Das war die Pitch-Night zum Fokus Kreislaufwirtschaft

In einer Kreislaufwirtschaft landen Materialien und Energie nicht auf dem Abfall oder verpuffen. Ist das die Lösung für die Klimakrise? An der Pitch-Night geben sieben Expert:innen Antworten.

Pitch-Night-Kreislaufwirtschaft-Lara-Blatter
Moderatorin Lara Blatter führt durch den Abend in der Freitag-Halle. (Bild: Tsüri.ch / Julian Bucher)

In unserer Konsumgesellschaft gehen täglich Ressourcen, Materialien und Energie verloren. Sie landen im Abfall oder verpuffen. Eine Katastrophe fürs Klima. Ein Lösungsansatz ist die Kreislaufwirtschaft. Im Gegensatz zur linearen Wirtschaft ist das Ziel der Kreislaufwirtschaft, den Lebenszyklus von Produkten durch Wiederverwendung, oder Upcycling zu verlängern und im Kreislauf zu behalten.

Wie aber soll das funktionieren? Wo sind die grössten Hebel? Welche neuen Geschäftsmodelle ergeben sich daraus und wie machen wir konkrete Produkte langlebiger?

An der Pitch-Night von Tsüri.ch haben sieben Expert:innen in je sieben Minuten versucht, diese Fragen zu beantworten. Fast 200 Personen haben in der Produktionshalle von «FREITAG» den Pitches gelauscht.

Anna Blattert – «FREITAG»

Die Freitag-Taschen werden aus alten Lastwagenplanen hergestellt und sind damit ein Paradebeispiel für Kreislaufwirtschaft. Seit über 30 Jahren ist das Zürcher Unternehmen damit ein Pionier in Sachen Wiederverwertung von vermeintlich ausgedienten Materialien – selbst alte Taschen werden teilweise wieder neu upgecycelt.

Zusammen mit Partner:innen stellt Freitag neue und nachhaltige Lastwagenplanen her, die möglichst lange auf der Strasse dienen und danach in Taschen verarbeitet werden sollen. Dieses kollaborative Entwickeln will die Zürcher Firma in Zukunft vorwärtstreiben, um letzte Lücken im Kreislauf zu schliessen.

Tobias Jung – Stadt Zürich Umwelt- und Gesundheitsschutz

Auf ihrem Weg zu Netto-Null setzt die Stadt Zürich auf verschiedene Strategien, eine davon ist die Kreislaufwirtschaft. Es sei wichtig, dass die bereits gebauten und produzierten Dinge länger genutzt werden können, sagt Tobias Jung. Um diese Kreisläufe zu stärken, setzt die Stadt Zürich verschiedene Schwerpunkte und will die Langlebigkeit von Konsumgütern, aber zum Beispiel auch von Gebäuden und Infrastruktur verlängern.

Ein Pilotprojekt ist das neue Recyclingzentrum Juch, das wie ein Legobaukasten mit wiederverwendeten Baumaterialien gebaut werden soll. Ein anderes Beispiel sind die mobilen Tauschstationen, an denen Privatpersonen Konsumgüter tauschen können.

pitch-night-kreislaufwirtschaft
(Bild: Tsüri.ch / Julian Bucher)

Anik Eckhart – Kuori

Seit zwei Jahren macht Kuori Cleantech – heisst, das zweijährige Zürcher Start-up will die Plastikverschwendung und -verschmutzung reduzieren. Dafür nutzen die Macher:innen vermeintliche Abfälle von Lebensmitteln. Zum Beispiel wird die Bananenschale nicht einfach kompostiert, sondern verarbeitet zu einem elastischen Kunststoff, der biologisch abgebaut werden kann.

Die Produkte von Kuori kannst du nicht im Laden kaufen, denn das Unternehmen wendet sich an andere Produzierende, die zum Beispiel Schuhsohlen, Pingpongschläger oder ähnliches herstellen. Am Schluss seines Lebenszyklus können die Kuori-Stoffe kompostiert werden.

Karen Rauschenbach – Circular Clothing Genossenschaft

Fast Fashion, also Kleidung, die nur kurz gebraucht und dann weggeworfen wird, ist nicht nur ein Zeitphänomen, sondern auch ein Umweltproblem. Die Genossenschaft Circular Clothing will verhindern, dass Textilien schon nach kurzer Zeit auf dem Müll landen.

Die Macher:innen um Karen Rauschenbach versuchen daher, die Modebranche neu zu denken und Mode kreieren, die ständig weiter genutzt und danach kompostiert werden kann. Dafür müssen neue Materialien erforscht und neue Produktionsabläufe entwickelt werden. Diese neuen Erkenntnisse teilen sich die in der Genossenschaft zusammengeschlossenen Unternehmen – und haben ein Label gegründet, um nachhaltige Mode kennzeichnen zu können.

Kurt Gygax – Reparaturia

Was tust du, wenn deine Kaffeemaschine nicht mehr pumpt? Oder wenn der Drucker keine neuen Liebesbriefe mehr ausdrucken will? Wegwerfen und neu kaufen? Das müsste nicht sein. In den Repair Cafés der Organisation Reparaturia helfen dir die Initiant:innen um Kurt Gygax, deinen Elektrogeräten neues Leben einzuhauchen. 

