RRREVOLVE
RRREVOLVE: Stil statt Öko Stempel
Im Fokus «Kreislaufwirtschaft» stellen wir vier Pionier:innen aus vier Branchen vor. Den Anfang macht RRREVOLVE: Der Zürcher Fair Fashion & Eco Design Store setzt auf Reparatur und Wiederverkauf – und lanciert im Herbst seine erste konsequent zirkuläre Kollektion. Gründer Sebastian erklärt, wie das gelingt.
Fast Fashion boomt, doch die Umwelt zahlt den Preis. RRREVOLVE zeigt seit 2010, dass es auch anders geht: Statt auf schnellen Konsum setzt das Zürcher Label auf Langlebigkeit, Reparatur und Wiederverkauf – und gilt heute als Pionier der Kreislaufwirtschaft. Im Herbst lanciert RRREVOLVE eine neue Kollektion aus 100% recycelter Baumwolle, gestrickt in Süddeutschland und genäht in Zürich. Wie sich dieser hohe Anspruch in einer schnelllebigen Branche umsetzen lässt, erzählt Gründer Sebastian.
Tsüri.ch: Wie kam es dazu, dass ihr euch mit Kreislaufwirtschaft beschäftigt?
Sebastian Lanz: Am Anfang stand mein Frust über die Schattenseiten der Modeindustrie. Als ich RRREVOLVE gegründet habe, war das Bewusstsein für die katastrophalen ökologischen und sozialen Folgen von Fast Fashion praktisch nicht vorhanden – und Lösungen, die konsequent auf Kreislaufwirtschaft setzen, lagen in weiter Ferne. Mit den Jahren kamen zwar Bio-Baumwolle und faire Arbeitsbedingungen in den Fokus. Aber die entscheidende Erkenntnis war: Es reicht nicht, an einzelnen Stellschrauben zu drehen. Wir müssen das ganze System hinterfragen.
«Solange das Geschäftsmodell auf Masse und schnellen Kollektionen basiert, bleibt Kreislaufwirtschaft eine Alibiübung. Und der Ultra-Fast-Fashion-Trend überrollt mit seiner Schrottware vieles, was aufgebaut wird.»
Sebastian Lanz – Gründer RRREVOLVE
Was setzt ihr heute konkret um – welche Materialien, Prozesse oder Dienstleistungen sind bei euch zirkulär gedacht?
Wir verfolgen mehrere Ansätze. Im Einkauf achten wir nicht nur auf ökologische Materialien wie Bio-Baumwolle, Tencel oder recycelte Fasern, sondern auch darauf, dass sie kreislauffähig sind – also aus recyclingfähigen Monomaterialien bestehen. Weil das Angebot oft nicht reicht, haben wir unsere eigene Marke aufgebaut, die von Anfang an zirkulär gedacht ist: Diesen Herbst lancieren wir T-Shirts und Sweatshirts aus 100% recycelter Baumwolle – gestrickt in Süddeutschland, genäht in Zürich. Jedes Teil trägt einen individuellen QR-Code, der Produktionsinfos, Ownership und Pflege bündelt und zugleich Reparatur oder Wiederverkauf ermöglicht. Ergänzt wird das durch unser Resell-Programm: Kund:innen können gebrauchte Stücke bei uns zurück in den Kreislauf bringen – derzeit in unserer Berner Filiale, bald auch online. Und mit detaillierten Pflegehinweisen helfen wir, dass Defekte gar nicht erst entstehen.
«Wir mussten lernen, Geduld zu haben – nicht alles klappt von Anfang an.»
Sebastian Lanz
Worauf seid ihr besonders stolz auf eurem bisherigen Weg – und was hat sich dadurch in eurem Unternehmen verändert?
