Darüber stimmen wir am 28. September in Zürich ab
Die Sommerpause ist vorbei und Zürich widmet sich wieder der direkten Demokratie. Ende September kann die Stimmbevölkerung über sieben Vorlagen entscheiden. Unter anderem über teurere Parkplätze und günstigeren ÖV.
Kantonal: Änderung Energiegesetz
Der Kanton Zürich soll bis 2040, spätestens 2050, die Treibhausgasneutralität («Netto-Null») erreichen. Das hat das Zürcher Stimmvolk 2022 entschieden und das Netto-Null-Ziel in die Kantonsverfassung aufgenommen.
Das heutige Energiegesetz widerspricht jedoch dieser Verfassungsänderung, weswegen es geändert werden muss. Dort steht, dass jede Person ab 2050 noch höchstens einen CO2 -Ausstoss von 2,2 Tonnen pro Jahr verursachen soll. Das ist mehr als Netto-Null erlaubt.
Einen neuen Gesetzesentwurf hat der Regierungsrat verfasst, welcher vom Kantonsrat überarbeitet wurde. Weil dagegen das Referendum ergriffen wurde, stimmen wir darüber ab.
Falls die Änderung des Energiegesetzes angenommen wird, wird das Netto-Null-Ziel gesetzlich verankert. Der Kanton und die Gemeinden sollen dafür klimafreundliche Produkte und Dienstleistungen einkaufen und dadurch fördern. Auch sollen sie ihre Gebäude klimafreundlicher bauen und sanieren.
Zudem muss der Regierungsrat bei neuen Gesetzen, Vorlagen und Beschlüssen angeben, wie klimaverträglich diese sind. Ausserdem muss der Kantonsrat der langfristigen Klimastrategie und dem Bericht über den Stand der Umsetzung zustimmen.
Pro:
Die Befürworter:innen des der Gesetzesänderung sagen, es brauche dringend Massnahmen, um die Folgen des Klimawandels zu mindern. Je schneller fossile Brennstoffe durch klimafreundliche Energie ersetzt würden, desto weniger Schaden könne durch den Klimawandel entstehen. Der Klimawandel treffe den Kanton stark, dieser trage Mitverantwortung, dagegen vorzugehen.
Für die Vorlage sind: Kantonsrat, SP, Grüne, Mitte, GLP und EVP
Contra:
Die Gegner:innen sagen, die Gesetzesänderung sei unnötig. Seit einer Abstimmung 2023 gelte auf Bundesebene das Netto-Null-Ziel bis 2050. Es sei schon schwierig, das Netto-Null-Ziel bis 2050 zu erreichen. Es bis 2040 umzusetzen, sei unrealistisch. Ausserdem sorge die Gesetzesänderung für hohe Ausgaben. Allein Bevölkerung und Wirtschaft müssten jährlich rund eine Milliarde Franken tragen.
Gegen die Vorlage sind: Regierungsrat, FDP und SVP
Städtisch: Volksinitiative «VBZ-Abo für 365 Franken»
Die Initiative verlangt, dass das 2. Klasse Jahresabonnement für die Zone 110 für alle vergünstigt wird, die in der Stadt Zürich wohnen. Erwachsene sollen pro Tag einen Franken, also 365 Franken im Jahr bezahlen. Kinder und Jugendliche fünfzig Rappen, also 185 Franken für ein Jahresabonnement.
Der Zürcher Stadtrat rechnet mit jährlichen Mehrkosten von 140 bis 185 Millionen Franken, je nachdem, wie viele Leute ein Abonnement lösen würden. Wie die Mehrkosten gedeckt werden würden, lässt die Initiative offen.
Pro:
Die Befürworter:innen der Initiative sagen, das Jahresabo der VBZ für 809 Franken sei für Familien, Menschen mit geringem Einkommen, Studierende und Rentner:innen enorm viel. Mit der Preisreduktion würden diese massgeblich entlastet und die Stadt Zürich könnte sich dies leisten. Die Stadt habe ein Eigenkapital von über 2,8 Milliarden Franken und habe zuletzt 500 Millionen Franken Gewinn gemacht. Andere Städte würden längst ähnliche Preise kennen. Das neue Preismodell würde ausserdem den Klimaschutz sowie gesellschaftliche Teilhabe fördern und die Strassen entlasten.
Für die Vorlage sind: SP und Grüne
Contra:
Die Gegner:innen der Initiative sagen, sie sei weder notwendig noch zweckmässig und generiere unverhältnismässig hohe Kosten. Für einen erheblichen Teil der Bevölkerung sei der momentane Preis keine wesentliche finanzielle Belastung. Ausserdem würde die Initiative nicht zum Netto-Null-Ziel beizutragen, denn Versuche in europäischen Städten hätten gezeigt, dass die zusätzliche Nachfrage nach Jahresabonnements vom Velo- und Fussverkehr kommen würde und nicht vom Autoverkehr. Stattdessen solle die Attraktivität des öffentlichen Verkehrs durch Investitionen in den Ausbau und in die Infrastruktur gesteigert werden.