Jeden Mittwochnachmittag können Haushaltsgeräte selber in Oerlikon geflickt werden – Material und Werkzeug steht kostenlos zur Verfügung. Ältere Geräte sind einfacher reparierbar, doch auch für neuere Modelle gibt es oft eine Lösung.

Die Macher:innen wollen gegen das Wegwerfen sensibilisieren und so nachhaltiges Verhalten fördern. Wer es nicht schafft, sein Gerät selber zu flicken, kann es kostenpflichtig reparieren lassen.

Anita Ni & Fabian Hörmann – Countdown 2030

Recycling sei nicht das oberste Ziel für mehr Klimaschutz, es gehe um eine zirkuläre Gesellschaft, ist Anita Ni von Countdown 2030 überzeugt. Das Kollektiv, bestehend aus Architekt:innen und Bauschaffenden, will die Baubranche umweltfreundlicher machen. 

Dafür müssen beispielsweise Abrisse von Liegenschaften minimiert, Baumaterialien wiederverwertet und kaputte Dinge statt weggeworfen, geflickt werden. 85 Prozent des Abfalls in der Schweiz kommen aus der Baubranche, sagt Fabian Hörmann – zudem werden Bauteile vernichtet, die noch einsatzfähig wären. 

Eigentlich könnten zum Beispiel Fenster, die bei einer Sanierung in Basel nicht mehr genutzt werden, in Zürich wieder eingebaut werden. Um solches Recycling zu vereinfachen, gibt es bereits einige Bauteilbörsen in der Schweiz. Doch noch ist das Potenzial nicht ausgenutzt. Man müsse jetzt handeln, dann das sei günstiger, als später die Folgeschäden die bezahlen zu müssen.

Christine Grimm – Hochschule Luzern

«Manchmal habe ich das Gefühl, wir beten Kreislaufwirtschaft wie einen Gott an», sagt Christine Grimm von der Hochschule Luzern. Mobility will nachhaltige Mobilität fördern: Leute fahren grosse Distanzen mit dem Zug und nehmen dann für die letzten Kilometer das geteilte Auto. Doch Mobility erhöht eben auch die Verfügbarkeit von Autos, wodurch mehr Menschen mehr Kilometer fahren. 

Unnötig oder fast schon ein bisschen geschwindelt, wird bei kompostierbar oder recycelbaren Kaffee-To-Go-Tassen. Diese könnten zwar theoretisch biologisch abgebaut werden, doch es gibt schlicht keine Infrastruktur dafür. Oder hast du schon mal an einem Bahnhof ein Kompostkübel für Kartontassen gesehen?

Hier gibts die ganze Pitch-Night als Video.

Veranstaltungspartnerin: Stadt Zürich Umwelt- und Gesundheitsschutz

Partner: FREITAG, Made in Zurich, Zurich Design Weeks

Fokus Kreislaufwirtschaft

In unserer Konsumgesellschaft gehen täglich Ressourcen, Materialien und Energie verloren. Sie landen im Abfall oder verpuffen. Eine Katastrophe fürs Klima. Ein Lösungsansatz ist die Kreislaufwirtschaft. Im Gegensatz zur linearen Wirtschaft ist das Ziel der Kreislaufwirtschaft, den Lebenszyklus von Produkten durch Wiederverwendung, oder Upcycling zu verlängern und im Kreislauf zu behalten.

Wie aber soll das funktionieren? Wo sind die grössten Hebel? Welche neuen Geschäftsmodelle ergeben sich daraus und wie machen wir konkrete Produkte langlebiger? Im September und Oktober widmet sich Tsüri.ch mit verschiedenen Partner:innen dem Thema und organisiert dazu fünf spannende Veranstaltungen. Fokus Kreislaufwirtschaft

Infos & Programm

Das könnte dich auch interessieren

Ein Leben als Kreislauf

Wie unser Konsum nachhaltiger werden soll

Weil unser Konsum der Umwelt schadet, sollen Produkte länger genutzt und Abfall vermieden werden. Doch auch die Kreislaufwirtschaft hat ihre Tücken.

Von Isabel Brun
Fokus_Kreislaufwirtschaft_Gif
Save the Date

Fokus Kreislaufwirtschaft

In einer Kreislaufwirtschaft landen Materialien und Energie nicht auf dem Abfall landen oder verpuffen. Stattdessen werden sie in Kreisläufen genutzt werden. Ist das die Lösung für die Klimakrise? Save the Date für fünf spannende Veranstaltungen im Fokusmonat Kreislaufwirtschaft.

Green Block London_WATG and Pixelflakes_v2
Stadtklima Initiativen

So könnte das neue grüne Zürich aussehen

Der Verein Umverkehr setzt sich für ein grüneres Zürich ein und hat dazu zwei Initiativen eingereicht. Stadt- und Gemeinderat haben diese angepasst und Gegenvorschläge formuliert. Wie das «neue» Zürich aussehen könnte, erfährst du hier.

Von Anna Pfister

Kommentare