Besonders stolz bin ich darauf, dass wir als vergleichsweise kleines Unternehmen eine Vorreiterrolle übernehmen konnten – und damit zeigen: Wandel ist möglich. Wir haben Nachhaltigkeit früh aus der Öko-Nische geholt und mit Stil und Qualität verbunden. So konnten wir neue Zielgruppen erreichen, andere Händler:innen inspirieren und uns als Partner für viele Brands etablieren.
Was war besonders herausfordernd?
Die grösste Herausforderung war ganz klar die Wirtschaftlichkeit. Kreislaufwirtschaft ist komplexer und teurer als das lineare Modell: Recycelte Materialien sind schwer zu beschaffen, oft teurer und verlangen mehr Abstimmung in der Lieferkette. Auch logistisch ist es anspruchsvoll, Resell-Artikel oder Reparaturen zu organisieren. Dazu kam, dass wir unser Team schulen und Prozesse neu denken mussten. Und wir mussten lernen, Geduld zu haben – nicht alles klappt von Anfang an. Trotzdem sind wir überzeugt: Dieser Weg ist langfristig die einzige Option, ökologisch wie wirtschaftlich. Wie beurteilt ihr den Stand der Kreislaufwirtschaft in der Mode? Wo seht ihr Fortschritte, wo hakt es noch?
Es gibt Fortschritte. Vor allem im Bewusstsein. Viele Marken sprechen heute über Circularity, bringen Capsule Collections mit recycelten Materialien oder testen Rücknahmeprogramme. Das ist positiv. Aber in der Breite bleibt die Umsetzung oberflächlich, oft mehr Marketing als echte Kreislaufprozesse. Solange das Geschäftsmodell auf Masse und schnellen Kollektionen basiert, bleibt Kreislaufwirtschaft eine Alibiübung. Und der Ultra-Fast-Fashion-Trend überrollt mit seiner Schrottware vieles, was aufgebaut wird. Zudem sind wirklich kreislauffähige Materialien nach wie vor selten.
«Die Verantwortung darf nicht bei den Konsument:innen liegen.»
Sebastian Lanz
Was müsste sich aus eurer Sicht verändern – bei Konsument:innen, in der Politik oder in der Wirtschaft – damit Kreislaufwirtschaft kein Nischenmodell bleibt?
Wir sehen es als unsere Aufgabe, den Konsument:innen den Weg so einfach wie möglich zu machen – durch strenge Vorselektion, Reparaturen, Rücknahmen und Wiederverkauf. Der Druck muss bei Herstellern und Händlern liegen, nicht bei den Kund:innen. Politisch braucht es klare Rahmenbedingungen: Vorgaben zu Recyclierbarkeit, Reparierbarkeit und Transparenz sowie Anreize für echte Kreislaufmodelle. Und wirtschaftlich braucht es ein Umdenken: weniger Wachstum über Stückzahlen, mehr Wertschöpfung über Qualität, Services und Kreislaufprozesse.
Wie lebst du Kreislaufwirtschaft privat – und hat sich durch deine Arbeit bei Rrrevolve etwas daran verändert?
Ich kaufe fast nur Secondhand oder langlebige Produkte, repariere statt wegzuwerfen und gebe Dinge weiter, wenn ich sie nicht mehr brauche. Auch im Haushalt setze ich auf Kreisläufe – von Recycling bis zu langlebigen Geräten. Durch meine Arbeit bei RRREVOLVE sehe ich heute viel klarer, wie viele Ressourcen in jedem Produkt stecken. Und wie wichtig es ist, sie so lange wie möglich zu nutzen. Beenden wir mit etwas Handfestem: Dein persönlicher Tipp für mehr Nachhaltigkeit im Kleiderschrank?
Alles Tragbare verkaufe ich seit diesem Jahr über unseren neuen Secondhand in Bern oder spende es ans Spendendepot für Geflüchtete. Doch bei Stücken, die wirklich niemandem mehr zumutbar sind, endet die Zirkularität der Branche: Sie müssen entsorgt werden. Genau das wollen wir ändern – gemeinsam mit anderen.
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