DJs und Rimowa-Koffer – eine Liebesgeschichte

Unser Nachtleben-Kolumnist Dominik André schreibt dieses Mal über das DJ-Accessoire schlechthin: Den Rimowa-Koffer. Weshalb dieser so beliebt ist und unter welchen Umständen Dominik zu seinem Exemplar kam, erfährst du, wenn du weiterliest.

Keyvisual mit Rahmen-D
Illustration: Zana Selimi

Neulich war ich im Hund, eine neue Bar auf Zeit bei der Quellenstrasse. Dort angekommen, erspähte ich in der einen Ecke zwei Rimowa-Koffer – das Modell «Pilot». Stets ein klares Indiz dafür, dass DJs im Haus sind. Mir waren sogar die Besitzer bekannt. Es handelte sich um das DJ-Duo Coco Fresco, das sich über die letzten Jahre einen Namen für Tanzflächen-taugliche Musik mit obskurem Charakter gemacht hat. Ich wusste auch, was sich in den Koffern befand: Vinyl.

Der Koffer als Statussymbol


Der Rimowa-Koffer mit seiner charakteristischen Aluminium-Verschalung ist das DJ-Accessoir schlechthin. Jede:r der:die einen solchen besitzt, lässt sich mit ihm fotografieren. Dabei sollen der Legende nach DJs das Gepäckstück beim Kabinenpersonal auf ihren Flügen von und zu ihren Auftritten entdeckt haben. Vermutlich so Anfang der 2000er-Jahre, wo dank des «Easy-Jet-Tourismus», wie es Tobias Rapp in seinem Buch «Lost and Sound» nannte, nicht nur Raver:innen, sondern auch DJs begannen, um den Globus zu jetten.

Als DJs noch hauptsächlich mit Platten unterwegs waren, war der sichere Transport der Ware natürlich essenziell. Weshalb sich die Aluminiumkoffer der 1931 in Köln gegründeten Marke Rimowa natürlich anbietet. Doch Koffer sind nicht nur für ihre Langlebigkeit und Robustheit bekannt, sie sehen auch einfach unverschämt gut aus. 

Inzwischen gehört die Marke zum Louis Vuitton Konzern LVMH und wird als Lifestyle-Brand vermarktet. Im Zuge der Übernahme 2016 wurden Superstar-DJs wie Peggy Gou zu Brand-Ambassadors gemacht und somit wendete sich das Blatt von unbezahlten Werbeträger:innen zu bezahlten – aber natürlich nur für die ganz bekannten DJs.

Echte DJs fahren Rimowa

Statussymbol ist der Koffer aber bis heute, auch wenn – man muss es an dieser Stelle sagen – nur noch wenige DJs mit Vinyl spielen. Erst recht nicht diejenigen, die regelmässig ein Flugzeug boarden. Zu schwer sind die PVC-Scheiben für die Handgepäckvorschriften und auch für den eigenen Rücken. Ebenfalls zu umständlich ist die Handhabung. Einst galt das Auflegen mit Platten noch als «real» und man bekam gewisse Anerkennung dafür, doch diese Zeiten sind auch vorbei. Was bleibt, ist der Rimowa Koffer.

Eine der wenigen international tourenden DJs, bei denen der Rimowa noch als Vinyl-Transport-Utensil zum Einsatz kommt, ist Marie Montexier. Die Kölner DJ hat das Spielen mit Platten und den Rimowa-Koffer zu ihrem Markenzeichen gemacht. Als sie diesen Sommer in Interlaken spielte, war das dann auch gleich unser Gesprächsthema. Denn ihr Koffer hat einen ledernen Tragegriff, wohingegen meiner aus Plastik ist. Marie ist sehr stolz auf ihren Koffer, auch weil er in einer Spezial-Ausführung daher kommt.

Mit meinem Rimowa am HB vor der Abfahrt nach Berlin
Dominik mit seinem Rinowa am HB vor der Abfahrt nach Berlin. (Bild: zvg)

Ja, auch ich bin ein Koffer-Nerd

Obwohl mein Koffer nicht so «cool» ist wie der von Marie, gibt es dazu eine tolle Geschichte. Mein Koffer steht nämlich in direkter Verbindung mit einem der oben erwähnten Easyjet-DJs.

Es war vor ein paar Jahren. Ich sass bei Burgermeister am Berliner Kotti und wartete auf meine Bestellung. Weil mir langweilig war, stöberte ich bei Ebay Kleinanzeigen und fand das Angebot für den «Pilot» zu einem fairen Preis. Alte Modelle wie dieses erzielen auf Auktionsplattformen heute noch Preise, die man auch für einen neuen Koffer hinlegen müsste. Lucky me: Ich bezahlte ein Drittel des ansonsten üblichen Preises. 

Mit meinem Rimowa in Interlaken
Dominik mit seinem Rinowa in Interlaken. (Bild: zvg)

Nach kurzem Hin und Her habe ich mit der netten Person am anderen Ende des Chats einen Übergabetermin vereinbart. Tags darauf stand ich vor dem Klingelschild «Schwarz». Mein erster Gedanke täuschte nicht. Ein paar Minuten später stand ich in der Wohnung von Ali Schwarz, der als Teil des Duos Tiefschwarz, das Anfang und Mitte der 2000er viel rumdüste. Ali war gerade dabei, sich auf seinen Auftritt in Genf vorzubereiten. Es war für ihn sichtlich keine einfache Entscheidung, sich von seinem Rimowa zu trennen. Nach einem kurzen Gespräch meinte er jedoch, dass sein Koffer immerhin in gute Hände komme.

Auf meinem Rimowa in Lausanne
Dominik mit seinem Rimowa in Lausanne. (Bild: zvg)

Seither ziehe auch ich meine Platten mit meinem Rimowa-«Pilot» von Auftritt zu Auftritt – und natürlich lasse ich mich damit ablichten. Denn ja, was soll ich sagen: Der Koffer gehört für mich zum Bild eines DJs, das mich begleitet, seitdem meine Faszination für elektronische Musik und DJ-Kultur begann. Und wenn ich mir schon unterstellen lassen muss, eine Schwäche für materielle Statussymbole zu haben, dann immerhin für diesen Koffer.

Dominik Andre

Dominik André

Dominik André schreibt seit einigen Jahren über DJ-Kultur, Musik-Nerd-Kram und manchmal auch über das Musikgeschäft. 2014 mitbegründete er das Onlinemagazin 45rpm.ch und schrieb eine Zeit lang für das Groove Magazin in Berlin und das Szene- und Eventportal ubwg.ch. Als aktiver DJ und Betreiber des Plattenlabels Subject To Restrictions Discs lebt er mit, um und in Clubs und Plattenläden. Für Tsüri.ch schreibt er regelmässig über Clubkultur und was die hiesige DJ-Szene grade umtreibt.

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