Dominik Rogenmoser: Plattensammler, Szenekenner und Tsüri-Member

In der Zukunft fühlt sich Dominik wohl, bei seiner Leidenschaft hingegen, spielt die Vergangenheit eine wichtige Rolle: Der Zürcher diggt gerne in Plattenläden und bringt seine Entdeckungen als DJ unter die Meute. Ein Tsüri-Member, der mehr Züri kaum sein könnte.

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«Ich bin sehr praktisch veranlagt – und Platten sind total unpraktisch», sagt Dominik und schlürft von seinem Cappuccino. Sie seien, nebst den üblichen Gebrauchsgegenständen, sein einziger Besitz, auf den er nicht verzichten könne. Dabei gehe es bei seiner Leidenschaft für Vinylplatten um viel mehr, als nur um das Musik hören: «Zum einen mag ich das Haptische. Es fühlt sich anders an, eine Platte anstelle eines USB-Sticks in den Händen zu halten. Andererseits habe ich das Sammel-Gen in die Wiege gelegt bekommen.»

Dieses Sammel-Gen bescherte dem 24-jährigen Zürcher über zweitausend Plattenträger. Zu fünf davon hat er eine ganz spezielle Beziehung.

Kalabrese – Independent Dancer (2013)

In seiner Familie sei niemand ein Musiknerd gewesen, erzählt Dominik. Erst mit 14 Jahren, als er mit seinen älteren Freunden begann, Clubs zu besuchen («Wir waren oft im Oxa oder dem Garden Club in Winterthur.»), fing die elektronische Musik an, eine Rolle in Dominiks Leben zu spielen. «Ich konnte mir weder Alkohol kaufen, noch hatten sich damals Mädels für mich interessiert», lacht er. Ihm sei also nichts anderes übriggeblieben, als sich mit der Musik zu beschäftigen. Während das damals noch EDM-Tracks waren, hat sich der junge Plattensammler heute dem House der 80er und reduzierten Technoklängen verschrieben.

Der Wendepunkt in Dominiks Musikwelt sei «Independent Dancer» des Zürcher DJs Kalabrese gewesen. Seine erste Platte: «Das Album hat meinen Musikgeschmack neu definiert: Die Verbindung zu den Ursprüngen der elektronischen Musik gepaart mit einer unbeschwerten Funkyness, das hatte mich geflasht – und tut es noch immer.»

Lexx – Young Corner (2014)

Eine weitere Person, die Dominiks musikalischen Weg nachhaltig geprägt hatte, war sein Geschichtslehrer aus der Berufsmaturitätsschule: «Ich hatte einen Kleber der Band Justice auf meinem Ordner, als mein Lehrer meinte: ‘Nicht so mega schlecht, aber auch nicht so mega cool.’» Wenige Tage später machte er es sich zur Aufgabe, Dominik Tracks auf einen USB-Stick zu laden, die sich der damals 20-Jährige als Hausaufgabe anhören sollte. Kurz darauf wurde dieser mit dem Digger-Virus infiziert und begann, stundenlang in Zürcher Plattenläden zu stöbern.

Die Musik des Produzenten Alex Storrer alias Lexx habe ihn besonders fasziniert, erzählt Dominik: «Es gibt nur wenige in der Szene, die musikalisch so versiert sind und es trotzdem niemandem unter die Nase reiben müssen.» Damals besuchte er jeden Event, an dem Storrer seine Platten auflegte – heute stehen sie auch mal gemeinsam hinter dem DJ-Pult.

Delakeyz – Dancin Kid (2016)

Der gelernte Informatiker wollte aber nicht zwingend DJ werden: Das habe sich durch das Radiomachen so ergeben, sagt er. Zusammen mit drei Freunden gründete Dominik Ende 2015 das Kollektiv 45rpm.ch. Wenig später mixten die vier Musiknerds einmal im Monat für das Zürcher Lokalradio GDS.FM ihre Lieblingstracks zusammen – anfangs noch mühsam vor Sendezeit auf Band, später live. Dominik hatte Blut geleckt: «Wir begannen Parties – beispielsweise in der Schneiderei – zu organisieren, an welchen wir selber auflegten.» Zeit dafür hatte er: Nach einem halben Jahr in einem Informatikunternehmen und dem anschliessenden Militärdienst genehmigte sich der junge Zürcher eine Pause.

Mein Chef musste mich anfangs dazu zwingen, ins Berghain zu gehen.

Dominik Rogenmoser

In dieser entstand auch das Projekt um das Label «Hommes Du Monde», welches er mit dem 45rpm-Kollektiv aufzog. Zusammen mit dem Künstler Delakeys, der mittlerweile als Melodiesinfonie bis ins Ausland hohe Wellen schlägt, produzierten sie ihre erste Vinylplatte. Diese stiess auf enorme Resonanz: 500 Platten verkauften Dominik und seine Freunde. Für ihn «ein kleines Wunder», denn die Vermarktung und Distribution leisteten sie in Eigenregie. Seither folge Dominik dem Motto: «Learning by doing».

Grauzone – Eisbær (1981)

Diesem Motto blieb er auch im Jahr nach dem Labelrelease treu. Noch während des Projekts suchte sich der junge Macher eine Praktikumsstelle als Journalist und reiste dazu nach Berlin, um beim renommierten Groove Magazin zu arbeiten. «Es war eine aufregende Zeit. Ich fand dort viele Freund*innen und habe viel über Musik und die Szene gelernt», sagt Dominik. Auch wenn erst nicht alles seinem Gusto entsprach: «Mein Chef musste mich anfangs dazu zwingen, ins Berghain zu gehen», lacht er heute.

Spontane WG-Parties seien da schon eher seine Welt gewesen. An diesen hätten die semi-professionellen DJs den ganzen Sommer lang dieselbe Platte rauf und runter gespielt: Eisbær der Schweizer 80er-Jahre-Band Grauzone. «Gute Erinnerungen» habe er an die Stadt im Nordosten Deutschlands, welche trotz der anfänglichen Zweifel heute seine Lieblingsstadt sei.

Various – Kampf der Welten EP (2019

Zurück in die Schweiz kam Dominik nur aufgrund seines Studiums, das er im Herbst 2017 begann und ein Jahr darauf wieder abbrach. Nicht, weil er das Schreiben nicht gemocht hätte, sondern weil das Studium seine Ideen ausbremste. «Diesen Schritt bereue ich nicht», sagt der Ex-Kommunikationsstudent. Nach seiner Zeit an der Hochschule begann er, für den Club Zukunft zu arbeiten und lernte dadurch noch mehr Menschen aus verschiedenen Bereichen der Zürcher Szene kennen.

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Das sei mitunter ein Grund gewesen, weshalb er sein Debüt als alleiniger Labelmanager vorantrieb. «Subject To Restrictions Disc» heisst Dominiks Baby, das im Frühling dieses Jahres das Licht der Welt erblickte. Kaum geboren, lieferte es auch sogleich ab: Kampf der Welten beinhaltet ausschliesslich Künstler*innen ohne viel Reichweite. Sein Ziel sei es, Underdogs eine Plattform zu bieten, damit diese wahrgenommen würden, sagt der junge Labelmanager: «Ich möchte, dass Zürich in der globalen Musikszene zu einem Spot wird.»

Wie auch die Schweizer Medienlandschaft, werde die Musikszene von einigen grossen Player*innen dominiert. Dagegen kämpfe er an. Und weil Dominik seinen Prinzipien treu bleibt, ist er stolzer Tsüri-Member: «Es ist eine gute Sache und gute Sachen unterstütze ich gerne.»

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