Keine Corona-Soforthilfe für Medien, weil TX-Group Dividenden ausschüttet
Der Bundesrat wollte die Medien in der Corona-Krise mit 78 Millionen CHF unterstützen, wie Recherchen der WOZ zeigen. Doch die TX-Group (früher Tamedia) wollte nicht auf die Gewinnausschüttung verzichten. Mit Ausnahme von drei bis vier grossen Playern droht nun einer ganzen Branche das Aus.
Die Profitgier eines einzelnen Unternehmens bringt die Medienvielfalt in der Schweiz in ernsthafte Gefahr. Viele kleine traditionelle Verlage erleiden derzeit massive Aussfälle der Einnahmen, weil viele Unternehmen keine Werbung mehr schalten können. Auch wir bei Tsüri.ch rechnen mit Mindereinnahmen von rund 100'000 CHF, was rund einem Fünftel unseres Jahresbudgets entspricht. Kurzarbeit ist meist keine Option, weil die Journalist*innen durch das gesteigerte Informationsbedürfnis der Bevölkerung in dieser Krise Mehrarbeit leisten müssen. Also was tun? Die zuständige Bundesrätin Sommaruga schnürte ein Hilfspaket, das am 2. April in Kraft hätte treten sollen, dies zeigen Recherchen der WOZ.
Doch dazu kam es nicht. Einerseits wollten die bürgerlichen Bundesrät*innen die Medienbranche nicht gesondert behandeln, andererseits stiess der Regierung die Gewinnausschüttung der TX-Group von über 37 Millionen CHF sauer auf. Über das moralisch fragwürdige Verhalten des Verlages, zu dem unter anderem der Tagi und 20 Minuten gehören, haben wir an dieser Stelle berichtet.
Damit schreitet der Strukturwandel der Medienbranche mit massiv gesteigertem Tempo und einer absurd hohen Intensität weiter voran: Die Werbung verschwindet aus den Print-Zeitungen, die grossen Verlage profitieren am stärksten von der indirekten staatlichen Förderung und scheffeln mit ihren Tech-Plattformen Millionen. Gleichzeitig kämpfen die kleineren Verlage ums Überleben und suchen händeringend nach neuen Geschäftsmodellen; doch dies geht nicht schnell genug. Der Staat muss helfen, sonst haben wir bald nur noch Tamedia, NZZ und Ringier.
Die Dreistigkeit der TX-Group, in einer solchen Situation das eigene Personal auf Kurzarbeit zu stellen und gleichzeitig Dividenden auszuzahlen, ist das eine. Nochmals ein anderes Thema ist, mit dieser finanziellen Bereicherung die Medienvielfalt in der Schweiz und das Fortbestehen einer ganzen Branche zu riskieren. Herr Supino ist nicht nur Chef des grössten Verlages der Schweiz, welcher die Medienkonzentration in der Schweiz massgeblich geprägt hat. Herr Supino ist auch Präsident des «Verband Schweizer Medien», dem grössten Verlegerverband des Landes. Herr Supino, als Verleger, als Unternehmer, als oberster Verterter der Branche, kurz: als mächtiger Mann, haben Sie eine Verantwortung. Nehmen Sie diese wahr!
Danke für nichts, TX-Group und Verwaltungsratspräsident Pietro Supino!
Disclaimer: Vom geplatzten Hilfspaket für die Medien hätten wir von Tsüri.ch nicht profitiert. Der Bundesrat wollte nur Zeitungen aus Papier, die Nachrichtenagentur, Radios und Fernsehsender unterstützen. Für reine Online-Medien hätte es nichts gegeben.
<div style="background-color:#3dafe8;color:white;font-weight:bold;padding:10px"> Medien mit Zukunft</div> <div style="font-size:18px;padding:10px;background-color:#dddddd"> Der «Verband Medien mit Zukunft», zu dem auch Tsüri.ch gehört, hat sich im Sommer 2017 aus folgender Überzeugung gegründet: Journalismus ist zwar kein lukratives Geschäft mehr, unsere demokratische Gesellschaft braucht ihn trotzdem. Zu den Mitgliedern gehören neben Tsüri.ch die WOZ, die Republik, Bajour, das Lamm, Saiten, Zentralplus und viele weitere, die sich vom Supino dominierten «Verband Schweizer Medien» nicht (mehr) vertreten fühlen. Es sind diese Medien, die mit ihrem unabhängigen Journalismus die Medienvielfalt in der Schweiz am Leben halten. </a>
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An der Universität Zürich hat Simon Politikwissenschaften und Publizistik studiert. Nach einem Praktikum bei Watson machte er sich selbstständig und hat zusammen mit einer Gruppe von motivierten Journalist:innen 2015 Tsüri.ch gegründet und vorangetrieben. Seit 2023 teilt er die Geschäftsleitung mit Elio und Lara. Sein Engagement für die Branche geht über die Stadtgrenze hinaus: Er ist Gründungsmitglied und Co-Präsident des Verbands Medien mit Zukunft und macht sich dort für die Zukunft dieser Branche stark. Zudem ist er Vize-Präsident des Gönnervereins für den Presserat und Jury-Mitglied des Zürcher Journalistenpreises. 2024 wurde er zum Lokaljournalist des Jahres gewählt.