6 Erkenntnisse vom Zürcher Wahlsonntag

Die Klima-Allianz kann mit einer hauchdünnen Mehrheit weitermachen und der parteilose Mario Fehr landet auf Platz 1. Diese und weitere Erkenntnisse des Wahltages liest du hier.

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Mario Fehr (parteilos) brilliert und Silvia Steiner (Die Mitte) kann ihren Sitz verteidigen (Foto: Lara Blatter) (Quelle: Lara Blatter)

1. Klima-Allianz hält Mehrheit

Es wurde richtig eng. Die Klima-Allianz bestehend aus SP, Grüne, AL, EVP und GLP konnten ihre Mehrheit mit dem knappsten möglichen Ergebnis halten: Neu kommen sie auf 91 der 180 Sitze und können damit, sofern alle Parlamentarier:innen anwesend sind, ihre Anliegen durchbringen. Verschiedene linksprogressive Politiker:innen bezeichneten während des Wahltags die Mehrheit zu halten, als Hauptziel. Dies ist nun gelungen, wenn auch mit einem Verlust von zwei Sitzen. 

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(Screenshot Kanton Zürich)

2. Bündnis der Bisherigen hält

Wer einmal im Regierungsrat ist, wird in der Regel nicht abgewählt. Dieser «Bisherigen-Bonus» spielte auch am aktuellen Wahlsonntag und die massiv angegriffene Silvia Steiner (Die Mitte) konnte ihren Sitz überraschend locker verteidigen und landete auf dem zweitletzten Platz. 

Weder Priska Seiler Graf von der SP, noch Peter Grünenfelder von der FDP und schon gar nicht Benno Scherrer von der GLP konnten den Bisherigen gefährlich werden. Nicht aufgegangen ist der SP-Plan, mit Priska Seiler Graf einen zweiten Sitz zu erobern und Silvia Steiner in die Pension zu schicken. 

Interessant: Carmen Walker Späh (FDP) und Silvia Steiner (Die Mitte) wurden von den Linken Martin Neukom (Grüne) und Jacqueline Fehr überholt. 

Und der andere Fehr? Diesem ist ein Kunststück gelungen. Als Parteiloser schafft er das beste Resultat von allen.  

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(Screenshot Kanton Zürich)

3. Fertig Grüne Welle

Die Grünen verlieren, die GLP stagniert, damit ist die «Grüne Welle» definitiv vorbei. Spätestens seit der Atomkatastrophe von Fukushima kannten die grünen Parteien nur eine Richtung: nach oben. Nun ist damit Schluss, doch das grüne Lager kann das Niveau fast halten. Warum die grüne Niederlage (minus 3 Sitze), obwohl sich die Bevölkerung noch immer über die Klimakrise sorgt? Andere Krisen wie Krieg, Inflation, Energie könnten bei den Wähler:innen zu einem Umdenken geführt haben. Ausserdem, so Thomas Forrer (Fraktionschef der Grünen), könnten einige Corona-Massnahmen-Gegner:innen nicht mehr die Grünen gewählt haben. 



4. Freisinn und SP stabil

Grosse Worte haben die Freisinnigen geschwungen und wollen bei den nationalen Wahlen im Herbst die SP sogar überholen. Auf der anderen Seite sind die Sozialdemokrat:innen von den Medien fast schon tot geschrieben worden. Das Ergebnis: Die SP gewinnt 0,01 Prozentpunkte und die FDP deren 0,19 – faktisch bleiben die beiden Parteien entgegen den Erwartungen stabil, mit dem besseren Ende für die SP, denn diese legt einen Sitz zu. 

5. Vorzeichen für die nationalen Wahlen

Die Zürcher Wahlen gelten jeweils auch als Vorzeichen für die nationalen Wahlen im Herbst. Wie der Leiter des statistischen Amts des Kantons Zürich vorgerechnet hat, nahmen die Zürcher «Parteientrends (Vorzeichen) in 9 von 10 Fällen die eidgenössischen vorweg». 

Sofern die Ausnahme nicht eintritt: Für den Herbst kann auch auf nationaler Ebene ein leichter Rechtsrutsch erwartet werden: Das grüne Lager wird leicht verlieren, während die SVP ganz schüch zulegen kann. Erstaunlich auch hier: Die FDP stagniert und dürfte die SP als zweitgrösste Partei kaum ein- oder gar überholen. 

6. Nur jede dritte Person wählt

Wahlen sind jeweils Feste der Demokratie! Allerdings hat am Sonntag nur ein Drittel aller Stimmberechtigten von ihrem Privileg Gebrauch gemacht. Warum die kantonale Politik auf derart wenig Interesse stösst, versucht Politologin Sarah Bütikofer hier im Interview zu erklären. 

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