Das Phänomen Prix Garanti

Eine junge Berner Band sorgte am vergangenen 1.-Mai-Wochenende auf dem Kasernenareal für Begeisterung unter Zürcher:innen. Prix Garanti polarisiert: Die einen lieben sie, die anderen können nichts mit ihr anfangen. Und stets bleibt die Frage: Was soll das überhaupt?

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Eigenwillig und bei Jungen sehr beliebt: Die Berner:innen von Prix Garanti. (Bild: Marion Bernet)

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In Berner WGs und unter Jugendlichen ist sie aktuell hoch im Kurs: Die Band Prix Garanti. Dabei weiss eigentlich niemand, welchem Stil die Musik der jungen Berner:innen zuzuordnen ist: Mal ein schneller Techno-Beat, mal ein langsames, melancholisches Musikstück. Dazu Texte, die beim ersten Hören so absurd tönen, als wären sie dem Sänger spontan in den Sinn gekommen. Dieser Gegensatz fasziniert. Doch ist das ernst gemeint? Oder bloss Trash?

«Unsere Musik ist wie Prix Garantie: billig, aber geil», sagte Bandmitglied Milena Keller einst gegenüber Radio RaBe, in Anspielung auf die Billiglinie von Coop. Keller ist die Drummerin der Band, die weiter aus Candid Rütter, Maxi Ehrenzeller, Noah Reusser und Kevin Zeller besteht. Alle sind sie zwischen 23 und 31 Jahre alt.

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Prix-Garanti-Texte sind oft mehr gesprochen als gesungen. (Bild: Marion Bernet)

Wie dieser Spagat zwischen «billig» und «geil» klingen kann, zeigt das Lied «Mops». Es beginnt mit einem eingängig poppigen Instrumentalteil. Der Sänger setzt ein – berndeutsch und mehr monoton sprechend als singend: «Ig bsteue mer sone Mops us China. Free shipping. U när ghört er mir. Investmentbanking.» Erster Gedanke: Was soll das? Erst beim genaueren Hinhören realisiert man die Tiefe des Textes, die Absurdität der Haustierhaltung, die einem da gerade aufgezeigt wird. Der Besitz eines Tieres als Demonstration von Macht und Überlegenheit.

Die Musikvideos unterstreichen den eigenen, teils eigenartigen Stil von Prix Garanti. Ein Beispiel: Das Video zu «Hardlife Bern». Es zeigt eine Moped-Tour durch die Bundesstadt. Gespickt mit Design-Elementen aus den 90er-Jahren, abgedrehten Einblendungen und animierten Retro-Sternen mitten im Video. Dass die Dynamik im Video plötzlich stoppt, weil die Hauptfigur ihrem Begleiter beim Verspeisen einer Döner-Box zuschaut: geschenkt!

Wie sollen die Hörer:innen das verstehen? Sollen sie es überhaupt verstehen? «Wir schreiben keine Songs, sondern Geschichten, die uns im Alltag begegnen, die uns beschäftigen», sagt Maxi Ehrenzeller. Gemeinsam mit Noah Reusser ist er für die Texte von Prix Garanti verantwortlich. Eben diese Geschichten vertonen sie anschliessend mit griffigem Sound. «Lyrik mit Musik eigentlich», so Ehrenzeller.

Alles andere als normal

Prix Garanti polarisieren. Die einen feiern ihren unorthodoxen Stil, die anderen können nichts mit ihnen anfangen – wegen ihres unorthodoxen Stils. Insbesondere die monotone Stimme in Kombination mit poppigen Beats wirkt für viele abstrus. Doch der Erfolg gibt der Band recht: Die Musikförderung Bern zeichnete ihre Debüt-EP «Nüt isch guet u aues isch scheisse» jüngst als bestes Berner Album 2021 aus. Und im Juli spielt die Band am Gurtenfestival. Bloss: Bis jetzt sind erst acht Lieder auf kommerziellen Plattformen veröffentlicht. Reicht das für ein Set am «Güsche»? Ehrenzeller beschwichtigt: Sie hätten noch viel mehr Lieder in petto als jene, die online zu finden sind. «Einige davon sind aber so schlecht, dass wir sie wohl gar nie veröffentlichen werden.» Live probiere die Band aber immer Unterschiedliches aus. «So merken wir, was funktioniert und was nicht», so Ehrenzeller.

