der AOZ betrieben. Dort leben 33 unbegleitete Minderjährige in einem Haus mit grossem Garten im Kreis Sechs. Im Aufenthaltsraum wird beim EM-Spiel Türkei gegen Georgien mitgefiebert, im Garten wird Ping-Pong gespielt, die Tür zum Praxiszimmer der Psychologin ist zu – es findet gerade eine Therapiestunde statt. Nebst einer hauseigenen Psychologin, einer Ärztin, einer Hausaufgabenhilfe und Sozialarbeiter:innen arbeiten im Haus verschiedene Sozialpädagog:innen, die rund um die Uhr vor Ort sind. Verpflegt werden die Minderjährigen von einem Catering, das mehrmals am Tag Mahlzeiten liefert. Zwei Bewohner erzählen, dass der Obstgarten wie eine grosse Familie sei: «Manchmal gibt es Streit, trotzdem gehört man zusammen.» 

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Das ehemalige Personalhaus des Triemlispitals wurde 2022 zu einer Kollektivunterkunft umgenutzt. (Bild: Ladina Cavelti)

Einblick lll: Teilhaben – Ich bin ein Teil vom Ganzen. Oder?

Ein ehemaliges Personalhaus des Triemlispitals wurde zu Beginn des Ukraine-Kriegs in eine Kollektivunterkunft für Geflüchtete umgewandelt. Heute, zwei Jahre später und unter dem Eindruck der nach wie vor hohen Zahl von geflüchteten Menschen, dient auch das zweite von drei alten Personalhäusern als vorübergehende Unterkunft für Geflüchtet.

2022 musste der erste Block innert kürzester Zeit bewohnbar gemacht werden. Zu Beginn schliefen die geflüchteten Personen noch auf Militärbetten, wie das Team der Städtischen Kollektivunterkunft (SKU) Triemli anlässlich eines Einblicks die rund 20 Besucher:innen erklärt. Mittlerweile konnten die provisorischen durch «richtige» Betten ersetzt werden und in den beiden Gebäuden können bis zu 600 Personen zusammen leben.

In der Regel leben die geflüchteten Menschen in dieser Kollektivunterkunft – die Mehrheit von ihnen ist noch angewiesen auf die Unterstützung durch die Sozialhilfe – bis sie eine eigene, bezahlbare Wohnung in Zürich finden können. Das ist, wie alle Zürcher:innen wissen, schwierig, weswegen die Möglichkeit besteht, solange in der Kollektivunterkunft zu bleiben, bis es mit der eigenen Wohnung klappt.

Das heisst, eine städtische Kollektivunterkunft ist für viele Geflüchtete eine der letzten Stationen auf ihrem Weg durch das Schweizer Asylwesen. In einer Gesellschaft anzukommen, bedeutet jedoch nicht nur, eine Wohnung und einen Job zu finden, sondern auch an der Gesellschaft teilzuhaben. Um dies zu erleichtern, bieten bei der AOZ soziokulturelle Animator:innen verschiedene Freizeit- und Vernetzungsangebote an – im Idealfall in Zusammenarbeit mit Vereinen aus dem Quartier. In der Umgebung der SKU Triemli wird zum Beispiel mit Quartierbewohner:innen gemeinsam gekocht und gegessen oder ein Kunstkollektiv aus dem Quartier gestaltete regelmässig mit Bewohner:innen einen Mal-Nachmittag.

Die Asyl-Organisation Zürich bietet ausserdem Tandemprogramme an. Dabei treffen sich Freiwillige und Geflüchtete während mindestens sechs Monaten einmal in der Woche, um gemeinsam die Stadt zu entdecken oder andere Aktivitäten zu unternehmen. Dabei gewinnen beide Teilnehmenden neue Eindrücke, können voneinander lernen – und die Integration von Geflüchteten in unsere Gesellschaft fördern.

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