FDP-Präsident Avdili: «Ich bin näher an der Realität als manch Parteifunktionär»
Die FDP Zürich kassierte am Wochenende gleich zwei Niederlagen – bei höheren Parkgebühren und beim günstigen ÖV-Abo. FDP-Präsident Përparim Avdili erklärt, warum er trotz dieser Abstimmungspleiten an die bürgerliche Wende glaubt.
Herr Avdili, die FDP hat am Wochenende zweimal verloren: bei der Erhöhung der Parkgebühren und dem günstigen ÖV-Abo. Verlieren Sie nach diesen Abstimmungen ein bisschen den Glauben an die viel beschworene bürgerliche Wende?
Abstimmungen sind das eine, Wahlen das andere. Aber auch inhaltlich kann man das mit Blick auf den ÖV sicher differenzierter betrachten, der ja jenseits parteipolitischer Überlegungen vor allem auch eine Frage des individuellen Nutzens ist. Insofern haben wohl auch einige Bürgerliche dem günstigeren ÖV-Abo zugestimmt, würden aber deswegen niemals links wählen.
Sie hatten in der Vergangenheit von einem «Kipppunkt» gesprochen – jetzt scheint das Pendel eher stabil links zu bleiben. Haben Sie sich in der politischen Wetterlage verschätzt – oder die Zürcher:innen schlicht überschätzt?
Überschätzt? Ein genauer Blick auf die Zahlen zeigt, dass bei den Abstimmungen zum Klimagesetz die Ja-Anteile und bei der Parkkartenverordnung und gar beim Laubbläser-Verbot auch die Nein-Anteile in der Stadt Zürich deutlich hinter den entsprechenden Parteistärken blieben.
Wenn die FDP von «Zürich befreien» spricht, während das Stimmvolk mit klaren Mehrheiten grüne und soziale Anliegen gutheisst: Ist das dann nicht eine veritable Entfremdung vom städtischen Alltag?
Wenn ich das einmal pro domo beantworten darf: Ich bin als Arbeiterkind, Secondo, ehemaliger Paketbote, Bildungsaufsteiger und Mieter sicher näher an der Realität dieser Stadtgesellschaft, als so manch anderer Parteifunktionär. Welche andere Partei hatte diesen Mut bei ihrer Nominierung?
Im November stehen bereits wieder wegweisende Abstimmungen an. Es geht um Wohnpolitik, Tempo 30 und Krankenkassenprämien – alles zentrale Themen. Ein letzter grosser Stimmungstest vor den Wahlen im März. Kommt der Kipppunkt dann?
Es geht darum, dass wir hier alle gemeinsam die Zukunft unserer Stadt positiv gestalten. Und das heisst für mich vor allem, dass wir wirtschaftlich vorankommen und wir endlich mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen, damit auch Menschen mit tieferen Einkommen hier noch eine Wohnung finden.
Fliessen die Abstimmungsergebnisse vom Sonntag in die Wahlkampfstrategie der FDP mit ein? Braucht es eine Anpassung?
Wir sind strategisch gut aufgestellt.
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An der Universität Zürich hat Simon Politikwissenschaften und Publizistik studiert. Nach einem Praktikum bei Watson machte er sich selbstständig und hat zusammen mit einer Gruppe von motivierten Journalist:innen 2015 Tsüri.ch gegründet und vorangetrieben. Seit 2023 teilt er die Geschäftsleitung mit Elio und Nina. Sein Engagement für die Branche geht über die Stadtgrenze hinaus: Er ist Gründungsmitglied und Co-Präsident des Verbands Medien mit Zukunft und macht sich dort für die Zukunft dieser Branche stark. Zudem ist er Vize-Präsident des Gönnervereins für den Presserat und Jury-Mitglied des Zürcher Journalistenpreises. 2024 wurde er zum Lokaljournalist des Jahres gewählt.