Wieso Widerstand in Zürich zwecklos ist
Die Guerillagruppe 0 hat diese Woche verstanden, weshalb die Aktivist*innen vom Koch-Areal und die Club-Kultur gleichermassen an Zürich verzweifeln. Egal, was man tut: Die Stadt lässt es nicht zu. Widerstand wird eingebunden, toleriert oder unsichtbar gemacht.
Die Guerillagruppe 0 besteht aus Menschen, die gerne in einem Raum sitzen und diskutieren. Ihre Mitglieder zitieren gerne, was ihnen von Urban Art-Filmen und kulturpessimistischen Essays hängenbleibt. Die Mitglieder der Guerillagruppe 0 sind aber auch ein Haufen Schisser. Sie ziehen keine Arbeitswesten an, steigen nicht 70 Meter tief in die Moskauer U-Bahn und rennen nach dem Taggen Gastarbeitern davon. Die armen Gastarbeiter und die Tagger riskieren dabei mindestens gebrochene Beine. Die Guerillagruppe 0 riskiert bei Diskussionen höchstens ein gebrochenes Bewusstsein. Wenn einmal mehr ein utopisches Weltbild zerredet worden ist.
Obwohl sie lieber diskutiert hat die Guerillagruppe 0 was lanciert:
Vorlagen für A3-Plakate. Darauf die Schriftzüge „GlückTM“, „SehnsuchtTM“, „WutTM“,„LiebeTM“, BegierdeTM“ und jeweils die Handynummer 076 232 44 88. Menschen, die weniger gerne als wir in einem Raum sitzen und sich in der empfundenen Alternativlosigkeit suhlen, sind auf diese Webseite gegangen. Sie haben diese Nummer angerufen und sich angehört, was es dort anzuhören gibt (was von einem Kornfeld, Wolkenformationen und ganz viel über Selbstverstümmelung) und uns dann erzählt, was sie tun wollen:
Die A3-Vorlagen ausdrucken. Die A3-Vorlagen kleistern. Auf Plakate. Ob Plakate der Polizei, solche mit Mike Shiva oder Politische, das sei ihnen egal. Hat für uns im Raum ein kleines bisschen nach Moskauer U-Bahn getönt.
Wir haben versprochen, dass wir alles unternehmen, um unsere Diskussionen zu unterbrechen, falls sie wieder anrufen. Sofort.
Die Unbekannten rufen uns um 5 Uhr morgens zurück:
Sie haben uns erzählt, wie die Stadt erwacht. Wie die Putzfahrzeuge ihre Runden drehen. Wie alles bereit gemacht wird für all die, die in der Zwingli-Stadt Zürich zur Arbeit müssen. Niemand habe sie gestört, als sie mit der Leuchtweste ihre Runde gedreht haben.
Und die Unbekannten rufen uns um 9 Uhr morgens zurück:
Sie haben uns erzählt, wie die Stadt erwacht ist. Wie ihre Plakate wieder rückstandsfrei überklebt worden sind.
Die Guerillagruppe 0 – da gerade in eine Diskussion darüber vertieft, ob sie den gesellschaftlichen Kampf aufgeben solle, um in ein Zen-Kloster einzutreten – war verwundert. Niemand hat die Handynummer angerufen. Obwohl sie ganz gross auf den Druckvorlagen steht. 076 232 44 88. Weder Clearchannel, noch die APG, noch die Polizei hat sich die Mühe gemacht, diese Nummer anzurufen. Niemand wollte Kontakt mit uns.
Und die Unbekannten riefen uns um 11 Uhr nochmals zurück:
Sie haben die Vorgänge mittlerweile genauer analysiert. Die Plakate seien ohne Rückstände mit dem vorherigen Plakat überklebt worden. Der Hinweis auf den Polizeinotruf ist überklebt mit dem Hinweis auf den Polizeinotruf. Wo Brack.ch geklebt hat, steht wieder Brack.ch. Nur beim ETH-Polyball und beim Atomausstiegsplakat habe offensichtlich ein Amateur das A3-Plakat runtergerissen. Wo die Wirtschaft nicht ihre Interessen wahrt, in dem sie ihren Kunden die Präsenz liefert, für die sie gezahlt haben, gebe es offensichtlich Passanten, die die Stadt sauber halten.
Zürich kann man gar nicht dreckig machen. Immerhin kann die Guerillagruppe 0 jetzt ohne Telefonunterbruch weiterdiskutieren.
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