Master Transdiziplinarität

ZHDK will Studiengang abschaffen – Studierende wehren sich

Die Zürcher Hochschule der Künste will den Studiengang Transdisziplinarität abschaffen. Dagegen regt sich Widerstand: Studierende haben eine Petition gestartet. Derweil rudert die Rektorin zurück.

Fehlender Einbezug der Studierenden
Gegen die Schliessung des Studiengangs wurde eine Petition lanciert. (Bild: Tsüri.ch)

Per Mail hat die Hochschulleitung der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) ihre Mitarbeitenden informiert: Der Masterstudiengang Transdisziplinarität soll mittelfristig abgeschafft werden. Dies, weil die Schwerpunkte des Studiengangs in «allen Departementen zunehmend gefördert» würden und somit bereits mit anderen Fächern abgedeckt seien. So steht es in der Nachricht, die Tsüri.ch vorliegt. 

Anfang September hat sich die Hochschulleitung zu ihrer jährlichen Retraite zurückgezogen, um die «Living Strategy» zu erarbeiten. Im Zentrum stand dabei die Frage, wie sich die ZHDK als «als zukunftsfähige Hochschule der Künste positionieren» kann. 

Die mittelfristige Abschaffung des Studiengangs Transdisziplinarität in der aktuellen Form ist nur einer von diversen strategischen Entscheiden, die von der Schulleitung an ihrer Retraite gefällt wurden.

Petition mit fast 1000 Unterschriften

Bei den Mitarbeitenden und Studierenden hat diese Nachricht Unverständnis und Unsicherheit ausgelöst, weshalb die Studierendenorganisation Verso nun die «sofortige Aussetzung aller Schliessungsmassnahmen» fordert. Dafür wurde eine Petition lanciert, die bis am Mittwochabend von knapp 1000 Personen unterschrieben worden ist. 

Im Schreiben von Verso heisst es, die Studierenden, Alumni und Mitarbeitenden stünden geschlossen gegen die mögliche Schliessung. Und: «Wir lehnen die Abschaffung dieses einzigartigen, gesellschaftlich relevanten und international anerkannten Studiengangs ohne transparente Verfahren (...) ab.»

Der Master Transdisziplinarität stösst auf eine grosse Nachfrage – das zeigen die Zahlen. Seit seiner Einführung 2009 wurden über 180 Studierende aus über 25 Ländern aufgenommen. Für das Studienjahr 2025 gab es 90 Bewerbungen für gerade mal 18 Plätze.

Der Master bringt Kunst, Wissenschaft und Gesellschaft zusammen und gibt Studierenden Raum, um auf kreative Weise komplexe Themen wie Klima, Technologie oder soziale Gerechtigkeit zu bearbeiten – ohne sich an eine einzelne Disziplin binden zu müssen.

ZHDK relativiert

Der Studiengang sei «der bunteste, lebendigste, wildeste und deshalb auch interessanteste im ZHdK-Angebot», heisst es in einer internen Mail zur Mobilisierung. Dass ein solches Programm nun ausgerechnet wegen seiner transdisziplinären Natur infrage gestellt wird, sehen viele als paradox. «Die Vorstellung, Transdisziplinarität innerhalb einer gesetzten Disziplin zu betreiben, ist nicht nur widersprüchlich, sondern auch im Kern politisch», schreibt Verso in einem Dokument.

Die Studienorganisation möchte sich gegenüber Tsüri.ch nicht äussern, weil sie sich aktuell im Austausch mit der Schulleitung befindet. Auch die Mitarbeitenden des Departements für Kulturanalysen und Vermittlung stehen für Anfragen nicht zur Verfügung. 

Nur die Medienstelle der ZHDK meldet sich auf Anfrage zu Wort: «Von einer Schliessung ist zum jetzigen Zeitpunkt keine Rede», schreibt Rektorin Dr. Karin Mairitsch. Über die Art der Weiterführung werde nach Durchlauf der einzelnen Prozessschritte entschieden – dazu gehörten unter anderem die «Evaluierung des Studiengangs und die Neukonzeption der Inter- und Transdisziplinarität an der ZHDK», so Mairitsch. Diese geplante und umfassende Prüfung entspreche auch der Forderung der Petition.

Während die Hochschule gegenüber Tsüri.ch betont, es sei noch keine definitive Entscheidung gefallen, geht die interne Kommunikation in eine andere Richtung. Die nächsten Wochen und Monate dürften Klarheit bringen.

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simon

An der Universität Zürich hat Simon Politikwissenschaften und Publizistik studiert. Nach einem Praktikum bei Watson machte er sich selbstständig und hat zusammen mit einer Gruppe von motivierten Journalist:innen 2015 Tsüri.ch gegründet und vorangetrieben. Seit 2023 teilt er die Geschäftsleitung mit Elio und Nina. Sein Engagement für die Branche geht über die Stadtgrenze hinaus: Er ist Gründungsmitglied und Co-Präsident des Verbands Medien mit Zukunft und macht sich dort für die Zukunft dieser Branche stark. Zudem ist er Vize-Präsident des Gönnervereins für den Presserat und Jury-Mitglied des Zürcher Journalistenpreises. 2024 wurde er zum Lokaljournalist des Jahres gewählt.

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