Gegen die Vorlage sind: Stadtrat, Gemeinderat, EVP, GLP und SVP
Städtisch: Neue Regelungen der blauen Zone
Heute können Autofahrer:innen für 300 Franken eine sogenannte Anwohnendenparkkarte lösen, mit der man sein Auto unbeschränkt in der blauen Zone abstellen darf. Das soll sich mit der neuen Parkkartenverordnung ändern.
Neu sollen Anwohner:innen und Betriebe nur dann eine Anwohnendenparkkarte erhalten, wenn sie am Wohnort oder Geschäftssitz keine privaten Parkplätze nutzen können. Ob dies der Fall ist, würde die Stadt stichprobenartig prüfen.
Auch der Preis der Karte wäre künftig nicht mehr einheitlich geregelt, sondern würde sich nach dem Gewicht des Autos richten. Autos mit emissionsfreiem Antrieb, also zum Beispiel Elektroautos, würden 30 bis 40 Rappen pro Kilo bezahlen, alle anderen 35 bis 45 Rappen pro Kilo. Mit den neuen Preisen hätte Zürich eine der teuersten Parkkarten der Schweiz.
Für das Gewerbe gelte ebenfalls eine neue Bewilligung. Diese erlaube das Parkieren von Gewerbefahrzeugen in den blauen Zonen sowie auf vielen gebührenpflichtigen Parkplätzen in der ganzen Stadt. Ausserdem sei das Parkieren auf dem Trottoir erlaubt, wenn es keine andere Möglichkeiten gebe. Die Bewilligung koste 1200 Franken für Ansässige sowie 1800 Franken für Gewerbe von ausserhalb der Stadt. Weil dadurch auch das Parkieren auf dem Trottoir erlaubt wäre, hat der Fussgängerverein die Nein-Parole beschlossen.
Pro:
Die Befürworter:innen der Initiative sagen, die Anpassung der Tarife sei moderat und längst überfällig. Öffentliche Parkplätze seien bisher deutlich günstiger gewesen seien als private Alternativen. Ausserdem würden schwere Fahrzeuge künftig angemessener belastet. Für das Gewerbe biete die Reform ausserdem eine notwendige Modernisierung und zahlreiche Vorteile.
Für die Vorlage sind: Stadtrat, Gemeinderat, EVP, GLP, Grüne, SP, sowie der Gewerbeverein
Contra:
Die Befürworter:innen der Initiative sagen, die Vorlage sei unfair. PS-starke Sportwagen wären deutlich günstiger als grosse, schwere Familienautos. Eine solche Regelung sei unsozial für Familien mit vielen Kindern und Personen, die berufsbedingt auf grosse Fahrzeuge angewiesen sind.
Da nur diejenigen eine Anwohnendenkarte erhalten würden, die keinen privaten Parkplatz zur Verfügung hätten, würden Autobesitzende dazu gezwungen, einen Garagenplatz zu mieten. Ausserdem bestünde die Möglichkeit, dass die Hauseigentümerschaft die Preise für Privatparkplätze willkürlich erhöhe.
Weil durch die Vorlage auch das Parkieren auf dem Trottoir erlaubt wäre, hat der Fussgängerverein die Nein-Parole beschlossen, dessen Empfehlungen sich sonst oft mit den linken Parteien deckt.
Gegen die Vorlage sind: Die Mitte, SVP, FDP und der Fussgängerverein Zürich
Städtisch: Laubbläser-Verbot
Die Stadt will den Einsatz von Laubbläsern und Laubsaugern stark einschränken. Geräte, die mit Benzin betrieben werden, sollen künftig komplett verboten werden, elektrische sollen nur noch von Oktober bis Dezember verwendet werden dürfen.
Pro:
Lautbläser seien mitverantwortlich für das Schwinden der Artenvielfalt, sagen die Befürworter:innen der Vorlage. Durch sie würden Bakterien, Feinstaub, Viren und Wurmeier aufgewirbelt und verteilt, wodurch der Lebensraum von kleinen Bodenlebewesen zerstört werde.
Für die Vorlage sind: Stadtrat und Gemeinderat sowie GLP, Grüne und SP
Contra:
Die Gegner:innen der Vorlage sehen darin Ausdruck einer unsinnigen und unsozialen Verbotskultur. Für diverse Berufsgruppen würde ein Verbot von Laubbläsern deutlich mehr Arbeitsstunden bedeuten. Bäume würden sich ausserdem nicht an ein von der Politik vorgegebenes Zeitfenster halten.
