Zukunft der Arbeit: Wo wollen wir hin?
Wie wir in Zukunft arbeiten wollen und sollen, beschäftigt die Gesellschaft. Zusammen mit dem Verein Dein Grundeinkommen organisierte Tsüri.ch vergangenen Freitag ein Barcamp. Dabei wurde nicht nur über Löhne und Arbeitszeiten diskutiert.
Gedämpftes Licht, aber angeregte Stimmung erfüllte vergangenen Freitag, dem 18. Oktober, den grossen Raum im ehemaligen Fabrikgebäude an der Binzstrasse 12. Im Hauptquartier des Vereins Dein Grundeinkommen kamen knapp 40 Menschen zusammen, um sich über die Zukunft der Arbeit auszutauschen – und um neue Ideen anzudenken.
Nach einem kurzen Input seitens der Veranstalter*innen, wurden die Teilnehmer*innen gebeten, ihre gewünschten Diskussionsthemen zu verkünden. Vom selbstbestimmten Lohn über ein bedingungsloses Grundeinkommen bis hin zu personalisierten Bewerbungsverfahren: die Bandbreite der Themen war gross. Nach individuellen Gesprächen in Gruppen, wurden die errungenen Erkenntnisse und/oder Vorschläge im Plenum vorgestellt.
Es folgt eine Zusammenfassung:
Zukunft der Arbeit im Allgemeinen
Eine Diskussionsrunde entstand um das Thema Zukunft der Arbeit. Ohne konkreten Plan wurde zu unterschiedlichen Aspekten und Veränderungen gebrainstormed. Im Plenum fasst ein Gruppenmitglied dann drei Eckpunkte zusammen: «Es ist noch immer unüblich, dass Menschen Teilzeit arbeiten können», bemerkte er als erstes. Die meisten Firmen seien nicht gewillt, jemanden unter einem 100 Prozent Pensum einzustellen, obwohl im Prinzip jede*r ein Recht auf Teilzeitarbeit hat.
Als zweiter Punkt sei die Gruppe zur Erkenntnis gekommen, dass die Gesellschaft mehr experimentieren solle. Starre Muster würden neue Arbeitsmodelle ausbremsen, meinen die Teilnehmer*innen. Gerade deshalb seien solche Formate – wie beispielsweise ein Barcamp – wichtig: «Gedankenaustäusche und Diskussionen sind meistens der Beginn von etwas, das Zukunft haben kann.»
Die Begriffe Kollaboration, Solidarität, und Umverteilung würden zum dritten Punkt der Gruppe gehören, welche die Zukunft der Arbeit positiv beeinflussen könnten. «Der Aspekt der Umverteilung von Arbeit, Zeit und Geld müsste noch viel mehr in der Gesellschaft diskutiert werden», findet das zu präsentierende Gruppenmitglied.
Was braucht es, damit ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) bei der Bevölkerung Anklang findet?
«Die Gesellschaft braucht Hoffnung», verkündet ein junger Mann bei der Zusammenfassung der vergangenen Diskussionsrunde mit seiner Gruppe. Damit meint er den Glauben der Bevölkerung daran, dass ein BGE funktionieren könnte. Dabei gelte es in erster Linie den Aspekt der Finanzierung zu klären, der bei der letzten Abstimmung über das BGE ausschlaggebend dafür gewesen sei, dass das Grundeinkommen abgelehnt wurde. Auch über einen Kampf gegen den Neoliberalismus wurde diskutiert – wobei eine Abschaffung eben diesem anstrebenswert sei.
Gleicher Lohn für alle vs. selbstbestimmter Lohn (Bedarfslohn)
Schon nach wenigen Minuten sei seine Gruppe vom Gleichheitslohn weg, hin zum Bedarfslohn gekommen, erklärt ein Teilnehmer. Doch ist so etwas überhaupt umsetzbar? «Nach einigen Überlegungen sind wir zum Entschluss gekommen: Ja», sagte er weiter. Wichtig sei aber eine Einteilung in Teams, sogenannten Peergroups, in welchen jede*r ein Mitspracherecht bekäme. Ausserdem müssten beispielsweise Elternteile mehr Geld erhalten als Arbeitnehmer*innen ohne Kind(er): Mithilfe einer Kinderpauschale. Allerdings seien bei solchen Pauschalen weitere Diskussionen von Nöten, da beispielsweise ein*e Autobesitzer*in auch Anspruch fordern könnte.
Eine zweite Frage, die während des Gesprächs aufkam, sei die der Range, in dem sich der Betrag des selbstbestimmten Lohnes befinden müsste. Hier sei vor allem Transparenz seitens des Unternehmens matchentscheidend. Nur wenn Arbeitnehmer*innen wüssten, wie viel Geld ihr*e Arbeitgeber*in zur Verfügung hätten, könne der Bedarfslohn fair angesetzt werden.
Den Purpose bereits in der Schule entdecken und frei von Diplomen Arbeit finden
Um den Sinn vom Arbeitsleben ging es in einer anderen Diskussionsrunde. «Für mich wäre es viel einfacher gewesen, wenn ich meinen Purpose bereits in der Schulzeit erkannt hätte», ist sich eine Teilnehmerin sicher. Was könnte also am Bildungssystem geändert werden, dass so etwas bereits für Schulkinder möglich wäre? So ziemlich viel, ist sich die Gruppe einig, denn die einzelnen Stationen auf dem Weg in die Arbeitswelt seien alle miteinander verknüpft. Es gilt: Keine Veränderung ohne Systemveränderung.
Nach diesem Punkt sei die Diskussion ziemlich schnell zur Bewerbungs-Problematik übergegangen. Skills zu testen, anstelle auf Diplome zu beharren, sei beispielsweise ein Ansatz gewesen, der besprochen wurde. Das Problem: Bei vielen Berufen – z.B. in der Medizin – ist dieses Verfahren nicht möglich.
Mitverantwortung, Miteigentum
«Bei unserer Gruppe kamen vor allem neue Fragen hinzu», sagt eine junge Frau, die mit anderen Teilnehmer*innen über die Besitzverhältnisse in Firmen diskutierte. Welche Organisationsstruktur ermöglicht oder hemmt Eigeninitiative? Wie entstehen Hierarchien – formelle, aber auch informelle? Wie entsteht Eigennutzen? Und vor allem: Wie können wir zum jetzigen Zeitpunkt als Arbeitnehmer*innen Einfluss nehmen? «Eigentlich sind wir zum Schluss gekommen, dass Eigentum, und mit ihm das Geldsystem, abgeschafft werden müsste», schliesst die Teilnehmerin ihre Zusammenfassung ab.
Bilder: Elio Donauer
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