365-Franken-Abo reicht nicht – Zürich braucht eine ÖV-Offensive
Parkplätze werden teurer, der öffentliche Verkehr billiger – so haben die Stadtzürcher:innen am Sonntag entschieden. Damit die Infrastruktur nicht kollabiert, muss nun zünftig ausgebaut werden. Ein Kommentar.
Die Stadtzürcher Stimmberechtigten machen in der Verkehrswende zwei Schritte nach vorne: Einerseits werden die Blaue-Zone-Parkplätze für Anwohner:innen teurer und andererseits wird das VBZ-Jahresabo für Städter:innen nur noch einen Franken pro Tag kosten.
Ein Glücksfall, dass über die beiden Vorlagen am selben Tag abgestimmt worden ist. Denn wer die unbeliebte Auto-Mobilität verteuert, muss auch die Alternative verbilligen. Sonst gibt es eine soziale Schieflage.
Zum wiederholten Mal spricht sich die Bevölkerung damit gegen den motorisierten Individualverkehr (MIV) und für die nachhaltigen Alternativen wie Velo oder ÖV aus. Doch noch hapert es gewaltig mit der Verkehrswende. Jeden Morgen und Abend verstopfen Autos und Lastwagen die hiesigen Strassen. Obwohl nur jede vierte in Zürich wohnhafte Person ein Auto besitzt, dominiert das Fahrzeug den Strassenraum. Dies ist ineffizient und nicht ökologisch.
Einige Buslinien sind chronisch verspätet, weil die Strassen durch Autos blockiert sind. Ein ähnliches Bild zeigt sich auf verschiedenen Velovorzugsrouten.
Es mag hart klingen, aber die Stadtbewohner:innen wollen dem Auto an den Kragen. Deshalb braucht es nun einen deutlichen Schub – das Velowegnetz muss rasch ausgebaut werden und es braucht einen zusätzlichen Fokus auf den öffentlichen Verkehr.
Als Erstes müssen Busspuren vom Individualverkehr befreit werden, damit sie nicht täglich im Stau stehen. Zudem muss das Netz ausgebaut werden, entsprechende Pläne – beispielsweise für ein Ringnetz – liegen bereits vor. Denn wenn Züricher:innen vom Auto weg sollen, braucht es dringend mehr Kapazitäten. Nur weil das Jahresabonnement nun für mehr Menschen erschwinglich ist, hat es noch lange nicht mehr Platz im Tram oder in der S-Bahn.
Es gibt verschiedene gute Gründe, mit dem Auto in der Stadt herumzufahren: Gewerbe, Handwerker:innen und Transport von Menschen und Dingen. Nicht jene, die ihr Gefährt wirklich brauchen, verstopfen die Strassen. Es sind jene, die ihr Auto als Teil ihrer Identität sehen, die den Strassenraum an den Rand des Kollapses bringen.
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An der Universität Zürich hat Simon Politikwissenschaften und Publizistik studiert. Nach einem Praktikum bei Watson machte er sich selbstständig und hat zusammen mit einer Gruppe von motivierten Journalist:innen 2015 Tsüri.ch gegründet und vorangetrieben. Seit 2023 teilt er die Geschäftsleitung mit Elio und Nina. Sein Engagement für die Branche geht über die Stadtgrenze hinaus: Er ist Gründungsmitglied und Co-Präsident des Verbands Medien mit Zukunft und macht sich dort für die Zukunft dieser Branche stark. Zudem ist er Vize-Präsident des Gönnervereins für den Presserat und Jury-Mitglied des Zürcher Journalistenpreises. 2024 wurde er zum Lokaljournalist des Jahres gewählt.