Tsüri-Chopf Laila Frauenfelder: «Ich will unkommerzielle Kulturhäuser und keine Velobussen mehr!»
Sie belebt Zürich auf verschiedene Arten und bringt Menschen dazu, utopische Gedanken zu spinnen. Warum das wichtig ist, erklärt Tsüri-Chopf Laila Frauenfelder im Interview.
Wer bist du und was machst du im Leben?
Ich heisse Laila und bin 26 Jahre alt. Aufgewachsen bin ich im Neubühl in Wollishofen und habe eine langjährige Beziehung zur Roten Fabrik, wo ich schon in die Spielgruppe gegangen bin. Heute bin ich dort z.B. für den «Flohmi am Wasser» anzutreffen, den ich mit meiner besten Freundin Vera Zugliani ungefähr viermal im Jahr organisiere, oder an jedem Montagabend, wo wir gemeinsam einen Textil-Druckkurs für beeinträchtigte Menschen anbieten.
Was hast du gelernt?
Ursprünglich Grafikerin, nach dem Lehrabschluss wusste ich aber schnell, dass dies nicht der Job sein wird, welchen ich länger machen würde. Ich interessiere mich vielmehr dafür, mit Menschen zusammenzuarbeiten. Darum erschien mir der Bachelor «Vermittlung von Kunst&Design» mit Schwerpunkt ästhetische Bildung und Soziokultur als die perfekte Schnittmenge von Kreativem und Sozialem.
Momentan bin ich tüchtig in der Planung gemeinsam mit unserem Verein «Arche Kollektiv» für das «Reise Reise!»-Fest (letztes Jahr unter dem Namen «Kochmarkt») auf dem Winterquartier des Zirkus Chnopf auf dem Kochareal. Mit Konzerten, Theater, Artistik, leidenschaftlichen Hobbyköchen, lokalen KunsthandwerkerInnen, Flohmibegeisterten u.v.m. sind wir am Wochenende vom 26 & 27. August an diesem schönen Fleck in Zürich zu finden.
Was ist Utopoly?
Utopoly ist ein Parcours-Workshop mit Spielcharakter, bei welchem sich die Teilnehmenden in Vierergruppen verschiedenen Frage stellen sollen. Während 1,5 Stunden diskutieren die Teilnehmenden zu Themen wie Commons in der Nachbarschaft, nachhaltiges Leben, Relokalisierung, Ideen zu verschiedenen Lebensformen und alternative Währung. Wir legen den Besucher*innen keine Lösungen vor, Ziel dieser Veranstaltung ist es, die Diskussion in Gruppen anzuregen und die Leute utopische Gedanken spinnen zu lassen. Die Projekte oder Lösungsansätze entwickeln sich dann vielleicht erst am Chuchitisch oder bei der nächsten Nachbarschaftssitzung. Für alle, die im Mai nicht dabei sein konnten: Utopoly wird im September anlässlich des Jubiläums der Genossenschaft Kalkbreite im Gebäude zu erkunden sein. Ebenso kann Utopoly gerne von Schulen, Wohngenossenschaften oder Büros angefragt werden. Was haben Flohmis und neue Partizipationsformen gemeinsam? Das Teilnehmen und sich mit einem eigenen Stand Einbringen an einer öffentlichen Veranstaltung, führt verschiedenste Menschen an einem Ort zusammen und schafft so ein authentisches Miteinander in der Stadt Zürich, welches nicht so schnell an einem anderen Ort zu finden ist. An Flohmis (und im Ausland auch an Märkten) bekommen alle einen guten Eindruck der Stadt und deren Leuten. Und was mir besonders gefällt ist die Durchmischung, es ist nicht nur eine bestimmte Szene anzutreffen.
Warum braucht es deine beiden Plattformen und wie sind sie entstanden?
Utopoly ist aus dem Kooperationsprojekt mit der Genossenschaft NeNa1 und vier Studierenden des Bachelor Art Education (Valerie Umbricht, Basil Stählin, Mirjam Coulin und mir) entstanden und fand erstmals im Mai 2017 in der Photobastei statt. Diese Veranstaltung bietet eine Plattform, um Diskussionen anzuregen, Ansprüche und Ideen für den Aussen- und Innenraum zu entwickeln und diese ausdrücken zu können. Dies sollte meiner Meinung nach schon Thema und Inhalt in der Volksschule sein, so dass alle ein Verantwortungsbewusstsein für die Stadt und ihre Gestaltung bekommen.
Der «Flohmi am Wasser» war eine der guten Rotwein-Ideen von Vera und mir. Da es ein Sauwetter war und wir gerade unseren Kleiderschrank auf das nötigste reduziert hatten, haben wir kurzerhand einige Freund*innen eingeladen, mit uns einen Flohmi im Quartiertreff der Roten Fabrik zu schmeissen. Dieser ist nun zu einem gemütlichen wiederkehrenden Anlass in Wollishofen geworden und trägt ein kleines Stück zur Belebung des Quartiers bei. Zudem sind Flohmis nebst Secondhandkleider und Slowfashion eine wichtige Gegenbewegung zum Mode-Industrie-Irrsinn geworden.
Was ist dein Ziel? Wo willst du hin?
Einfamilienhaus, Labrador und Ruhe ab 22:00!
Klar habe ich meine Ideen, aber eigentlich übe ich mich darin, nicht gross an die Zukunft zu denken und mich viel mehr daran zu halten, dass der richtige Zeitpunkt der Augenblick ist, denn nur über ihn haben wir Gewalt!
Wenn du Zürich regieren könntest, was würdest du als erstes ändern?
Hoppla!!
Alle komplizierten Formulare, Websites, etc. durch normale Sprache ersetzen, damit keine unnötigen Hürden entstehen. Keine Velobussen mehr. Unkommerzielle Kulturhäuser für soziale Begegnungen fördern, anstatt Auflagen zu häufen. Altersheime mit Student*innenwohnungen, Notwohnungen und Kitas durchmischen. Öffentlichen Raum zu richtigem öffentlichen Raum zu erklären; die Leute einladen Experimente, Feste, Demos im Aussenraum zu gestalten – ohne Bewilligung natürlich. Ich würde das Grundeinkommen und mindestens sechs Monat Vaterschaftsurlaub einführen. Rassismus härter bestraffen als Güterraub. Und nochmals: keine Velobussen mehr!
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