5-Zimmer-Wohnung für 6400 Franken – es ist einfach nicht Ok
In Wiedikon baut die Zurich Versicherung dutzende neue Wohnungen. Doch diese kommen nicht den Normalos zugute, denn dafür sind sie viel zu teuer. 6400 Franken für eine 5,5-Zimmerwohnungen sind einfach zu viel. Ein Kommentar von Simon Jacoby.
An der Austrasse in Zürich entsteht neuer Wohnraum. Was angesichts der Wohnungskrise eigentlich eine gute Nachricht wäre, treibt in Wirklichkeit die Mieten einfach immer weiter in die Höhe. Mit diesem Projekt reiht sich die Zurich Versicherung in die Liste der unrühmlichen Neubauten mit astronomischen Mieten ein.
Vor ein, zwei Jahren hätte man sich über diese Mietpreise in Zürich noch gewundert, doch heute nimmt man es fast schon resigniert zur Kenntnis. Aber eine 5,5-Zimmerwohnung für monatliche 6400 Franken ist auch heute nicht normal, es ist einfach nicht Ok.
Von «spannenden Grundrissvarianten» ist die Rede und «die modernen Küchen mit wertigen Elektrogeräten lassen keine Wünsche offen». Weiter heisst es auf der Projektwebseite: «Die modernen Bäder sind mit glasierten Steingutplatten ausgestattet und verfügen über bodenebene Duschen oder eine Badewanne.»
Der Standard ist top, von allem nur das Beste – man kann es niemandem verübeln. Doch die Macher:innen schwärmen nicht nur vom Neubau, sondern auch vom Quartier. Die Bewohner:innen würden von kurzen Wegen profitieren, «zudem existiert eine hervorragende Infrastruktur und Anbindung an den öffentlichen Verkehr». Man nutzt also die öffentlich finanzierte Infrastruktur, um die hohen Mieten zu rechtfertigen. Strassen, Schulhäuser, Spitäler oder eben auch der öffentliche Verkehr werden nicht von Immobilien-Investor:innen finanziert, sondern von allen Steuerzahler:innen gemeinsam. Natürlich haben wir alle eine exzellente Infrastruktur verdient, dass diese aber zu höheren Immobilienwerten führt, ist unerhört.
Alles nicht so schlimm, werden einige einwenden. Der Markt fragt diese Wohnungen nach, bald schon werden sie alle vermietet sein. Es wird wohl zutreffen, dass sich bald Mieter:innen finden werden. Aber das ist nicht der Punkt: Die Wohnungskrise in Zürich ist derart gross, dass sich für alle Wohnungen Mieter:innen finden lassen. Der Markt fragt also nicht die teuren Wohnungen nach, sondern alle Wohnungen.
Selbst das Argument, dass man ja wohl noch Renditen machen darf, verfängt nicht. Denn man kann auch mit bescheidenen Mieten einen Gewinn erwirtschaften, wie zum Beispiel die Sugus-Häuser zeigen.
6400 Franken für eine Wohnung darf auch im reichen Zürich nicht zur Normalität werden. Wer in Zürich Boden besitzt, hat auch der Gesellschaft gegenüber eine Verantwortung. Einzig auf den Profit zu schauen, ist zynisch.
Wer gegen diese Entwicklung ein Zeichen setzen will, kann dies an der bewilligten Wohndemo tun, die am Samstag, 4. November, um 15 Uhr auf dem Turbinenplatz stattfindet.
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