Kulturkampf um ein Verbot? Jetzt spricht ein Laubbläser
Die bevorstehende Abstimmung über ein Laubbläserverbot wurde zum Kulturkampf zwischen längst überfälligem Umweltschutz und linkem Verbotswahn hochstilisiert. Statt über die Betroffenen zu schreiben, spricht Tsüri.ch mit ihnen. Eine Glosse.
BRRÖÖÖÖÖ.
Sein Röhren hallt durch die Vorgärten von Altstetten.
Der Laubbläser – schwarzes Rohr, weiss-orangener Griffbereich, gesunde sieben Kilo auf der Waage – arbeitet sich zwischen Hecke, Trottoir und falsch parkierten Trottinetts entlang, im Schlepptau ein Mann mit Ohrenschützern.
Rechts und links vom Laubbläserrohr fliegt Laub durch die Luft, kleine Zweige, Äste, Zigarettenstummel – war das ein Käfer?
Tsüri.ch: Entschu-
Laubbläser: BRÖÖÖÖ
tschuld–
BRÖÖÖÖ
TSCHULDIGUNG! Herr Laubbläser, dürfen wir Ihnen ein paar Fragen stellen?
(Stille)
Wie gehen Sie damit um, dass Ihre Spezies in Zürich möglicherweise bald verboten ist?
Wenn ich mich immer darüber aufregen würde, wenn die Damen und Herren in der Politik grosse Pläne verkünden, käme ich zu gar nichts mehr. Ich konzentriere mich auf meine Arbeit – es ist Mitte September, bald beginnt die Hochsaison.
Stadtrat und SP bis GLP will den Betrieb von Laubbläsern stark einschränken, Ihre benzinbetriebenen Kollegen sollen gar ganz verboten werden. Es fällt schwer zu glauben, dass diese Debatte Sie kaltlässt.
Sehen Sie: Ich verstehe einfach nicht, was das Problem ist. Ich will doch bloss blasen.
Sie wurden 1970 von der Firma ECHO erfunden, für eine effizientere Laub- und Abfallbeseitigung. Organisationen, wie der WWF und Peta bezeichnen Sie aber als eines der schädlichsten Gartengeräte.
Papperlapapp. Mittlerweile gibt es neue Generationen Laubbläser, die batteriebetrieben sind.
Die Abgasemissionen sind eine Sache. Laubbläser wie Sie zerstören die Lebensgrundlage von Insekten.
Gegenfrage: Mögen Sie es, wenn Spinnen von draussen in Ihre Wohnung kriechen?
Darum geht es nicht. Ohne Laubschicht, fehlt vielen Igeln, Insekten, Schmetterlingslarven die Nahrung und das Winterquartier.
Muss es denn gleich immer ein Verbot sein? Und überhaupt – wie kommen Sie darauf, mich mit «Herr» Laubbläser anzusprechen?
Äh ich dachte .. weil Laubbläser ein maskulines Substantiv ...
So so.
Sehen Sie denn wenigstens ein, dass Sie wirklich sehr, sehr laut sind?
BRRÖÖÖÖÖ
Aufgewachsen am linken Zürichseeufer, Master in Geschichte und Medienwissenschaft an der Universität Basel. Praktikum beim SRF Kassensturz, während dem Studium Journalistin bei der Zürichsee-Zeitung. Wissenschaftliche Mitarbeiterin in einem SNF-Forschungsprojekt zu Innovation im Lokaljournalismus. Seit 2021 Mitglied der Geschäftsleitung von We.Publish. Seit 2023 Redaktorin bei Tsüri.ch.