Das sind die Kultur-Highlights der Tsüri.ch Redaktion
Welches waren die schönsten Tanzflächen, die schlausten Seiten, die feinsten Teller im 2025? Im Jahresrückblick offenbart das Tsüri.ch-Team ihre Oasen des Glücks.
Yann Bartal (Redaktion): Jährlich läutet das «MaisOui» für mich den Sommer ein. Das dreitägige Festival rund um den 1. Mai bringt die schönsten Seiten Zürichs auf dem Kasernenareal zusammen: Musik, Spiele und politisches Engagement. Musikalisch übertrifft sich das Programm Jahr um Jahr. In der letzten Ausgabe waren Débikatesse und Projekt ET meine Highlights. Das MaisOui ist nur dank enorm viel Ehrenamt möglich. Auch für das kommende Jahr werden helfende Menschen gesucht.
Anna Shao (Memberwesen & Shop): Ein Hauch Ostasien weht durch die Studio Bar. Hier werden japanisch inspirierte Gerichte und Cocktails serviert, die abgedunkelte Atmosphäre angelehnt an die ungezwungene Geselligkeit von Izakayas. Das Programm bietet gemütliche Live-Konzerte und Vinylabende. Das ist einer der Orte, an denen ich bei meinem Zuzug nach Zürich unweigerlich dachte: Zürich ist halt schon toll. Ein Lokal, das ich immer und immer wieder weiterempfehle.
Minea Pejakovic (Redaktion): Ende März musste der Club Zukunft seine Türe für immer schliessen. Doch bevor die Bagger anrückten, brachte unter anderem Annie Taylor im Rahmen des Abschiedsprogramms den Raum noch ein letztes Mal zum Beben. Es war das erste Mal, dass ich die Band live gesehen habe, und ihr Auftritt hat mich umgehauen. Mit ihrer Energie haben sie im wahrsten Sinne des Wortes für Abrissstimmung gesorgt.
Steffen Kolberg (Redaktion & Buchhaltung): In diesem Jahr kaum Zeit gehabt für Kultur. Nicht mal mehr ins Mascotte geschafft, um sich vom schönsten Konzertsaal der Stadt zu verabschieden. Dafür aber: John Maus im Plaza. Der Hohepriester des Synthpop tanzt, zappelt und rennt über die Bühne, spielt sein intensives, schweisstreibendes Workout-Programm ab. Meine Erkenntnis: Auch ein Playback-Programm kann ein mitreissendes Konzerterlebnis sein. Nächstes Jahr dann wieder A Place to Bury Strangers im Bogen F. 2024, gleiche Band, gleicher Ort, war wohl mein Konzert-Highlight dieses Jahrzehnts: Ein krachendes audiovisuelles Gewitter, das einen taumelnd zurücklässt.
Tina Shayesteh (Civic Media): Das Sommerkino am Röntgenplatz war für mich die perfekte Gelegenheit, bei warmem Wetter einen Film zu schauen und gleichzeitig «Mein Nachbar Totoro» zum ersten Mal zu sehen. Auf dem Weg dorthin begegneten mir bereits einige bestens ausgerüstete Besucher:innen mit Stühlen und Sitzsäcken – ein Detail, das ich mir fürs nächste Jahr definitiv merken werde. Die Stimmung war herzlich, und allen mit einem guten Rücken kann ich es nur wärmstens empfehlen.
Kai Vogt (Redaktion): Leuchtend im Gedächtnis geblieben ist mir die Inszenierung von Max Frischs «Graf Öderland» am Schauspielhaus Zürich. Bereits die Geschichte öffnet zahlreiche Falltüren zu existenziellen Fragen: Ein Bankangestellter ermordet einen Hausmeister mit einer Axt – ohne Motiv, der Staatsanwalt zerbricht an dem Fall und gerät selbst ins Straucheln. Regisseurin Claudia Bossard webt jedoch weit mehr in die Inszenierung ein, starke Gegenwartsbezüge, Musik und viel Witz. Das Stück läuft auch 2026 noch.
Dominik Fischer (Redaktion): Musikalisch war für mich erneut das Lethargy Festival in der Roten Fabrik ein Highlight, der Outdoor Rave am Sonntag nach der Street Parade ist unschlagbar. Auch die Porny Days haben mich wieder überzeugt, ebenso wie Erykah Badus Auftritt in Dübendorf. Für das Jahr 2026 habe ich schon Tickets und Vorfreude für drei Konzerte: Der legendäre Talking Heads Frontmann David Byrne spielt in «The Hall», Protoje bringt Reggae in die Rote Fabrik und JID kommt mit feinstem Hip-Hop aus Atlanta ins X-TRA.
Emilio Masullo (Civic Media): Mein Kulturhighlight 2025 war das Konzert von Zaho de Sagazan im X-TRA. Kaum begann sie zu singen, verwandelte sie den Saal in eine ekstatische Menge. Selbst die hinterste Person auf dem Balkon tanzte zu ihrer Musik mit. Es war ein Abend, an dem Zürich kurz über sich hinauswuchs und mich den Moment völlig vergessen liess, wo ich eigentlich gerade bin. Vielleicht lag es daran, dass der Klub 2027 verschwindet und alle ein bisschen melancholisch waren, vielleicht daran, dass Zaho jede Zeile wie ein kleines Erdbeben singt. Mein Vorsatz für 2026: öfter losziehen, überraschen lassen und Neues entdecken – etwa auf Denkmal.org.
Simon Jacoby (Redaktion): Ich liebe alle Geschichten, die in Zürich spielen. So auch Daily Soap, der Roman von Nora Osagiobare. Es gibt skurrile Charaktere, viele bekannte Zürcher Orte und eine gehörige Portion Alltagsrassismus. Trotz ernstem Thema witzig geschrieben.
Elio Donauer (Civic Media): Die Rennbahn Oerlikon. Ich war in diesem Jahr öfters zu Besuch und hatte jedes Mal eine lustige Zeit. Ein Highlight sind immer die Steherrennen mit stinkenden Töffs, die mit 50 km/h Runden fahren und einen Radfahrer angehängt haben. Das Ganze ist komisch aus der Zeit gefallen, unterhaltsam und eine gute Gelegenheit, mal wieder Oerlikon zu besuchen.
Jonas Stähelin (Redaktion): Klares musikalisches Highlight war für mich das Konzert von Ganavya in der Johanneskirche. Die in New York geborene und im indischen Tamil Nadu aufgewachsene Sängerin besitzt eine Stimme, die aus einer anderen Sphäre kommt. Stilistisch schwebt ihr Klang irgendwo zwischen Alice Coltranes Spiritual Jazz und südasiatischen Volksliedern. In ihren Stücken geht es um Geborgenheit, Stille und die gemeinsamen Verbindungen, die wir miteinander – und vielleicht auch mit dem Jenseits – zu knüpfen versuchen. Organisiert wurde das Konzert von Noise Reduction. Falls du auf der Suche nach aussergewöhnlichem Sound bist, dann lohnt es sich, diesen Veranstalter im Auge zu behalten.
Nina Graf (Redaktion): Den Einstieg in Dorothee Elmigers mehrlagige und assoziative Schreibe fand ich diesen Sommer über ihren Text «Aus der Zuckerfabrik». Über die Festtage habe ich nun «Die Holländerinnen» gelesen, und das Unbehagen des Dschungels von Panama hängt mir noch immer an. Die Schriftstellerin kommt streng genommen aus Wetzikon, wurde mir aber von der Zürcher Literaturkritikerin Ruth Gantert empfohlen. Deren liebste Stadtzürcher Autor:innen findest du hier.
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