Wohnungsknappheit in Zürich hält trotz geringer Zuwanderung an
Laut dem aktuellen Immobilienbarometer der Zürcher Kantonalbank entspannt sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt trotz geringer Zuwanderung nicht. Im Gegenteil: Die Mieten werden wohl durch die hohe inländische Nachfrage weiter steigen.
Die Situation auf dem Schweizer Wohnungsmarkt bleibt trotz hoher Abwanderung weiter angespannt. Wie die Zürcher Kantonalbank (ZKB) in ihrem Immobilienbarometer für das dritte Quartal schreibt, ist die sogenannte Nettozuwanderung landesweit um 17 Prozent niedriger aus als im Vorjahr. Es haben also mehr Menschen das Land verlassen als eingewandert sind.
Dabei kam es zu einem neuen Rekord: Laut der ZKB sind seit Jahresbeginn insgesamt 68’000 Personen ausgewandert – so viele wie in den letzten zehn Jahren nicht. Grund dafür sei der Rückgang an Arbeitsplätzen. Dieser Trend sei auch im Kanton Zürich zu beobachten, schreibt Ursina Kubli, Leiterin Immobilien Research der ZKB, auf Anfrage.
Hohe Nachfrage führt zu hohen Mietpreisen
Obwohl die Bank mit einer weiter sinkenden Nettozuwanderung für das nächste Jahr rechnet, bleibe die Nachfrage nach verfügbarem Wohnraum gross: «Der Hauptgrund, weshalb es trotz geringerer Zusatznachfrage aus dem Ausland zu keiner Entspannung auf dem Mietmarkt kommt, ist die aufgestaute Nachfrage seitens inländischer Bevölkerung», so Kubli.
Deshalb geht sie davon aus, dass die Leerstandsquote weiterhin tief bleibe. In der Stadt Zürich standen am Stichtag 1. Juni 2025 lediglich 0,1 Prozent aller Wohnungen leer.
Da die Entwicklung der Mietpreise sehr stark durch die Angebots- und Nachfragesituation geprägt sei, geht Kubli davon aus, dass die Angebotsmieten – also Mieten zu denen Wohnungen, die neu auf dem Markt angeboten werden – auch im kommenden Jahr leicht steigen werden. Wobei Mieter:innen im Kanton Zürich stärker davon betroffen sein würden als der Schweizer Durchschnitt.
Immerhin: Die niedrige Nettozuwanderung könnte auf dem Mietwohnungsmarkt in grösseren Städten wie Zürich dazu beitragen, dass sich die Lage nicht weiter verschärfe. Dennoch sei nicht davon auszugehen, dass dadurch mehr leerstehender Wohnraum frei würde, so Kubli.
63 Prozent der Zürcher:innen hätten Anspruch auf Mietzinssenkung
Der Immobilienbarometer liefert noch weitere Erkenntnisse: Der Referenzzinssatz wurde in diesem Jahr bereits zweimal gesenkt, wodurch Mieter:innen theoretisch Anspruch auf tiefere Mieten hätten. Die ZKB hält jedoch fest, dass lediglich acht Prozent der Schweizer Haushalte und 14 Prozent im Kanton Zürich tatsächlich eine Mietsenkung erhielten. Bei früheren Zinssenkungen sei der Anteil deutlich höher ausgefallen.
Die Bank sieht den Grund in der Zurückhaltung einiger Mieter:innen. Oft bestünde Unsicherheit darüber, ob ein Senkungsbegehren angesichts der Teuerung letztlich sogar zu einer Mieterhöhung führen könnte. Viele würden daher darauf verzichten, ein Begehren einzureichen.
Ein wichtiger Faktor für die verhaltene Mietsenkung sei auch, dass viele Verträge bereits auf einem tiefen Referenzzinssatz basierten. Entsprechend könnten nur jene eine Senkung verlangen, deren Mietzins zwischenzeitlich erhöht wurde. Laut der Analyse der ZKB sind schweizweit rund 40 Prozent der Mieter:innen und im Kanton Zürich etwa 63 Prozent grundsätzlich berechtigt, ein Senkungsbegehren zu stellen.
Wer lieber kaufen statt mieten möchte, sucht sich gemäss den Zahlen der ZKB lieber ausserhalb der Kantonsgrenze eine Immobilie: Die Preise für Wohneigentum im gesamten Kanton Zürich stiegen im Vergleich zum Vorjahresquartal um 4,1 Prozent.
In Gemeinden nahe dem Seeufer, in der Agglomeration der Stadt und in ländlichen Gebieten hätten sich die Preise zwar insgesamt eher moderat erhöht, doch aufgrund der niedrigen Zinsen bleibe die Nachfrage hoch, sodass auch hier mit steigenden Preisen zu rechnen sei.
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