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«I ga unger im Lärm u fiire dür d Stadt ganz elei. Lueg mau dä Stärn. Hardlife Bern» – Prix Garanti im Lied «Hardlife Bern» (Bild: Marion Bernet)

Gerade die textliche Variabilität ist bei Prix Garanti gross: Mal geht es um die quasireligiöse Anbetung von DJs, ein andermal um den sportlichen Erfolg der einst doch so sympathisch erfolglosen Berner Young Boys. Diese Breite an Themen und Musikstilen erschwert die Einordnung in ein Genre zusätzlich. Ist es Post-Punk? Mundart-Synth? Avantgarde-Pop? Selbst Sänger Maxi Ehrenzeller hat Mühe: «Müsste ich mich festlegen, würde ich es als Pop bezeichnen.» So trivial? «Irgendwann ist alles Pop», sagt er und schmunzelt. Vielleicht sei ja gar nicht schlecht, dass sie nirgends einzuordnen seien. «Das würde ja bedeuten, dass wir einen neuen Musikstil kreiert hätten.»

Am Anfang war die Party

Entstanden ist Prix Garanti eher spontan im Sommer 2020: An einer Party entwickelten die Freunde Noah Reusser und Maxi Ehrenzeller die Idee einer eigenen Band gemeinsam mit Kevin Zeller. Konkret wurde es aber nicht. Die Idee war bereits fast wieder vergessen – bis eine konkrete Anfrage für ein Konzert eintraf. Eine Bekannte hatte an besagter Party von der Band-Idee gehört und die noch namenlose Band kurzerhand für ein Konzert in den Tiefen des Berner Underground-Kulturlebens gebucht.

Zeller organisierte daraufhin einen Bandraum, in dem sie drei Tage vor dem Konzert ein erstes und einziges Mal probten. Die kurze Vorbereitungszeit sorgte für Nervosität: «Wir sollten gleich zur Primetime auftreten, aber dafür waren wir dann doch noch nicht bereit», sagt Ehrenzeller. Stattdessen spielten die damals noch dreiköpfige Band um vier Uhr morgens. Dabei lief das Konzert so spontan ab, wie die Gründung der Band. Bloss die bereits existierenden Texte hatten sie im Vornherein definiert. «Vieles war improvisiert», sagt Ehrenzeller. Weil das Konzert aber so gut lief, hätten sie sogar länger gespielt als vorgesehen.

Auch nach der Gründung passierte bei Prix Garanti vieles kurzfristig und spontan. So haben sie die Basis ihrer preisgekrönten Debüt-EP in einem Tag aufgenommen. Dabei hilft den Bandmitgliedern, dass sie allesamt in der Berner Kunst- und Musikszene verwurzelt sind – auch wenn Ehrenzeller inzwischen zeitweise in den Niederlanden lebt. Maxi Ehrenzeller studiert Fine Arts, Noah Reusser und Candid Rütter Sound Arts. Im Gespräch wird deutlich: Die drei wissen, wie ein Popsong klingen muss, damit er gut ankommt.

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Nicht alle Bandmitglieder leben mehr in Bern, entsprechend schwieriger wurde die Organisation von Bandproben. (Bild: Marion Bernet)

Prix Garanti sei denn auch kein Spassprojekt, versichert Ehrenzeller. «Dafür investieren wir zu viel Zeit, Energie und Liebe.» Auch deshalb wolle Prix Garanti keine Szene-Band bleiben. «Kommerzieller Erfolg wäre toll, von der Musik leben zu können bleibt jedoch illusorisch», sagt Ehrenzeller.

Ein Schritt in diese Richtung könnte ihr kommendes Album sein. Darauf soll Prix Garanti anders klingen als noch auf der letztjährigen EP: «Die Themen und Interessen der Band haben sich verändert, dementsprechend verändert sich auch unsere Musik», so Ehrenzeller. Das Album soll noch in den kommenden Monaten erscheinen – vor dem Auftritt am Gurtenfestival. Ganz sicher sei das aber noch nicht, sagt Ehrenzeller. «Wir schauen da eher spontan.» Prix Garanti halt.

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