Der Referenzzinssatz wurde gesenkt: Was das für Mieter:innen bedeutet
Nun sinken die Mieten: Weil am Montag der Referenzzinssatz auf 1,5 Prozent gesenkt wurde, müssen viele Mieter:innen weniger bezahlen. Larissa Steiner, Co-Leiterin Rechtsberatung beim Mieter:innenverband, beantwortet die wichtigsten Fragen.
Am Montag wurde der Referenzzinssatz auf 1,5 Prozent gesenkt. Was bedeutet dies nun für die Mieter:innen?
Larissa Steiner: Ganz allgemein: Die Mietzinse in der Schweiz sind an den hypothekarischen Referenzzinssatz gekoppelt (Der hypothekarische Referenzzinssatz ist der durchschnittliche Zinssatz aller Hypotheken in der Schweiz). Das bedeutet: Wenn der Referenzzinssatz sinkt, können Mieter:innen eine entsprechende Senkung ihrer Miete verlangen. Wenn er hingegen steigt, dürfen Vermieterschaften die Mietzinse anheben, um sie an den Referenzzinssatz anzugleichen. Da nun der Referenzzinssatz sinkt, bedeutet dies für Mieter:innen, dass sie potenziell einen Anspruch auf eine Mietzinssenkung haben.
Wer hat Anspruch auf eine Senkung der Miete?
Die Möglichkeit eines Senkungsanspruchs besteht bei allen Mieter:innen, deren Mietzins auf einem Referenzzinssatz beruht, der höher als 1.5 Prozent ist. Alle Mieter:innen, deren Miete auf einem Referenzzinssatz von höher als 1.5 Prozent beruht, könnten also einen Anspruch haben. Bei vielen entfällt dieser Anspruch aber auch wieder, da die Teuerung den Senkungsanspruch vollständig kompensiert.
Entscheidend ist der Zeitpunkt, zu welchem der Mietvertrag abgeschlossen oder die letzte Mietzinsanpassung getätigt worden ist. Deshalb ist es essenziell, dass alle Mieter:innen zuerst mit dem Mietzinsrechner des Mieterverbands ihren Anspruch überprüfen, bevor sie ein Senkungsbegehren stellen. Insbesondere alle Mieter:innen, deren Mietverhältnis zwischen Mai 2012 und Dezember 2023 abgeschlossen oder angepasst wurde, laufen das Risiko, statt einer Senkung eine Erhöhung zu erhalten.
Die Miete wird nicht automatisch gesenkt, wie müssen Mieter:innen vorgehen?
Die Mieterschaft muss in einem ersten Schritt bei der Vermieterschaft ein schriftliches Herabsetzungsbegehren auf den nächstmöglichen Kündigungstermin stellen, unter Einhaltung der Kündigungsfrist. Ein Muster des Herabsetzungsbegehrens ist auf der Website mieterverband.ch abrufbar. Die Vermieterschaft muss innert 30 Tagen zum Herabsetzungsbegehren Stellung nehmen. Antwortet die Vermieterschaft nicht, nicht fristgemäss oder lehnt sie das Herabsetzungsbegehen ab, muss die Mieterschaft innert weiteren 30 Tagen an die Schlichtungsbehörde gelangen, wenn sie ihr Herabsetzungsbegehren durchsetzen will.
Sie raten nicht allen Mieter:innen, ein Senkungsbegehren zu schreiben. Warum?
Jede Senkung des Referenzzinses um 0,25 Prozent sollte zu einem theoretischen Rückgang der Nettomiete um 2,91 Prozent führen. Es können aber die Teuerung und eine Kostensteigerungspauschale gegengerechnet werden. Da die Teuerung in den letzten Jahren eher hoch war, werden trotz des sinkenden Referenzzinses viele Mieter:innen im Resultat keinen Anspruch auf eine Mietzinsreduktion haben, da die Teuerung den Senkungsanspruch kompensiert oder sogar übersteigt. Das ist eine spezielle Konstellation gegenüber vergangenen Referenzzinssenkungen. Der Grundsatz, dass bei gesunkenem Referenzzinssatz alle Mieter:innen eine Senkung bekommen können, deren Mietzins noch auf einem höheren Referenzzins beruht, gilt diesmal nicht.
Viele fürchten sich, dass sie ihre Vermieter:innen verärgern, wenn sie eine Senkung der Miete anfordern. Kann einem ein Nachteil entstehen?
Die Vermieterschaft ist verpflichtet, auf Antrag der Mieterschaft den Mietzins an den Referenzzins anzupassen, dies ergibt sich aus dem Gesetz und der Verordnung (Art. 12a und 13 VMWG). Zudem gehören solche Senkungsbegehren zum Tagesgeschäft von Vermieterschaften und die Angst, dies könnte negative Konsequenzen für Mieter:innen haben, ist in aller Regel unbegründet. Ein Nachteil kann aufgrund der speziellen Situation mit der Teuerung dann entstehen, wenn Mieter:innen ein Senkungsbegehren stellen, obwohl die Teuerung ihren Senkungsanspruch übersteigt. Dann kann die Mietzinsanpassung in einer Erhöhung resultieren. Deshalb ist es so wichtig, dass bei dieser Referenzzinssenkung alle Mieter:innen sorgfältig mit dem Mietzinsrechner prüfen, ob sie einen Senkungsanspruch haben, bevor sie diesen geltend machen.
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An der Universität Zürich hat Simon Politikwissenschaften und Publizistik studiert. Nach einem Praktikum bei Watson machte er sich selbstständig und hat zusammen mit einer Gruppe von motivierten Journalist:innen 2015 Tsüri.ch gegründet und vorangetrieben. Seit 2023 teilt er die Geschäftsleitung mit Elio und Lara. Sein Engagement für die Branche geht über die Stadtgrenze hinaus: Er ist Gründungsmitglied und Co-Präsident des Verbands Medien mit Zukunft und macht sich dort für die Zukunft dieser Branche stark. Zudem ist er Vize-Präsident des Gönnervereins für den Presserat und Jury-Mitglied des Zürcher Journalistenpreises. 2024 wurde er zum Lokaljournalist des Jahres gewählt.