«Format Records Books»: Mobiler Plattenladen wird im Kreis 5 sesshaft

Die Geroldstrasse im Kreis 5 ist um einen Schallplattenladen reicher. Seit Mai mischt «Format Records Books» die Szene auf. Doch davon leben können die Betreiber:innen nicht – zumindest noch nicht.

Neben Schallplatten finden Musikfans im «Format» auch Naturwein und Bücher. (Bild: Isabel Brun)

Die Geroldstrasse im Kreis 5 ist nicht nur nachts gut besucht, auch tagsüber tummeln sich hier Tourist:innen, Geschäftsleute und Kulturinteressierte. Das Areal neben der Hardbrücke gilt als beliebtes Ausflugsziel in Zürich.

Etwas versteckt zwischen Ateliers, einem Möbelladen und einem Architekturbüro befindet sich der Laden von Lena Schwarz und Matteo Scalas. Im «Format Records Books» verkaufen die beiden Schallplatten, Bücher und Naturwein. Nach dem Umzug vom Kreis 3 in den Kreis 5 vergangenen Mai erhoffen sich die Betreiber:innen hier einen Neustart – und mehr Laufkundschaft. Noch müssen beide andernorts arbeiten, um das Projekt zu finanzieren. 

Doch ein kommerzieller Laden sei auch nicht das Ziel: Vielmehr gehe es ihnen um eine lebendige Musikszene. Und dafür braucht es laut Schwarz Orte wie «Format».

Vom Feuerwehrauto zum Ladenlokal

Seit 2022 verfolgt das Paar den Traum eines eigenen Plattenladens. Ihr umgebautes Feuerwehrauto stand für ein Jahr regelmässig auf der Zwischennutzung «Park Platz», auf Festivals und Märkten in Zürich. Ein mobiler Plattenladen, mit dem sich Scalas und Schwarz eine Stammkundschaft aufbauten.

Der Plattenladen ist ein Familienbetrieb: Lena Schwarz und Matteo Scalas mit einer ihrer beiden Töchter. (Bild: Isabel Brun)

«Wir setzten schon von Beginn an auf kleine Labels, die in Mainstream-Plattenläden selten vertreten sind», sagt Matteo Scalas. Der gebürtige Italiener ist für die Musikauswahl zuständig. In seiner Leidenschaft für elektronische Musik liegt der Ursprung für «Format Records Books».

«Die Idee für einen fixen Standort kam von unserer Kundschaft», sagt Lena Schwarz. Als sie die Platten noch aus dem feuerroten Bus verkauften, seien sie immer wieder nach ihrer Adresse gefragt worden. Also suchten sie nach einem geeigneten Lokal – und wurden schliesslich im Kreis 3 fündig.

Zwei Jahre lang verkaufte die junge Familie ihre Platten an der Zentralstrasse, in einem Lokal, das gleichzeitig ihr Zuhause war. Doch obwohl das Geschäft gut ins Quartier zu passen schien, blieb die Kundschaft aus.

«Wir wollen mehr sein als ein kommerzieller Laden.»

Lena Schwarz, Betreiberin von «Format»

Scalas und Schwarz waren auf dem Boden der Tatsachen angekommen: «Unser ganzes Vermögen ist in diese Schallplatten geflossen», so Schwarz. Bis heute arbeiten beide Teilzeit, um den Traum zu ermöglichen. Ein Balanceakt für die zweifachen Eltern.

Ist die Zukunft analog?

Trotzdem glaubt das Duo fest daran, immer mehr vom Plattenladen leben zu können. Deshalb zögerten sie nicht lange, als sich die Möglichkeit bot, eine kleine Ladenfläche an der Geroldstrasse zu mieten. «Der Ort bietet mehr Laufkundschaft, aber auch eine stärkere Verbindung zur Szene», sagt Schwarz. Angesichts der hohen Clubdichte auf dem Areal sei die Chance gross, dass DJs vor ihrem Gig im Laden vorbeischauen würden.

  • Matteo Scalas will mit «Format» sein Hobby zum Beruf machen. (Bild: Isabel Brun)

  • Die Betreiber:innen sind in der Szene mittlerweile gut vernetzt. (Bild: Isabel Brun)

  • Lena Schwarz erhofft sich vom neuen Standort mehr Sichtbarkeit. (Bild: Isabel Brun)

Gleichzeitig wollen die beiden mit ihrem Projekt lokale Künstler:innen unterstützen. Denn im «Format» werden nicht nur Platten verkauft, sondern auch aufgelegt. Seit Juni veranstalteten sie jeden Donnerstag «Instore Sessions», wo DJs ihre Sets zum Besten geben konnten. Nun seien weitere Formate geplant, bei denen Plattenliebhaber:innen ihre Sammlungen durch eine Auswahl an Werken vor Ort ergänzen sollen.

«Wir wollen mehr sein als ein kommerzieller Laden», so Schwarz.

Obwohl sich ein Grossteil unseres Alltags im virtuellen Raum bewegt, sind die Betreiber:innen davon überzeugt, dass Schallplatten Zukunft haben: «Es ist einfach ein Unterschied, Musik online zu kaufen, oder sie physisch in den Händen halten zu können», sagt Scalas.

Auch Leseratten werden im Laden an der Geroldstasse fündig. (Bild: Isabel Brun)

Dass das Produkt auch entsprechend teurer ist als ein Link im Internet, ist ihm zufolge Fluch und Segen zugleich: «Einerseits können so auch junge, unbekannte Musikschaffende Songs veröffentlichen, andererseits verliert ein Handwerk an Relevanz.» Die Herstellung von Vinylplatten sei für Labels ein Nullsummenspiel, so Scalas.

Überleben dank Netzwerk

Trotzdem bleiben Schallplatten laut Scalas bei DJs beliebt – und auch viele Clubs setzen auf Künstler:innen, die mit Vinyl auflegen. Gleich neben dem «Format» liegt die Studio Bar.

Der Name ist Programm: Hier werden hauptsächlich Platten gespielt. Für Scalas und Schwarz ein Glücksfall, denn Kooperationen mit Veranstaltungslokalen oder Produzent:innen behalten die Szene am Leben. 

So auch jene, die bis ins Tessin reicht. Ab Herbst soll es ausgewählte Platten von «Format Records Books» auch im «Tutto / Niente», einer neuen Listening Bar in Lugano, zu kaufen geben. Gute Beziehungen zu Menschen im Club- und Musikbusiness seien entscheidend, um einen Laden wie ihren zum Laufen zu bringen, sagt Schwarz.

Auch die Bücher und Naturweine, die es im «Format» zu kaufen gibt, haben einen Bezug zu den beiden Betreiber:innen. So kennt Scalas viele der Weinproduzent:innen in Italien persönlich.

Und die Bücher und Zeitschriften werden von Schwarz sorgfältig ausgewählt; sie drehen sich – wie sollte es anders sein – um Musik, Clubkultur und Schallplatten.

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isabel

Ausbildung zur tiermedizinischen Praxisassistentin bei der Tierklinik Obergrund Luzern. Danach zweiter Bildungsweg via Kommunikationsstudium an der ZHAW. Praktikum bei Tsüri.ch 2019, dabei das Herz an den Lokaljournalismus verloren und in Zürich geblieben. Seit Anfang 2025 in der Rolle als Redaktionsleiterin. Zudem Teilzeit im Sozialmarketing bei Interprise angestellt.  

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