Gegen die Vorlage sind: FDP, Mitte, EVP und SVP
Städtisch: 373 Millionen für den Ersatzneubau des Sportzentrum Oerlikon
Der Bedarf an Sportflächen wachse, vor allem für das Schwimmen, Eislaufen und Fussballspielen und die bestehenden Anlagen könnten den wachsenden Bedarf an Sportflächen nicht mehr decken, schreibt die Stadt. Deshalb soll das Sportzentrum Oerlikon für 373 Millionen Franken ersetzt werden. Das Hallenbad und die Kunsteisbahn seien über 50 beziehungsweise 40 Jahre alt und in einem schlechten Zustand.
Der Ersatzneubau auf demselben Gebiet würde Freibad und Hallenbad, Eisfelder und Rasenspielfelder, ein Garderobengebäude, verschiedene Grünanlagen sowie ein Restaurant umfassen. Auch ein Werkhof von Grün Stadt Zürich sei inbegriffen.
Wird die Vorlage angenommen, würden die Bauarbeiten voraussichtlich im Sommer 2027 beginnen, 2031 sollten dann die ersten Einrichtungen öffnen.
Ursprünglich war die Vorlage für 2023 vorgesehen und hätte etwa 210 Millionen Franken kosten sollen, doch wie der Stadtrat damals erklärte, sei es wegen der Teuerung, Altlasten im Baugrund und Projektanpassungen schliesslich teurer.
Pro:
Für die Vorlage sprechen sich sowohl der Stadtrat und Gemeinderat aus. Bei den Parteien empfehlen EVP, GLP, SP ein «Ja»
Contra:
Das geplante neue Sportzentrum Oerlikon weise trotz der «sehr hohen Kosten» wesentliche Mängel auf, sagen die Grünen. Es würde dem Grundsatz «Sanieren statt Abreissen» widersprechen und schaffe zudem eine neue Hitzeinsel, obwohl es andere Möglichkeiten gäbe. Das neue Sportzentrum sei nicht nachhaltig und widerspreche den Klimazielen der Stadt. Auch die SVP spricht sich gegen die Vorlage aus. Für die Partei ist der Preis entscheidend.
Städtisch: 92,4 Millionen Franken für den Ersatzneubau des Gesundheitszentrums für das Alter Bachwiesen
Gesundheitszentrum für das Alter Bachwiesen bietet aktuell 136 Personen ein Zuhause mit spezialisierter Pflege. Das älteste von drei Gebäuden, Haus A, wurde 1959 gebaut und entspreche nicht mehr den Anforderungen an ein modernes Gesundheitszentrum.
Deshalb solle für 92,4 Millionen Franken ein siebenstöckiger Ersatzneubau mit sechs Wohnbereichen gebaut werden, das für 184 Pflegeplätze ausgestattet ist. Das wären 48 Plätze mehr als heute.
Dem Ersatzneubau stimmte der Zürcher Gemeinderat einstimmig zu.
Pro:
Für den Ersatzneubau sind Stadtrat und Gemeinderat sowie die Parteien EVP, GLP, Grüne, SP, SVP. Eine Ablehnung empfiehlt bislang keine Partei.
Städtisch: Ausbau der Rasensportanlage Juchhof für 25,66 Millionen Franken
Die Rasensportanlage Juchhof in Altstetten bietet 14 Rasensportfelder für derzeit 24 Fussballvereine mit 95 Teams. Über 200 Trainings würden pro Woche dort stattfinden. Dafür reiche die Kapazität der Sportanlage nicht mehr aus, zumal die Nachfrage weiter steige.
Deshalb will die Stadt ein drittes Garderobengebäude bauen und drei der Naturrasen- durch Kunstrasenfelder ersetzen.
Pro:
Auch dieser Vorlage stimmte der Gemeinderat einstimmig zu. Unterstützt wird sie ausserdem durch den Stadtrat sowie EVP, GLP, Grüne, SP und SVP.
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Sofies Begeisterung für die Medienbranche zeigt sich in ihren diversen Projekten: Sie leitete den Zeitungs-Kurs im Ferienlager, für die Jungen Jorunalist:innen Schweiz organisiert sie seit mehreren Jahren das Medienfestival «Journalismus Jetzt» mit. Teilzeit studiert sie an der ZHAW Kommunikation. Zu Tsüri.ch kam sie zunächst 2022 als Civic Media Praktikantin. 2024 kehrte sie dann als Projektleiterin und Briefing-Autorin zurück und machte als erste Person ein zweites Tsüri-Praktikum.