Übernehmen Roboter und Computer in Zukunft unsere Jobs?
«Roboter und Software können ein Viertel aller Jobs übernehmen», titelte die NZZ. Was steckt hinter solchen Zahlen?
Autor: Uwe Thümmel
Die «Oxford Studie»
Alles fing mit einer Studie von zwei Forschern aus Oxford an. Der Ökonom Carl Benedict Frey und der Informatiker Michael Osborne fragten sich, welche Jobs zukünftig ganz oder teilweise von Computern oder Maschinen erledigt werden könnten. Zunächst schauten sich die beiden Forscher auf einer amerikanischen Internetseite die Beschreibungen von 702 Berufen an. Laut dieser Beschreibungen hat ein*e Verkäufer*in zum Beispiel 24 Aufgaben: unter anderem begrüßt er*sie Kunden, berät und kassiert. Dann überlegten Frey und Osborne gemeinsam mit Experten für maschinelles Lernen, ob ein Roboter oder Computer in Zukunft alle Aufgaben eines Berufes übernehmen könnte - und falls nicht, welche technischen Hürden es gäbe. So können etwa mechanische Handgriffe einfacher von Maschinen übernommen werden als kreative Tätigkeiten.
Für 70 Berufe trafen die Forscher solche Einschätzung per Hand. Die Einordnung der verbleibenden Berufe überließen sie einem Algorithmus. Am Ende kamen sie zu dem Schluss, dass 47 Prozent der Beschäftigten in den USA in Berufen arbeiten, die sehr wahrscheinlich automatisiert werden könnten – darunter Berufe im Detailhandel. Wann es zu dieser Automatisierung kommen würde? Das ließen die Forscher offen: vielleicht in zehn, vielleicht in 20 Jahren.
Die Studie war sehr spekulativ – aber die Medien griffen die Zahlen begierig auf. Häufig wurde dabei auf die «Oxford Studie» verwiesen, als sei mit dem Nennen der berühmten Universität alle Kritik am Vorgehen der Studie vom Tisch. Bald darauf gab es Nachahmer in vielen Ländern, die auch ihre Zahl haben wollten. 50% der Jobs in der Schweiz sind automatisierbar, schrieb Deloitte in 2015. Sie hatten einfach die Werte von Frey und Osborne übernommen und auf die Berufsstruktur in der Schweiz übertragen.
Neue Zahlen
Inzwischen gibt es Studien, die vorsichtiger vorgehen. Die Zahl in der NZZ stammt aus einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg (IAB). Auch diese Studie basiert auf Berufsbeschreibungen – überlässt aber die Einschätzung nicht dem Computer, sondern schaut sich alle Aufgaben genauer an. Auf job-futuromat.iab.de kann man sich ansehen, zu welchem Schluss die Studie für verschiedene Berufe kommt. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Verkäuferin bald durch einen Roboter ersetzt wird, ist jetzt nur noch mit «mittel» bewertet.
Laut dem IAB könnte der Beruf des Bäckers schon heute vollständig von Maschinen übernommen werden. Die Betonung liegt auf «könnte», denn bei den genannten Studien geht es nur um die technische Machbarkeit. Ob tatsächlich Roboter in den Backstuben stehen hängt aber auch von anderen Faktoren ab: wie teuer sind Maschinen verglichen mit den Löhnen für Bäcker, oder gibt es zum Beispiel rechtliche Hürden für den Einsatz von Robotern? In der Massenproduktion mag sich der Einsatz von Maschinen lohnen. Beim kleinen Bäcker um die Ecke, für dessen warme Semmeln die Kunden Schlange stehen, jedoch nicht. Werden also tatsächlich ein Viertel aller Jobs in naher Zukunft von Robotern und Computern übernommen? Eher unwahrscheinlich.
<div style="background-color:#3dafe8;color:white;font-weight:bold;padding:10px"> Über den Autor </div> <div style="font-size:18px;padding:10px;background-color:#dddddd"> Uwe Thümmel ist Mitglied der Projektgruppe Zukunft der Arbeit bei reatch.ch – einer Ideenschmiede für Wissenschaft, Technik und Gesellschaft. An der Universität Zürich untersucht er, wie sich technologischer Wandel auf den Arbeitsmarkt auswirkt und wie die Politik darauf reagieren sollte. </div>
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